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1 Film, 2 Meinungen – Die Glorreichen Sieben (2016)

Hier seht ihr in unserer beliebten Kategorie „1 Film, 2 Meinungen“ die beiden verschiedenen Ansichten von ZSSnake (Seite 1) und Florian (Seite 2) zum Remake von „Die Glorreichen Sieben“

TitelDie Glorreichen Sieben
Jahr2016
ProduktionslandUSA
RegieAntoine Fuqua
DrehbuchNic Pizzolatto, Richard Wenk
GenreWestern
DarstellerDenzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke, Peter Sarsgaard, Vincent D’Onofrio
Länge133 Minuten
FSKAb 16 Jahren freigegeben
VerleihSony Pictures

Eine OV-Sichtung ist doch immer etwas Feines. Der Film wirkt im Ganzen etwas authentischer und sowieso hat man das Gefühl damit überhaupt die „echte“ Fassung eines Films zu Gesicht zu bekommen. Denn auch wenn man im Kino mit der deutschen Fassung sehr glücklich war, im Original rockt fast jeder Film nochmal mehr. Die Glorreichen Sieben in ihrer 2016er Inkarnation haben es in sich, soviel sei verraten. Was genau der Film im Detail zu bieten hat, dazu im Folgenden mehr.

Inhalt:

In der kleinen Stadt Rose Creek wird Gold abgebaut. Die Menschen haben sich ein gutes, gottesfürchtiges Leben aufgebaut und leben von dem was das Land und die Minen hergeben. Doch all das steht auf dem Spiel, als der skrupellose Geschäftsmann Bartholomew Bouge das Land und das darauf befindliche Gold für sich beansprucht. Mit Waffengewalt unterdrückt er jeden Widerspruch und gibt den Anwohnern eine Frist von 3 Wochen ihm ihr Land für einen lächerlichen Preis abzutreten und aus der Stadt zu verschwinden. Die Wenigen, welche sich gegen Bouge und seine Söldner auflehnen, werden kaltblütig erschossen. So ziehen die junge Witwe Emma Cullen und ein junger Mann aus der Stadt, Teddy Q, aus um Hilfe zu suchen – und finden 7 tapfere und ungewöhnliche Männer, die bereit sind diesen Kampf für sie auszufechten..

Kritik:

Als Remake bekannter Klassiker haben es Filme dieser Tage immer wieder schwer. Die Filme werden, nicht zu unrecht, oftmals mit den großen Vorbildern verglichen und verblassen gerne im direkten Duell. Antoine Fuqua und seine Autoren Nic Pizzolatto und Richard Wenk umgehen dieses Problem gewissermaßen mit Die Glorreichen Sieben, indem sie sich einen Film ausgesucht haben, der ohnehin selbst nur eines von vielen Remakes in einer langen Reihe ist. Die Geschichte der Sieben Samurai ist der Eastern-Ursprung dieser ansonsten gerne als ur-amerikanische Geschichte wahrgenommenen Mär um die sieben ungleichen Helden, die sich aufopfern um den Hilflosen gegen eine Übermacht der Unterdrückung zur Seite zu stehen.

Die Geschichte ist zu einem Archetypen einer guten Western-Story geworden, die auch heute noch hervorragend funktioniert. Die Struktur ist dabei denkbar einfach:

  • Das Unrecht geschieht, die Menschen brauchen Hilfe.
  • Sie suchen sie in Form moralisch nicht einwandfreier Verteidiger.
  • Diese finden in diesem scheinbar aussichtslosen Gefecht eine Form von gemeinsamer Bestimmung, der sie sich stellen. Nicht weil sie es unbedingt wollen, sondern weil sie es müssen.

Der Western ist entstanden aus einer Verklärung und Romantisierung einer Ära des Aufbruchs. Die Geschichte der Glorreichen Sieben verkörpert dabei jedoch bereits eine Idee aus der späteren Welle des Western. Es sind nicht die Wilden, die die Menschen bedrohen, hier ist es der Mensch selbst. Die Korruption, der Kapitalismus, die skrupellosen Magnaten, die die guten Bürger unterdrücken. Und eben weil diese Geschichte nicht mehr der naiven und idealisierten Struktur eines frühen Western folgt, kann man sie auch heute noch funktionieren lassen.

