Mit Castle Freak (2020) produzierte die Filmsparte des Fangoria-Magazins ein Remake des gleichnamigen Horrorfilms von Stuart Gordon. Ob es die Geschichte modernisiert oder gar eigene Wege geht, erfahrt ihr hier!
Die Handlung von Castle Freak
Die bei einem Unfall erblindete Rebecca Riley (Clair Catherin) erbt das Schloss ihrer ihr unbekannten Mutter. Sie reist mit ihrem Freund John (Jake Horowitz) nach Albanien, um das Erbe anzutreten. Die Beziehung des Paares ist angespannt, denn John hat den folgenschweren Unfall, unter Einfluss von Alkohol und Drogen, verursacht. Er drängt sie nun dazu, Schloss und Inventar möglichst bald zu veräußern und in die USA zurückzukehren. Doch Rebecca wird in dem Gemäuer von genauso düsteren wie erotischen Visionen und Alpträumen geplagt. Ein deformiertes Wesen scheint in geheimen Räumen hinter den Mauern zu leben. Als Johns Freunde, darunter auch Nebenbuhlerin Shelly (Emily Sweet), anreisen, um bei der Entrümpelung des Anwesens zu helfen, mehren sich beunruhigende Ereignisse. Rebecca tritt mit dem Wesen in Kontakt und ein uralter Kult kehrt zurück, um den Kontrakt, den ihre Familie einst einging, zu erfüllen…
Lovecraft und das Monster in den Mauern
Castle Freak ist schon die zweite Bearbeitung der Kurzgeschichte Der Außenseiter des nicht unumstrittenen Kult-Autors Howard P. Lovecraft. Es geht um ein Wesen, das aus einem verfluchten Schloss flieht, um festzustellen, dass es nicht ist wie die anderen. Und tatsächlich basiert dieses Remake eher auf der Erstverfilmung von Stuart Gordon (Re-Animator, Dolls) aus dem Jahre 1995 denn allein auf Lovecrafts gerade mal dreiseitiger Erzählung. Zusätzlich vermengt das Drehbuch dies mit Elementen der sehr populären Lovecraft-Geschichte Das Grauen von Dunwhich. Darin geht es um einen Mann, der an der Küste von Massachusetts nach Spuren eines Kults sucht, der geheimnisvolle Gottheiten, die “Großen Alten”, anbetet. Doch diese zusätzliche Inspiration kommt erst im Finale des Films deutlich zum Tragen und sorgt dafür, dass zumindest dort das Tempo noch einmal deutlich angezogen wird. Denn an sich erweist sich diese Neu-Interpretation als eher ruhig erzähltes Horror-Drama mit explizit erotischen Anklängen.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht die blinde Rebecca, die hier auf dem Schloss ihrer Familiengeschichte auf den Grund gehen möchte. Das torpediert ein wenig die Pläne Johns, der eigentlich vorhat, das Gemäuer und das Interieur möglichst schnell zu verkaufen. Zusätzlich verstärkt es seine Depressionen, da er anscheinend nur noch wegen seiner Schuldgefühle ihr gegenüber mit Rebecca zusammen bleibt. Das bleibt den Film über jedoch ein wenig vage, denn bis auf Rebecca sind alle anderen Charaktere eher dünn gezeichnet, auch das Monster in den Mauern. Doch mit eben diesen fühlt sich unsere Protagonistin sehr verbunden, was sich in Träumen und Visionen äußert, die in Verbindung mit erotischen Liebesspielen und grausamen Gewaltakten stehen.
Es dauert, bis das Blutbad beginnt
Der durchaus reizvolle Ansatz von Castle Freak als teils erotisches Horror-Drama krankt nur leider daran, dass sich die Geschichte etwas sehr zieht. Der Spannungsaufbau gelingt nur bedingt, da am Anfang eher John sich detektivisch betätigt, weil er wissen will, warum das Schloss solch einen schlechten Ruf hat. Das steht aber in keiner Verbindung zu irgendeiner Art von Neugier oder seiner Beziehung zu Rebecca. Er will einfach wissen, warum es ein Problem werden könnte, die Erbschaft kurzfristig in Geld zu verwandeln. Rebecca ihrerseits möchte mehr über ihre Familie, den Sinn hinter ihren Visionen und natürlich auch das Wesen, das sie öfters hinter den Mauern zu hören glaubt, herausfinden. Doch sie ist natürlich physisch stark eingeschränkt und auf die Hilfe von John angewiesen, dessen Interessen eben woanders liegen.
