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Blond

Monate vor der Premiere dieses fiktionalisierten Biopics kochte es schon in der Gerüchteküche: Ist nun aber Blond tatsächlich der Skandalfilm über die Ikone Marilyn Monroe geworden oder wurde hier mal wieder heißer gekocht als gegessen?

Blond | Offizieller Trailer | Netflix

TitelBlond (OT: Blonde)
Jahr2022
LandUSA
RegieAndrew Dominik
DrehbuchAndrew Dominik
GenreDrama
DarstellerAna de Armas, Bobby Cannavale, Adrien Brody, Julianne Nicholson, Xavier Samuel, Evan Williams
Länge167 Minuten
Altersempfehlungab 16 Jahren freigegeben
VerleihNetflix
Schwarzweißbild von Ana de Armas als Marilyn Monroe in weißem Kleid und lasziver Pose.
Die ikonische Pose darf im Biopic natürlich nicht fehlen © Netflix

Blond – Die offizielle Handlungsangabe

Der auf dem Erfolgsroman von Joyce Carol Oates basierende Film Blond erfindet das Leben einer der größten Legenden Hollywoods neu: Marilyn Monroe. Angefangen mit ihrer schwierigen Kindheit als Norma Jeane über ihren Aufstieg zum Star und ihre romantischen Verstrickungen lässt diese Verfilmung bewusst die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion verschwimmen, um die immer größer werdende Kluft zwischen Privatmensch und öffentlicher Figur sichtbar zu machen.

Keine Biografie, sondern eher ein quälend langer, wahnhafter Trip

Marilyn Monroe. Kaum ein Name ist wohl so ein Synonym für eine Filmdiva und gleichzeitig wissen wohl auch die meisten inzwischen, welch tragische Geschichte eigentlich hinter diesem Pseudonym steckte. Nachdem in den letzten Jahren zahlreiche, ebenfalls tragische Star-Schicksale schon in mehr oder weniger biografischer Art und Weise in Film und Serie neu beleuchtet wurden, geht Regisseur Andrew Dominik nun mit seinem Film über die Diva schlechthin gänzlich andere Wege. Blond ist wahrlich ein radikaler Ansatz sich einer zum Mythos gewordenen Person zu widmen. Schon bei Rocketman wurden weniger die Etappen im Leben eines Menschen nachzeichnet, sondern mehr ein Gefühl für die Genese eines Superstars geweckt. Wem das beispielsweise schon zu verspielt war, der wird bei diesem Film nun von Sekunde eins womöglich verstört werden. Zwar werden auch hier einzelne Lebensabschnitte ausgewählt und teils faktisch, teils fiktionalisiert abgebildet. Doch im Grunde genommen ist dies kein Biopic mehr.

Blond fühlt sich fiebrig an. Teilweise albtraumartig, dann wieder traumtänzerisch. Immer wieder wechselt das Bildformat auf 4:3 und zurück ins Cinemascope. Auch zwischen Farbe und Schwarzweiß wird oft mitten in der Szene gependelt. Zwischen Filmaufnahmen im Film und der Filmrealität der Hauptfigur sind die Übergänge oftmals fließend. So wird nicht sonderlich subtil transportiert, wie sehr auch Marilyn selbst die eigene Kunstfigur nicht mehr von der realen Persona zu unterscheiden wusste. Da sich hier bewusst Leerstellen ergeben, in denen nicht ganz klar wird, ob man sich nun in einem Albtraumszenario oder nicht befindet, bleibt der Erkenntnisgewinn auf ein Minimum beschränkt. Streckenweise entwickelt diese Lynch-eske Inszenierung zwar schon einen Sog, aber aufgrund der mal sprunghaften, meist aber entschleunigten Handlungsfortschritte, fühlen sich die fast drei Stunden Laufzeit wie eine schiere Ewigkeit an.

Zwischen Verklärung, Umdeutung und künstlerischem Experiment

Zumindest in der Chronologie scheut man doch weitere Experimente und so beginnt der Film auch mit der traumatischen Kindheit von Norma Jeane. Bei der manischen Mutter trägt Blond jedoch wiederum etwas zu dick auf und rutscht fast in Horrorfilm-Klischees ab. Von der ersten Szene an will der Film klar machen, das die große Sehnsucht nach ihrem Vater / einer Vaterfigur die Motivation von Norma gewesen sein soll. Im Laufe der Jugend entstehen erste Risse in der ohnehin fragilen Psyche, das Leben im Scheinwerferlicht ist dann der Katalysator, der die Persona Marilyn Monroe mehr als offensichtlich und nicht nur schleichend auffrisst. Wie wenig sie tatsächlich das Leben als Star genossen haben soll, will Dominik mit dem Dampfhammer seinem Publikum einbläuen.

Ist nicht alle Liebe auch etwas Wahnsinn?

