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Crimes of the Future

Mit Crimes of the Future kehrt der kanadische Alt-Regisseur David Cronenberg zu seinen Anfängen zurück. Welche Anfänge das eigentlich sind und ob ihr euch den mittlerweile 23. Film des Kanadiers anschauen sollt, erfahrt ihr hier.

CRIMES OF THE FUTURE Trailer German Deutsch OmU (2022)

TitelCrimes of the Future
Jahr2022
LandKanada, Griechenland, Großbritannien
RegieDavid Cronenberg
DrehbuchDavid Cronenberg
GenreSci-Fi, Drama, Horror
DarstellerViggo Mortensen, Léa Seydoux, Kristen Stewart, Scott Speedman
Länge107 Minuten
FSKab 16 Jahren freigegeben
VerleihWeltkino
DVD-Cover von Crimes of the Future erschienen bei Weltkino
© LEONINE Filmdistribution

Die Handlung von Crimes of the Future

In einer näheren Zukunft hat sich die natürliche Evolution des Menschen krass verändert. Denn das beschleunigte Evolutionssyndrom killt nicht nur das Schmerzempfinden der Menschen, bei manchen kommt es auch zu kuriosen körperlichen Entwicklungen. So ernährt sich ein kleiner Junge ausschließlich von Plastik und dem älteren Saul Tenser (Viggo Mortensen) wachsen immer wieder neue Organe.

Als Performance-Künstler lässt Tenser diese Organe von seiner Assistentin Caprice (Lea Seydoux) vor Live-Publikum entfernen. Die Shows finden großen Anklang. Doch nicht alle sehen diese biologischen Veränderungen positiv.

Die Regierung in Form der neu gegründeten Organ-Registrierungsbehörde wird auf Saul Tenser aufmerksam und nimmt ihn kritisch unter die Lupe. Ebenso tritt eine geheime Untergrundbewegung mit ihm in Kontakt, die seinen Ruhm als Künstler für ihre eigenen Zwecke nutzen will.

Die Zeit scheint reif für eine ganz neue Evolutionsstufe der Menschheit, die alles verändern wird.

Saul Tenser liegt auf einer Liegen, neben ihm sitzend seine Partnerin Caprice, auf der anderen Seite kniet Timlin neben ihm
Saul Tenser (Viggo Mortensen) lässt sich von seiner Partnerin Caprice (Lea Seydoux) Organe vor Publikum entnehmen © LEONINE Filmdistribution

Der nächste Skandalfilm?

Die Spatzen pfiffen es schon im Mai 2022 von den Dächern, dass David Cronenberg mit seinem aktuellen Film zu seinen Anfängen zurückgekehrt ist. Mit Spatzen sind in dem Fall die Verantwortlichen gemeint, die Crimes of the Future vorab auf den Filmfestspielen von Cannes sehen durften.

Besonders brisant: Bereits im Vorfeld war von DEM Skandalfilm des Jahres die Rede, die Marketingmaschinerie lief dementsprechend heiß.

Stein des Stoßes waren insbesondere die letzten 20 Minuten, in denen ein toter Junge obduziert und sein Innenleben einem schaulustigen Publikum offenbart wird.

Also wieder mal was mit Körpern in einem Cronenberg-Film – wer hätte es gedacht?

Diese Rückkehr ist inhaltlich schnell erklärt, denn Cronenberg greift auf eine Drehbuchidee zurück, die er bereits in den 1990er-Jahren nach eXistenZ niedergeschrieben hatte, aber bis dato nicht verfilmen konnte.

Nach über 20 Jahren Abstinenz kehrt der Alt-Regisseur also zurück zum „Body Horror“, gewissermaßen ein Subgenre, dass er selbst in den 70ern bis hin in die 90er-Jahre mit diversen Filmen meisterhaft bespielte und dadurch maßgeblich prägte.

Damit gelang Cronenberg seither ein skurriler Spagat zwischen einem Feuerwerk an obskuren praktischen Effekten und tatsächlich philosophisch hochwertigen Fragestellungen.

