Rutger Hauer räumt in Blinde Wut ganz in der Manier des blinden, japanischen Schwertkämpfers Zatoichi mit Gangstern auf. Ob das heute noch so spaßig ist, wie vor 30 Jahren, erfahrt ihr in unserer Review![su_youtube url=”https://www.youtube.com/watch?v=9YMRRWYoQsI”]
No data available.Worum geht es in Blinde Wut?
In Vietnam verliert Soldat Nick Parker (Rutger Hauer) sein Augenlicht, wird danach von einem Stamm im Urwald aufgenommen. Dort lernt er, seine Sinne zu schärfen und auch ohne Augenlicht meisterlich mit dem Schwert umzugehen. 20 Jahre später will er seinen alten Kameraden Frank Deveraux (Terry O’Quinn), der ihn einst im Stich ließ, einen Besuch abstatten, um ihm zu sagen, dass er ihn vergibt. Doch Frank hat Ärger mit Gangsterboss MacCready (Noble Billingham), der ihn zur Tilgung seiner Spielschulden zwingt, für ihn Drogen herzustellen.
Nick trifft an der Adresse des alten Kameraden nur dessen Ex-Frau Lynn (Meg Foster) an. Er kann dabei gerade noch verhindern, dass die Häscher MacCreadys den kleinen Billy (Brandon Call) entführen. Er sollte dem Gangster als weiteres Druckmittel dienen. Bei der Aktion wird Lynn tödlich verletzt und nimmt Nick das Versprechen ab, Billy zu beschützen. Also macht sich das ungleiche Duo aus blindem Schwertkämpfer und vorlauten Bengel auf den Weg nach Reno, um Papa Frank zu suchen. Doch MacCready hat ihnen die Brüder Lyle (Nick Cassavetes) und Pyke (Rick Overton) mit Franks Freundin Annie (Lisa Blount) hinterher geschickt…
Ein bisschen was von Allem, bitte!
Angelehnt an die Abenteuer des in Japan sehr populären blinden Samurais Zatoichi, mag sich Blinde Wut leider nicht so recht entscheiden, in welche Richtung es denn bitte für ihn gehen soll. Nachdem der Background des Protagonisten und seine Motivation geklärt sind, macht es sich der Film im Folgenden irgendwo zwischen Actionfilm und Komödie bequem, garniert mit ein wenig Road Movie. Das Skript nimmt dabei den Weg des kleinsten Widerstandes und handelt seine Plotpoints fast schon episodisch ab. Das verhindert zwar, dass sich Regisseur Phillip Noyce in der Inszenierung irgendwo verheddert, aber genauso, dass die Charaktere einem nahe kommen und die Story mitreißen könnten. Die Teile ergeben kein großes Ganzes, auch wenn sie allein für sich genommen, gut funktionieren. Deswegen lebt Blinde Wut dann auch zum größten Teil von seinen vielen, kleinen gelungenen Momenten.
Rutger Hauer führt als blinder Veteran ein verstecktes Schwert mit sich, ein sogenanntes Shikomizue. Damit schlitzt sich Nick Parker durch die Reihen der Bösewichte, was sich allerdings wenig explizit gestaltet. Die Indizierung des Films war schon seinerzeit eher ein schlechter Witz, auch wenn Leichen den Weg des Helden pflastern. Dafür sind die immer wieder auftretenden Scharmützel, die sich dann im letzten Drittel des Films mehren, gefällig inszeniert. Das alles wird meist auch mit einem Augenzwinkern serviert. Denn Humor ist die nächste wichtige Komponente des Skripts, der auch in der Mitte des Films den Ton angibt. Dann sind nämlich der blinde Parker und der kleine Billy als Zwangsgemeinschaft durch die Staaten unterwegs, was zumindest für einige lustige Frotzeleien untereinander genutzt wird.