Die musikalische Gestaltung ist eine der Stärken des Film, genauso wie die Kameraarbeit, die fast immer extrem nah an Marilyn dran ist, jede noch so kleine Gesichtsregung einfängt und den Zuschauern meist mit einer vorgekauten Interpretation hinwirft. Mythen, wie das angebliche Verhältnis zum US-Präsidenten Kennedy, greift der Film auf und mixt auch diese in den Cocktail zwischen Realität und Fiktion, bei dem die Grenzen, wie gesagt, nie klar definiert werden sollen. Kommentiert nun Norma oder Marilyn mit der Off-Stimme die (fast) pornografischen Szenen? Es bleibt im Vagen. Aber selbst wenn der Film sich traut Nacktheit und Sex explizit zu zeigen, so ist dies nie skandalös, sondern weithin in den entsprechenden Szenen ein aussagekräftiges Stilmittel.

Politische Botschaften: ja oder nein?

Da vieles in der fieberhaften Inszenierung nicht eindeutig ausgesprochen wird, bleiben auch Fragen offen, bezüglich des politischen und moralischen Subtextes. Gibt es hier Statements zu Themen wie sexueller Ausbeutung, Gewalt in der Beziehung oder sogar auf die aktuelle Abtreibungsthematik? Mit Sicherheit kann man solche Botschaften in Blond herauslesen. Aber da sowohl die elliptische Erzählweise als auch die aufgrund ihrer psychischen Labilität unzuverlässigen Erzählerin Monroe, die zwischen Wahrheit und Traum kaum zu unterscheiden vermag, lassen einen gewaltigen Interpretationsspielraum zurück. Das gipfelt in der Vatersuche, die den ganzen Film über thematisiert wird, aber letztlich ungeklärt bleibt. Irgendwie lässt einen der Film am Ende mit einem unbefriedigenden Gefühl zurück.

Manche lieben und manche hassen Marilyn – was hat das mit mir zu tun?

Viele werden den Film in seiner Machart feiern, für die Andersartigkeit, den Mut loben. Andere wiederum, und zu dieser Gruppe gehört auch der Verfasser dieser Review, werden sich am Ende von der inhaltsleeren Darbietung eher veralbert fühlen. Es bleibt nicht viel mehr hängen als das Gefühl sich durch ein fast drei Stunden langes Stückes eines sich in künstlerischer Freiheit suhlenden Filmemachers gequält zu haben. Am ehesten werden wohl die Zuschauer:innen mit Blond warm werden, die beispielsweise Noah oder Mother von Darren Aronofsky stilistisch mochten.

Xavier Samuel als Cass Chaplin, Ana de Armas als Marilyn Monroe und Evan Williams als Eddy G. Robinson Jr. in Blond auf einem schwarzweißen Bild.
Xavier Samuel als Cass Chaplin, Ana de Armas als Marilyn Monroe und Evan Williams als Eddy G. Robinson Jr. © Netflix

Ist Ana de Armas tatsächlich Oscar-reif?

Dass gar nichts im Gedächtnis bleibt, selbst wenn einen das filmische Experiment nicht überzeugen konnte, ist nicht ganz richtig. Denn die Performance von Ana de Armas ist wirklich über jeden Zweifel erhaben. Zurecht werden ihr nach ihrem Kurzauftritt im letzten Bond-Film mit dieser Rolle Oscar-Chancen zugeschrieben. De Armas spielt sich, um eine etwas zu oft bemühte Plattitüde zu verwenden, hier die Seele aus dem Leib – aber selten hat dieser Satz so gut gepasst, wie eben bei Blond. Die bekannten Namen, wie Brody und Cannavale, fallen dementsprechend kaum ins Gewicht. Dieser Film funktioniert als One-Woman-Show – und am Ende ertappt man sich selbst als Kritiker der gewählten Stilistik fragend: Ist sie nun trotz oder wegen dieses kaleidoskopischen Films so gut?

Unser Fazit zu Blond

Blond ist kein Skandalfilm, eher ein Experimentalfilm. Den Mut zum Polarisieren kann man dem Macher nicht absprechen. Genauso wenig die Extraklasse einer Ana de Armas. Auf den albtraumhaften Trip in die psychischen Abgründe einer der schillerndsten Figuren des 20. Jahrhunderts muss man sich aber einlassen können – und dann für die Überlänge auch einiges an Sitzfleisch mitbringen. Für manchen wird der Film das Prädikat Meisterwerk verdienen, aber für den Verfasser dieser Kritik eher den Titel: prätentiöser Klamauk mit schwammigen Aussagen und wahnhaften Bildern.

Blond ist seit dem 28. September bei Netflix abrufbar!

Unsere Wertung:

 

 

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Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 20:09 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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© Netflix

2 Kommentare

  • Gute story, gute schauspielerin, gute bilder, guter style…
    verstehe gar nicht warum alle nur meckern. es gibt doch genug filme und storys die nur die schöne schillerwelt dokumentieren. super dass sich mal jemand an die dirty seite des geschäfts gewagt hat.
    okay, sicher ist manches fiktiv, aber einiges ganz sicher real““
    geat movie, danke netflix für deine Experimentierfreude

    • Ich sehe das genauso und habe den Film gerne geschaut, allerdings geht übelst unter die Haut und man kann nachvollziehen warum so viele entsetzt über den Film sind.

      Ich sehe den Film allerdings als eine reine Fiktion, sicher kann das ein oder andere tatsächlich so gewesen sein – wer weiß das schon.

      LG HAL9