Die Anime-Serie von 1998 ist längst Kult, nun bringt Netflix Cowboy Bebop als Live-Action Adaption. Ob die Übertragung der Geschichte um die Crew von Kopfgeldjägern gelungen ist, erfahrt ihr in unserer Review!
Die Handlung von Cowboy Bebop
Der mysteriöse Spike Spiegel (John Cho) hat immer einen schnellen Finger am Abzug und Jet Black (Mustafa Shakir) ist ein in Ungnade gefallener Polizist. Die beiden fliegen mit ihrem Raumschiff Bebop als Kopfgeldjäger, sogenannte Cowboys, durch das Sonnensystem und jagen Verbrecher. Ein Pärchen auf der Flucht führt sie auf den Mars, wo sie mit der Konkurrentin Faye Valentine (Daniella Pineda) aneinander geraten. Es soll nicht das letzte Mal sein, dass sich ihre Wege kreuzen. Die Hatz nach dem nächsten großen Kopfgeld ist immer gefährlich, sie bekommen es mit Bombenlegern, Ökoterroristen und durchgeknallten Killern zu tun. Und im Hintergrund wartet Spikes düstere Vergangenheit darauf, sie alle zu verschlingen…
Angenehm originalgetreue Umsetzung des Kult-Anime
Live-Action Adaptionen populärer Animes werden von Fans zumeist erst einmal mit Argwohn bedacht. Und das nicht ganz zu Unrecht. Mit Schaudern erinnern wir uns beispielsweise an den Kinofilm Dragonball: Evolution, der nicht einmal versuchte, die epische Story der Kult-Reihe in seine knapp 80 Minuten zu quetschen. Tatsächlich scheint schon das gewählte, arg limitierende Format des Spielfilms bei solchen Umsetzungen ein ganz wesentliches Hindernis darzustellen. Von daher macht die Wahl von Netflix, Cowboy Bebop als 10-teilige Serie aufzubereiten, durchaus Sinn. Und glücklicherweise beschreitet die hier erzählte Geschichte keine gänzlich neuen Wege. Das Universum der Anime-Serie von 1998 blieb zwar nicht komplett unangetastet, doch man orientiert sich stark an verschiedenen Episoden und Themen, die hier eben neu arrangiert werden. Dies gelingt zudem anfangs wirklich gut, so dass sich auch alte Fans schnell heimisch fühlen werden. Das liegt auch am bekannten jazzigen Score, der hier wieder von der japanischen Komponistin Yoko Kanno stammt.
Das Design der Bebop wurde gut aus der Animation übertragen, auch Spike und Jet Black sehen ihren gezeichneten Pendants verblüffend ähnlich. Der Hauptcast aus John Cho und Mustafa Shakir passt genauso darstellerisch überzeugend ins Bild. Jedoch erfuhr das Outfit der von Daniella Pineda verkörperten Faye Valentine eine gründliche Überarbeitung, die immer noch Sexappeal ausstrahlt, aber deutlich weniger sexualisiert wirkt. Bei den Sets verzichtete die Produktion auf großflächigen Greenscreen-Einsatz, weswegen die Welt von Cowboy Bebop sehr organisch wirkt. Allerdings fällt ins Auge, dass die Figuren nun deutlich älter erscheinen als ihre Vorbilder. Tatsächlich zielt die Netflix-Serie auf ein weitgehend erwachsenes Publikum, denn mit einem großen Anteil blutiger Gewalt, derben sexuellen Anspielungen und sogar Nacktheit hebt sie sich deutlich vom japanischen Vorbild ab. Die Action ist dabei größtenteils kompetent und optisch einfallsreich umgesetzt.
Erwachsener, aber angepasster
Aber natürlich offenbart die Neuinterpretation auch einige Tücken. Zwar holte man den Schöpfer von Cowboy Bebop, Shinichirō Watanabe (The Animatrix, Blade Runner Black Out 2022), mit als kreativen Berater an Bord, doch beschränkte sich dessen Input auf einen Katalog von Vorschlägen für die Umsetzung im Vorfeld der Produktion. Einer der wesentlichen Unterschiede zum Anime findet sich im Fokus auf das große Ganze in der dramaturgischen Entwicklung der Story. Dies hat sicherlich auch damit zu tun, dass man hier pro Episode keine 25 Minuten, sondern bis zu einer Stunde mit Inhalt füllen musste.
Ein weiterer Grund liegt genauso in der Entscheidung, die Charaktere älter und reifer zu gestalten und ihrem Background Tiefe zu verleihen. Ein zweischneidiges Schwert, wie sich herausstellt: Während der gesamte Grundton düsterer ausfällt und Cowboy Bebop anno 2021 insgesamt sehr viel anzüglicher und brutaler daherkommt, torpediert die breiter angelegte Erzählung eine der großen Stärken des Originals, nämlich die Ambivalenz seiner Protagonisten. In der Netflix-Version erscheinen sie nur anfangs abgeklärt und skrupellos, was sich aber schnell relativiert.
Man könnte hier durchaus von einer Anpassung an die Sehgewohnheiten des durchschnittlichen Streamingkonsumenten sehen, jedenfalls so, wie ihn sich die Kreativabteilungen der Streamingriesen vorstellen. Diese schon Zwang zu nennende Eigenheit, einen Stoff unbedingt auserzählen zu müssen, sorgt im Falle von Cowboy Bebop nur an manchen Stellen für echten Mehrwert. Allerdings entwickeln unsere Helden im Laufe dieser epischen Geschichte auf der einen Seite einen unerklärlichen Hang zum harmonischen Miteinander, der kaum ihrer Charakterisierung entspricht. Auf der anderen Seite wirken die Beweggründe, so wie sie am Ende offen darliegen, dann doch sehr banal, wogegen das Original mit seinen Andeutungen und Auslassungen eine gewisse Gravitas erzeugen konnte, die die Adaption leider weitestgehend missen lässt.
Unser Fazit zu Cowboy Bebop
Licht und Schatten halten sich bei der Umsetzung der populären Anime-Serie Cowboy Bebop ungefähr die Waage. Zwar bietet die nun erwachsenere Ausrichtung ein zeitgemäßes Update auch für ältere Fans, dennoch erweist sich die als epische Tragödie ausgelegte Geschichte als Fallstrick. Zu oft driften deren Entwicklungen ins Banale ab, weil eben auch zu viel Zeit in Stränge investiert wird, die keinen wirklichen Mehrwert bieten. Deshalb verliert diese Live-Action Adaption nach einem starken Auftakt ständig an Verve, was einen unschön an einige Marvel-Serien aus dem Netflix-Katalog erinnert.
Nichtsdestotrotz sollte Cowboy Bebop auch 2021 noch viele alte Fans abholen, denn Anspielungen an die alte Serie und den Kinofilm gibt es zuhauf. Vieles wurde mit viel Liebe zum Detail umgesetzt und teils sinnvoll weiterentwickelt. Zudem dürften sich auch neue Zuschauer nicht überfordert fühlen, denn es wird keinerlei Vorwissen vorausgesetzt. Liebhaber von unterhaltsamen Weltraumopern können hier bedenkenlos einsteigen. Eine zweite Staffel befindet sich übrigens schon in Planung, was auf jeden Fall zu begrüßen ist. Damit hätte die Serien-Adaption Chancen, sich ein gänzlich eigenes Profil zu schaffen.
Cowboy Bebop startet auf Netflix am 19. November 2021!
Unsere Wertung:
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