Es dauert eine Stunde, bis ihre Freunde in Albanien eintreffen und Leben in die Bude kommt. Darunter ist jemand, den alle nur “der Professor” nennen. Dessen Interesse am Schloss und seinen Geheimnissen ist erstaunlich groß. Schließlich ist er es, der ein Buch namens Necronomicon findet. Bei diesem Namen sollten die Augen jedes Lovecraft-Fans aufleuchten, gilt dieses Buch in dessen literarischen Universum als quasi die Bibel der “Großen Alten”. Das bedeutet auch, dass jetzt endlich das Tempo angezogen wird und die Bloodhounds unter uns gefüttert werden. Tatsächlich drückt der Film, wenn die letzten Minuten näher rücken, immer weiter aufs Gas. Hier werden zwar wieder einige abgegriffene Klischees aufgefahren, Castle Freak steigert sich nun jedoch zusätzlich in einen beachtlichen Wahnwitz, der in einer bösen Pointe gipfelt. Vielleicht kommt das für manche Teile der Zuschauerschaft etwas zu spät, aber immerhin.
Der Geist der Vergangenheit
Als Produzent fungierten u.a. Charles Band, für den schon Stuart Gordon das Original inszenierte, sowie Barbara Crampton, die im Original an der Seite von Jeffrey Combs agierte. Damit war eigentlich schon gesichert, dass Castle Freak anno 2020 ganz gewiss den Geist des Originals transportieren würde. Allerdings legte Drehbuchautorin Kathy Charles nun den Fokus auf die weibliche Protagonistin, während im Original noch Jeffrey Combs als Familienvater auf Abwegen glänzt. Clair Catherine hat indes in der Hauptrolle als blinde Rebecca zeitweise einige Mühe, den Film zu schultern. Das liegt aber vor allem daran, dass die anderen Charaktere durchgehend blass bleiben.
Entstand der erste Castle Freak im Sommer 1994 in Bands eigenen Schloss in Italien, wich man fürs Remake nach Albanien aus. Optisch holt man auch das Optimum aus dem Gemäuer und der schönen Umgebung heraus. Kamera und Schnitt erzeugen eine Atmosphäre, die den direkt auf Video erschienen Horrorstreifen der 90er, wie es das Original einer war, sehr nahe kommt. Dazu steuerte Italo-Urgestein Fabio Frizzi (Ein Zombie hing am Glockenseil, Die Geisterstadt der Zombies) den Score bei, der allerdings nicht mehr ganz so memorabel ausfällt, wie zu seinen besten Zeiten. Die Make-up F/X sind deftig und zumeist handgemacht, kommen aber erst gegen Ende richtig zum Einsatz. Eine Post-Credit-Szene deutet zudem an, dass dies erst der Start einer Reihe neuer Lovecraft-Verfilmungen sein könnte.
Unser Fazit zu Castle Freak
Auch wenn viele Fans argwöhnen mögen, dass das Remake von Castle Freak etwas langsam in Fahrt kommt, einen gewissen Reiz kann man ihm nicht absprechen. Das Drehbuch änderte gerade einmal so viel ab, um sich so weit vom Original abzugrenzen, wie es nötig war, um nicht als vollkommen sinnloses Update zu gelten. Die erotische Komponente tröstet über einige Längen in der ersten Stunde hinweg. Zwar müssen Gorehounds auch in dieser Zeit nicht auf den einen oder anderen derben Effekt verzichten, doch erst in der letzten halben Stunde legt der Film diesbezüglich gut los. Und auch das Finale sowie die Andeutung weiterer Verfilmungen sollten versöhnlich stimmen, wenn man schon mit dem in der ersten Hälfte angestimmten Horror-Drama nicht so sehr viel anfangen kann. Kein Must-see, aber auch keine Zeitverschwendung.
Castle Freak erschien am 11. November als Video-on-Demand auf den gängigen Streamingplattformen!
Unsere Wertung:
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