Die glorreichen Sieben zu Pferde von © Sony Pictures Germany
Die glorreichen Sieben zu Pferde von © Sony Pictures Germany
Die Darsteller:
Die Helden:

Eine Gruppe wie sie ungewöhnlicher nicht sein könnte findet sich zusammen, angeführt von Denzel Washingtons Figur Sam Chisolm, einem Kopfgeldjäger. Der Spieler und Revolverheld Josh Farraday (Chris Pratt), der Trapper Jack Horne (Vincent D’Onofrio), Scharfschütze Goodnight Robicheaux (Ethan Hawke) und sein Gefährte Billy Rocks (Byung-hun Lee), der mexikanische Outlaw Vasquez (Manuel Garcia-Rulfo) und zu guter Letzt der Comanchenkrieger Red Harvest (Martin Sensmeier).
Alle Figuren haben ihre Geschichte und jede wird im Laufe des Films in Dialogen und Handlungen näher beleuchtet. Die Art der Charakterisierung ist geschickt in die Story verwoben und jede Figur hat etwas, was sie antreibt. Dabei sind alle Darsteller absolut in Top-Form. Washington liefert ohnehin praktisch immer ab und zeigt auch hier erneut, dass er jeden Film mühelos schultert und in jedem Genre funktioniert. Der etwas in die Jahre gekommene Kopfgeldjäger scheint eigene Motivationen zu haben die ihn antreiben und zugleich sieht er sich berufen den Menschen zu helfen.

Chris Pratt bringt seinen inneren Eastwood auf die Leinwand und ist mit seiner lockeren Art oftmals für den Humor im Film zuständig. Trotzdem vermittelt er die Rolle mit der nötigen Ernsthaftigkeit, um trotz seiner seltsamen Liebe zu seinen Colts niemals zum comedic relief zu verkommen. Hawke mal wieder in einem großen Film zu sehen tut einfach gut. Als Darsteller liefert er, ähnlich wie Washington, immer ab. Allerdings war er über die letzten Jahre immer eher in kleineren Filmen zu sehen, seine Rolle im Remake von Total Recall wurde für die Kinoauswertung sogar eingekürzt. Entsprechend ist es toll, seine großartige Performance mal wieder auf der großen Leinwand zu genießen.
Neben den eher wortkargen, jedoch trotzdem ausdrucksstarken Vasquez, Red Harvest und Billy Rocks sticht vor allem noch Vincent D’Onofrios bärenstarke (Pun intended) Performance heraus. Der reservierte und scheinbar geistig mitunter verwirrte Trapper ist eine sonderbare Gestalt. Herzensgut und in seinen Intentionen und seiner Gottesfürchtigkeit ausgesprochen liebenswert wird er im Kampf zur Bestie. Zu einer Naturgewalt, der man sich besser nicht in den Weg stellt. D’Onofrio bringt diesen Kontrast hervorragend auf die Leinwand und es macht Spaß ihm dabei zuzusehen.

Die Lady und der Schurke:

Haley Bennett in ihrer Rolle als Emma, der Frau aus der kleinen Stadt die die sieben Männer rekrutiert, funktioniert als Gegenpol zum sehr testosteronhaltigen Cast klasse. Ihre verletzliche und zugleich starke Performance lässt sie im Gedächtnis bleiben und Bennett gibt der Figur genug Präsenz um neben den großen Stars des Films mühelos zu bestehen.
Als letzte Figur sei natürlich noch der Bösewicht genannt – Bogue, verkörpert von Peter Sarsgaard, ist ein klassischer Bösewicht den man liebt zu hassen. Er schwingt sich schnell zum Antagonisten auf und Sarsgaard gibt der Figur eine perfide Süffisanz, mit der sie Böses tut. Man will Bogue von Beginn an verlieren sehen. Man will im am liebsten mit der Faust ins Gesicht schlagen. Der Zuschauer sieht sich schnell auf der Seite der Bürger und der Sieben und ihre Sache wird als Gerechte präsentiert.

Bilder und Score:

Neben den Darstellern lebt ein Western, der im Kern eine so simple Geschichte über Rache und Gerechtigkeit erzählt natürlich vor allem von zwei Dingen: seinen Bildern und seiner Musik. Fuqua beweist über die gesamte Laufzeit ein hervorragendes Auge für die typischen Visuals die einen Western auszeichnen. Die großen Landschaftspanoramen auf der Kinoleinwand wirken wie sie es schon vor 70 Jahren in der Hochzeit des Genres taten. Die Prärie und die Natur werden immer wieder zu Co-Stars des Films und stehlen in ihrer Schönheit die Show. Die Cinematografie fängt die Erhabenheit der Landschaften ein und auch wenn man vieles davon schon etliche Male an anderer Stelle gesehen hat – untermalt von James Horners letztem großen Score, den er zu unser aller Glück vor seinem Tod bereits im Geheimen fertig komponiert hatte, rauben einem die Bilder den Atem.