Ein Mann mit nacktem Oberkörper, auf dem sich überall Ohren befinden
Ständig nachwachsende Organe? Das ist die bizarre Realität in Crimes of the Future © LEONINE Filmdistribution

Die Überwindung und Weiterentwicklung des menschlichen Körpers und Geists und was daraus eigentlich für das Individuum und die Gesellschaft um ihn herum folgte – das war das Spielfeld, was der Kanadier wie kein zweiter über mehrere Jahrzehnte beackerte.

Nicht zuletzt konnten Genre-Fans ihre Lust am Brutalen, Absonderlichen, Fantastischen in vollen Zügen stillen, ohne sich gleichwohl anhören zu müssen, dumme barbarische Filme zu schauen.

Nur einen Vorwurf konnte man Cronenberg in all den Jahren freilich regelmäßig machen: Dass ihn seine Figuren und die Handlung deutlich weniger interessieren als die theoretischen Gedankenspiele dahinter.

Entsprechend kalt und unemotional können seine Filme daher wirken. Aber wie ordnet sich nun Crimes of the Future in das bisherige Schaffen ein?

„Operationen sind der neue Sex“

Die Prämisse des Films ist natürlich Cronenberg pur: Menschen entwickeln sich körperlich schneller weiter als ihnen lieb ist. Es wachsen ihnen weitere bereits bekannte oder völlig neuartige Organe. Da erfüllt ein mit Ohren übersäter Körper genau die Erwartungen, die das Publikum an den Film heranträgt. Praktische Effekte inklusive!

Cronenberg hat schon immer furchtlos erzählt und bebildert und damit irritiert bis hin verstört. Irritationen schafft Crimes of the Future wiederum auch, aber ungewollt auf der falschen Ebene.

Denn diese nahe Zukunft wird nur anhand von wenigen, karg gehaltenen Settings zum Leben erweckt. Da muss ein und derselbe kleine Straßenzug dutzende Male für Außenaufnahmen herhalten. Alles wirkt erschreckend klein, dabei wird in den Dialogen von einer kritischen Regierung, neu eingeführten Behörden und großen gesellschaftlichen Entwicklungen schwadroniert.

Auch das Schauspiel irritiert und schwankt zwischen kurios-drüber (Kristen Stewart) und seltsam kraftlos (Seydoux & Mortensen). Was Cronenberg seinen Darstellern auch gesagt haben mag, das Ergebnis ist nicht überzeugend.

Vieles bleibt am Ende leider dahingesagt, ohne dass Cronenberg es überhaupt oder ausreichend zeigt. Wenn Stewarts Figur Timlin Operationen zum neuen Sex erklärt, dann eröffnet der Regisseur nach Crash (1996) wieder mal ein spannendes Gedankenspiel über Sexualität. Nur wird auch das wie vieles andere meist nur angerissen, aber nicht vertieft.

Und so plätschert Crimes of the Future lange Zeit reichlich gemächlich vor sich hin, weil auch die echten, handlungstreibenden Konflikte fehlen. Erst im letzten Drittel mit dem Plan der geheimen Bewegung enthüllt Cronenberg, wohin sein Körperthema eigentlich führen kann und bedient damit sogar auffallend den aktuellen Zeitgeist.

Unser Fazit zu Crimes of the Future

Kalter Kaffee: Mit Crimes of the Future knüpft David Cronenberg noch einmal unerwartet an seine Body-Horrorfilme vergangener Tage wie eXistenZ und Videodrome an und präsentiert quasi ein Best-of seiner Lieblingsthemen.

Geht das auf? Nein, nicht wirklich, denn vieles bleibt gedankliches Stückwerk und bloße Erzählung in einer Welt, die anhand von kargen, tristen Settings sehr klein gehalten wird. Erst spät findet Cronenberg noch zu einer Pointe in seiner Körperthematik, die ein großes Problem der aktuellen Zeit aufgreift.

Crimes of the Future ist Ende März auf DVD und Blu-ray via Weltkino erschienen!

Unsere Wertung:

 

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© LEONINE Filmdistribution

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