Vor und hinter der Kamera
Der 2019 verstorbene Rutger Hauer galt in den 80ern als heißer Euro-Import und vor allem in der Rolle des Schurken u.a. in Nachtfalken (1981), Der Blade Runner (1982) und Hitcher, der Highwaykiller (1986) bleibenden Eindruck hinterlassen. Trotz seiner imposanten Statur und seines Charismas war ihm als Leading Man in Hollywood eher weniger Erfolg gegönnt. Ab den 90ern wurde er meist als zugkräftiger Name und verlässlicher Arbeiter für B-Movies engagiert. Sein kleiner Co-Star Brandon Call spielte zur selben Zeit in der ersten Staffel Baywatch den Serien-Sohn von David Hasselhoff, wurde dann aber durch Jeremy Jackson ersetzt. Seine Karriere als Schauspieler verlief daraufhin im Sand.
In den Nebenrollen geizt der Film nicht bekannten Gesichtern. Mutter Lynn Deveraux wird von Meg Foster (Sie leben, The Lords of Salem) gespielt, Vater Frank von Terry O’Quinn (The Stepfather, Lost). Foster spielte schon Hauers Ehefrau in Sam Peckinpahs Das Osterman-Weekend (1984) und O’Quinns in Stepfather II (1992). In den Reihen der Bösewichter sind Noble Willingham (Das Tier, Last Boy Scout), Nick Cassevates (Interceptor, Im Körper des Feindes) und Rick Overton (Rocketeer, High Crusade) zu sehen. Am Ende darf schließlich noch Sho Kosugi (Die Rückkehr der Ninja, Die Herrschaft der Ninja) gegen den blinden Helden antreten.
Regisseur Phillip Noyce verfilmte hier ein Skript, das ein Remake eines Abenteuers des japanischen Vorbilds darstellt – genauer gesagt stand Zatoichi Challenged (1967), das damals schon 17. Filmabenteuer des blinden Samurais, dargestellt von Shintarô Katsu, Pate. Obwohl Blinde Wut kein Hit wurde und die Arbeiten an einem geplante Remake schnell auf Eis gelegt wurden, konnte sich Noyce für höhere Aufgaben in Hollywood empfehlen. Er dreht seitdem Blockbuster wie Die Stunde der Patrioten (1992), Das Kartell (1994) und Salt (2010).
Unser Fazit zu Blinde Wut
Letztendlich braucht man schon einen gewissen Sinn für Nostalgie, denn ganz rund läuft es bei Blinde Wut nicht. Die Action hätte blutiger ausfallen dürfen, der Humor entsprechend makabrer. Rutger Hauer kann zwar, wie eigentlich immer, überzeugen, doch seine Gegner erweisen sich zumeist als Comic Reliefs, was der Action noch zusätzlich an Schärfe nimmt. Beim Blick auf sein Publikum sitzt man zwischen allen Stühlen, denn für viele erwachsene Actionfans dürfte der Film zu flapsig und unblutig sein. Der infantile Humor spricht eher präpubertäre Jugendliche an, für die das Spektakel dann doch zu brutal anzusehen ist. Wer den Film noch von früher kennt und ihn zu seiner Erstaufführung schätzen gelernt hat, kann ein wenig in Erinnerungen schwelgen. Und wer seine Ansprüche nicht allzu hoch ansetzt, wird auch bei einer Erstsichtung sicherlich viel Spaß haben können.
Die Blu-ray des lange Zeit hierzulande recht seltenen Films punktet mit Bild und Ton von guter Qualität. Tatsächlich sollte man sich Blinde Wut vornehmlich mit deutscher Synchronisation ansehen, deren humoriger Einschlag weit besser zum Film passt, als die teils trockenen Dialoge im O-Ton. Als Extra ist einzig ein Kinotrailer zu finden.
Die ungeschnittene Fassung ist seit dem 12. März 2020 auf DVD und Blu-ray erhältlich!
Unsere Wertung:
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