Horners letztes Werk:

Horners letzte Komposition ist noch einmal ein Beweis, dass von diesem viel zu früh gegangenen Meister noch sehr Großes zu erwarten gewesen wäre. Die Atmosphäre, die er aufbaut, ist so klassisch wie sie modern ist. Man spürt den Western durch und durch, die Musik atmet das Genre zu jedem Zeitpunkt und trotzdem wirkt der Score niemals antiquiert oder kopiert. Jedes Stück ist frisch und energetisch und fließt gemeinsam mit den tollen Bildern wundervoll dahin. Auch die Sets und das Kostümdesign sind von großer Sorgfalt geprägt. Die Figuren unterscheiden sich alle optisch signifikant, Hauptfiguren wie Nebenfiguren haben verschiedene Charakterzüge bereits in ihrer Kleidung eingebaut. Und so fügen sich Bilder und Musik gemeinsam mit den Landschaften und Sets zu einem audiovisuellen Erlebnis zusammen, das einen nicht einfach und schnell wieder loslässt.

"Die glorreichen Sieben" von © Sony Pictures Germany
„Die glorreichen Sieben“ von © Sony Pictures Germany

Fuqua gelingt es sich auf die Tugenden des klassischen Westerns zu stützen, dabei Einflüsse modernen Storytellings spürbar zu machen und diese eigentlich simple Geschichte über die drei essenziellen Kernzutaten eines guten Western – Darsteller, Bilder, Score – auf ein Level zu heben, das Film zu einem Erlebnis macht. Dass dabei mitunter ein wenig Pathos in den Mix gehört und eine gewisse Grundnaivität spürbar bleibt ist der Genre zu schulden, in dem sich Fuqua jedoch so gekonnt bewegt, dass man über diese kleineren Schwächen gerne hinwegsieht, weil das Endergebnis so unterhaltsam und gelungen ist.

Denzel Washington in "Die glorreichen Sieben" von © Sony Pictures Germany
Denzel Washington in „Die glorreichen Sieben“ von © Sony Pictures Germany

Fazit:

Die Glorreichen Sieben ist eine Geschichte, die auch 2016 noch funktioniert. Der moderne und zugleich klassische Western lebt von seinem großartigen Cast, seinem genialen Score und der phantastischen Cinematographie. Fuqua hat diese Tugenden verinnerlicht und liefert mit dieser Neuinterpretation der ungleichen Helden, die sich gegen die Unterdrückung und Ungerechtigkeit eines wahrhaft hassenswerten Bösewichts auflehnen einen unterhaltsamen und tollen Film ab, der den Kinobesuch absolut wert war. Und selbst in Zeiten der 60“ TVs – die Leinwand ist der richtige Platz für diese großen Bilder. Horners letzter Score zeigt nochmal klar welch großer Verlust sein viel zu früher Tod war und alles fügt sich nahezu perfekt zusammen. So oft das Genre für Tod erklärt wurde, so oft gibt es Regiesseure die zeigen wie lebendig es auch heute noch ist. Und neben True Grit und Django Unchained fühlen sich auch diese neuen Sieben wahrhaft glorreich an und bilden die Spitze des Genres in den letzten Jahren.

9/10 Punkte ist mir dieses fast perfekte Filmerlebnis wert,

jedem sei eine allerwärmste Empfehlung ausgesprochen sich für dieses längst nicht tote Genre zu öffnen und einem der unterhaltsamsten Filme des Jahres 2016 eine Chance zu geben.

Hier die Bewertung der MovicFreakz – Redaktion:

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Hier könnt Ihr den Film selbst bewerten:

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3 Kommentare

  • Eine gelungene Beleuchtung des Stoffes, der Thematik und des Films. Ich bin zwar komplett andere Meinung was die Qualität der Umsetzung angeht, finde aber deine ausführliche Betrachtung sehr gelungen.

  • Freut mich wenn es sich angenehm las 🙂 ja, ich hatte deinen Bericht gelesen und fand ihn ebenfalls interessant, kam aber halt nicht umhin meine Meinung als Gegendarstellung rauszuhauen. Ich finde es immer wieder spannend wie unterschiedlich der gleiche Film bei unterschiedlichen Personen ankommen kann.

    • Geht mir ähnlich. Man sieht den selben Film, mag Western, steht auf die Darsteller und beurteilt aber das Gesehene so völlig anders. Aber genau DAS ist der Grund warum ich so gerne über Filme Diskutiere (zumindest mit vernünftigen Menschen). Vielleicht geraten wir ja (sachlich, argumentativ) in Zukunft nochmal aneinander….;-)