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Calibre – Weidmannsunheil

Calibre – Weidmannsunheil ist ein unangenehmes Thriller-Drama, das den Zuschauer mit seiner realistischen Inszenierung in das Geschehen hineinzieht und im besten Falle nicht mehr loslässt.

TitelCalibre – Weidmannsunheil
Jahr2018
ProduktionslandGroßbritannien
RegieMatt Palmer
DrehbuchMatt Palmer
GenreThriller, Drama
DarstellerMartin McCann, Jack Lowden, Tony Curran, Ian Pirie, Cal MacAninch, Kate Bracken, Ben Stranahan, Cameron Jack, Kitty Lovett
Länge101 Minuten
FSKab 12 Jahren freigegeben
VerleihNetflix

Calibre – ein Ausflug aufs Land mit Folgen

Vaughn und Marcus sind Freunde seit Kindheitstagen und fahren für einen Jagdausflug ein paar Tage raus in die schottische Landschaft. Da Vaughn seit Kurzem weiß, dass er Vater wird und sich damit noch nicht recht angefreundet hat, freut er sich über die willkommene Abwechslung. Die zwei kommen für ein paar Tage in einem beschaulichen Ort unter, wo sie bereits am ersten Abend freundlich empfangen werden und erste Kontakte knüpfen. Der eigentliche Jagdtrip in den Highlands endet allerdings in einem Desaster, denn ein schreckliches Ereignis verändert das Leben der beiden jungen Männer für immer. Dass dies auch Auswirkungen auf die so gastfreundlichen Dorfbewohner hat, ist dann der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte.

Drama, Thriller, Horror – wohin geht die Reise?

Je weniger man über Calibre weiß, desto besser – der Trailer des von Netflix frühzeitig für das eigene Programm gesicherten Films geht hier schon einen Schritt zu weit und deutet an, was Vaughn und Marcus im Wald sowie danach widerfährt. Dabei lässt sich Regisseur und Autor Matt Palmer bis zu diesem Ereignis klugerweise nicht in die Karten schauen, was für eine Geschichte er erzählen möchte und in welchem Genre dies passieren soll. Auch nach dem Vorfall nimmt er nicht die nahe liegendste Ausfahrt und treibt seinen Film nicht etwa in Horror- bzw. Terrorgefilde. Stattdessen bleibt er konsequent bei einer ernstzunehmenden Mischung aus Drama und Thriller.

Ohne zu viel vorweg zu nehmen, lässt sich sagen, dass die beiden Freunde Vaughn und Marcus versuchen, die Geschehnisse ihres Jagdausflugs vor den ansässigen Dorfbewohnern zu verheimlichen und fortlaufend zu vertuschen. Gerade Genrefans im Bereich Thriller und Horror erkennen hier schnell den altbekannten Kernkonflikt zwischen auswärtigen Stadtmenschen, die auf die in einer abgelegenen Region beheimateten Dörfler treffen. Dass Gewalt irgendwann eine Rolle spielen und ausbrechen wird, ist zu befürchten – das Wann und Wie bleibt jedoch unklar. Calibre erinnert daher durchaus an seinen herausragend guten britischen Kollegen Eden Lake, aber auch „Straw Dogs – Wer Gewält sät“ von 1971 bzw. das Remake von 2011 kommt einem in den Sinn. Allerdings gibt das niedrige FSK-12-Rating klar darüber Auskunft, dass der Film nicht auf explizite Darstellungen setzt und daher insgesamt auch kein harter Thriller oder gar Horrorfilm sein soll.

Ein subtiler Konflikt bis zum Schluss

Stattdessen gelingt es Calibre ein ums andere Mal bravourös, die Erwartungshaltung des Zuschauer zu unterlaufen. Dadurch dass der Film vor allem mit der Panik der Protagonisten, die sich nichts anmerken lassen wollen, und der schwer zu bestimmenden Stimmung im Dorf spielt, bleibt der Handlungsverlauf lange Zeit ungewöhnlich ruhig, fast sogar gemächlich. Matt Palmer ist jederzeit bemüht, seine Geschichte möglichst authentisch und realistisch zu erzählen. Schnelle Zuspitzungen und dramatische Ausbrüche fehlen daher bis ins letzte Drittel völlig. Wir als Zuschauer haben dadurch nicht die Möglichkeit, uns das Geschehen als kurzweilige Unterhaltung aus sicherer Entfernung anzuschauen. Es bleibt uns stattdessen unangenehm viel Zeit, um darüber nachzudenken, was Marcus und Vaughn jetzt noch tun können und wie wir selbst in so einer außergewöhnlichen Situation handeln würden.

Erst im Finale kocht der Regisseur das Ganze zu einer spannenden Psychonummer hoch, die man sich in der Form vielleicht schon etwas früher gewünscht hätte. Der Konflikt zwischen den Fremden und Dorfbewohnern eskaliert und wird endlich offen ausgetragen. Jetzt wirkt die Gewalt umso begründeter und entfaltet eine beunruhigende Wirkung. Es ist schlichtweg beeindruckend, mit welcher Sicherheit und Überzeugung der junge Filmemacher seine Geschichte in ein fieses, aber trotzdem noch nachvollziehbares Finale münden lässt.

Nicht jeder Dorfbewohner ist ein schießwütiger Redneck

Dass der Konflikt in Calibre so greifbar und wahrhaftig wirkt, liegt vor allem an der sensiblen Darstellung der Dorfbewohner. Diese freuen sich über Fremde, die bei ihnen im Hotel und der Gaststätte einkehren. Nicht zuletzt deshalb, weil sie Geld einbringen, was der Ort dringend zum Überleben braucht. Denn viele ziehen mittlerweile lieber in die Städte. So ist die Stimmung bei der Ankunft von Matt und Vaughn nicht direkt grundlos gereizt oder spürbar unheimlich, wie man es aus vielen Horrorfilmen kennt. Um es noch mal explizit zu betonen: Den kautabakspuckenden Tankwart, der unheilvolle Warnungen ausspricht, sucht man gottseidank vergeblich. Dennoch gibt es auch hier Menschen, die schneller die Faust als Kommunikationsmittel nehmen als andere. So ergibt sich in Calibre nie eine hasserfüllte Treibjagd, in der das nackte Überleben zum einzigen Ziel wird. Bis zum Schluss besteht zwischen den verfeindeten Parteien Gesprächsbedarf, wodurch sich der Eindruck festigt, echte Personen agieren zu sehen.

Fazit – Calibre ist eine kleine Überraschung

Mit Calibre – Weidmannsunheil gelingt Debütant Matt Palmer ein respektabler und empfehlenswerter Erstling, der mit seiner Prämisse leicht in cheesige Horrorgefilde hätte abrutschen können, aber stattdessen konsequent auf geerdeten Realismus und Authentizität in Form eines Thriller-Dramas setzt. Je weniger man vorab über diesen britischen Streifen weiß, desto nachhaltiger wirkt er letzten Endes.

Anmerkung der Redaktion: Bisher ist der Film nur im Originalton mit deutschen Untertiteln verfügbar.

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Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 19:59 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.

Hier die Bewertung der MovicFreakz – Redaktion:

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Hier könnt Ihr den Film selbst bewerten:

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© Netflix

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