In seiner dritten Regie-Arbeit macht Horror-Aficionado Joe Begos keine Gefangenen: Bliss ist ein absolut irrer, wilder Rausch, der den Zuschauern keine Verschnaufpause lässt. In wild geschnittenen, drastischen Bildern spielt sich Dora Madison die Seele aus dem Leib. Lest hier unsere Meinung zu einem der außergewöhnlichsten Genrefilme des letzten Jahres.
Titel | Bliss |
Jahr | 2019 |
Land | USA |
Regie | Joe Begos |
Drehbuch | Joe Begos |
Genre | Horror |
Darsteller | Rhys Wakefield, Dora Madison, Jeremy Gardner, Tru Collins, George Wendt |
Länge | 80 Minuten |
FSK | keine Angabe |
Verleih | Drop-Out Cinema |
Die Künstlerin Dezzy (Dora Madison) steckt gerade in einer Schaffenskrise. Unglücklicherweise setzt ihr Agent sie unter Druck, ihr neuestes Werk endlich zu vollenden. Und zu allem Überfluss sitzt ihr noch ihr Vermieter im Nacken, da sie mit den Zahlungen im Rückstand ist. Keine guten Voraussetzungen also, kreativ tätig zu werden. Um sich zu zerstreuen, probiert sie die neue Droge Bliss aus – und beginnt alsbald, den Bezug zur Realität zu verlieren. Zwar setzt das Wundermittel ungeahnte kreative Schübe in ihr frei, allerdings zum Preis von Blackouts und kannibalischen Anwandlungen. In der düsteren Halbwelt von Los Angeles begibt sie sich auf einen die Grenzen der Vorstellungskraft sprengenden Trip, der viele Opfer fordern wird – etwa auch sie selbst?
Bliss – ein gefährliches Teufelszeug
Bliss ist definitiv keine leichte Kost. Man merkt, dass Drehbuchautor und Regisseur Joe Begos offensichtlich ein großer Fan von Gaspar Noés Filmen ist. Denn zahlreiche Elemente aus dessen Werken finden sich auch hier wieder: stroboskopartige Lichteffekte, wilde Kamerabewegungen, Schnitte im Sekundentakt und drastische Bebilderungen menschlicher Abgründe. In diesem Fall nur eben mit übernatürlicher Komponente. Nach seinen beiden vorhergehenden Werken, Almost Human und The Mind’s Eye, widmet sich Begos erneut dem Horrorgenre, erschafft jedoch alles andere als einen gewöhnlichen Genrefilm. In seiner radikalen Style-over-Substance-Inszenierung ist Bliss wohl ansonsten nur mit Panos Cosmatos‘ Mandy vergleichbar. Wie dieser stellt auch er eine minimalistische Handlung einem völlig entfesselten visuellen Stil gegenüber.
Dabei ist erneut Rot die vorherrschende Farbe. Denn der Lebenssaft suppt hier ordentlich und ergießt sich recht bald in großen Mengen auf die Protagonistin und die Kamera. Neben dem derben Gesplatter hat Bliss jedoch auch durchaus interessante Interpretationsansätze zu bieten. Ist die Kunst es wert, ihr das eigene Leben völlig hinzugeben? Und dafür Drogen zu konsumieren, um sich kreativ beflügeln zu lassen? Sind Drogen nicht in gewisser Weise Vampire, die unsere Lebensgeister aussaugen? Und uns selbst zu Vampiren oder Kannibalen machen, die ihr eigenes Umfeld schädigen? Vieles ist hier allegorisch oder metaphorisch zu verstehen. Zumal in vielen Szenen offen bleibt, was sich in der Realität und was nur im Rausch abgespielt hat.
Expressives Schauspiel und energetischer Soundtrack
Dazu profitiert Bliss auch von einer spielfreudigen Besetzung, die vor allem von einem Namen dominiert wird. Die bisher noch recht unbekannte Dora Madison (Chicago Fire) ist als kaputte, dauerfluchende Künstlerin zwar nicht gerade sympathisch, bringt aber genügend Charisma mit, um den Film zu tragen. Und zieht dabei wirklich alle Register ihres Könnens. Sie reißt die Augen wild auf, brüllt, tritt und schlägt um sich, vollführt ekstatische Bewegungen und bringt auch ansonsten ihre Körperlichkeit expressiv zum Ausdruck. Der restliche Cast kann da nur verblassen, auch wenn mit George Wendt (u.a. House, Forever Young) ein bekannterer Darsteller anzutreffen ist.
Dem entfesselten visuellen Stil und exaltierten Schauspiel passt sich auch der Soundtrack des Films an. Begos zeigt dabei, dass er ein Freund der harten Klänge ist, denn nahezu alle Szenen werden von energiegeladenen Punk-, Industrial- und Metalsongs untermalt. All dieser audiovisuelle Irrsinn kulminiert schließlich in einem konsequent brutalen Finale und endet mit einem absolut beeindruckenden Schlussbild, das noch lange auf der Netzhaut zurückbleibt.
Bliss – ein Film wie ein Drogentrip
Bliss ist ein filmgewordener Rausch: chaotisch, wild, laut, psychedelisch, gewalttätig und dabei gleichzeitig mit viel visuellem Symbolismus aufgeladen. Definitiv kein Werk für die breite Masse, aber Arthouse- und Horrorfans wie auch Freunde der harten Gitarrenmusik dürften sich hier sehr heimisch fühlen.
Unsere Wertung:
Kundenbewertungen | Kundenbewertungen |
Kommentar hinzufügen