Das perfekte Geheimnis ist ein Remake des italienischen Films Perfetti sconosciuti. Allerdings nimmt die deutsche Neuverfilmung gravierende Veränderungen vor, die besonders durch eine homophobe und unmoralische Botschaft auffällt. Inwiefern Das perfekte Geheimnis homophob ist, erfahrt ihr hier:
Deswegen ist Das perfekte Geheimnis homophob
Bis zur Mitte ist Das perfekte Geheimnis ein mittelmäßiges Remake, das für einen Sonntagnachmittag trotzdem recht ansehbar ist. Leider verfehlt der Film die Kernessenz seiner Vorgänger und driftet zu einer verwerflichen Komödie ab, für die sich Die Deutsche Filmförderung schämen müsste. Pepe (Florian David Fitz) und Leo (Elyas M’Barek) tauschen ihre Smartphones, da Leo später ein Nacktbild gesendet bekommt, doch mit seiner Ehefrau am Tisch sitzt. Was Leo nicht weiß: Pepe hat eine Liebesbeziehung mit einem Mann. Es kommt dementsprechend zu einem Zwangsouting, das versehentlich Leos Charakter trifft. Hier zieht einem z.B die französische Version Le Jeu den Boden unter den Füßen weg. Dort folgen einige homophobe Sprüche und unser Charakter erkennt, wie intolerant seine vermeintlichen Freunde sind.
In Le Jeu schränken sich die Sprüche auf zwei Personen ein, die auch konsequenterweise mit ihrer Homophobie konfrontiert werden. Doch in Das perfekte Geheimnis hagelt es Ausdrücke wie „Schwuchtel“ oder Tucke“ von allen Seiten. Würde Florian David Fitz seine Verletzlichkeit in diesem Moment nicht so überzeugend spielen, wäre der Film schon jetzt eine Katastrophe. Er hält auch den einzigen guten neu hinzugeschriebenen Monolog. Doch ansonsten folgt als Ausgleich nun ein kurzes „Hört ihr eigentlich, wie homophob ihr seid?“, nur um dann genauso wie zuvor weiterzumachen.
Homophobie als Mittel des Entertainments
Es ist ein Unterschied, ob die Charaktere homophob sind oder der Film. In dieser Untertrennung scheitert Das perfekte Geheimnis. Der Hauptgrund liegt im Ende, doch schon vorher schwenkt ein verwerflicher Unterton mit. In Le Jeu sorgt das vertauschte Zwangsouting zwar auch für Homophobie, doch der Hauptkonflikt bezieht sich auf das Fremdgehen. Mit welchem Geschlecht Marco seine Frau betrügt, ist unwichtig. In Das perfekte Geheimnis wechselt diese Komponente. Leos Frau Karlotta (Karoline Herfurth) ist es vergleichsweise egal, dass ihr Mann sie betrügt, doch der unaussprechliche Tabubruch ist, dass er homosexuell ist. Homosexualität wird von Karlotta als größere Sünde als der Betrug wahrgenommen. Dieses Verhalten wird in keiner einzigen Szene angesprochen, geschweige denn kritisiert. Nach dem Motto „Das Medium ist die Botschaft“ entsteht so ein unverantwortliches Framing, das nicht nur verletzend, sondern auch gefährlich ist.
Durch den Einsatz dramatischer Musik soll die gesamte Situation trotzdem tragisch wirken. Gleichzeitig lockert sie das Drehbuch durch unpassende Witze auf. Während Sätze wie „So etwas Widerliches würde ich doch nie tun“ oder „Glaub nicht, dass ich dir im Auto einen blase“ in keiner Weise witzig sein sollten, werden sie hier als Comic Relief verwendet. Es gibt einen Monolog, der davon handelt, dass Pepe sich als Kind nur mit seinen Freunden getroffen hat, um heimlich ihre Penisse zu beobachten. Klingt nach hartem Tobak? Wird nur leider zum Auffänger einiger Lacher. Genau das macht den Film erst so unmoralisch. Er gaukelt dem Publikum vor, Homophobie anzuprangern. Dabei ist er selber homophob, nur um ein paar billige Witze zu bieten, die selbst aus komödiantischer Sicht auf Grundschulniveau bleiben. Es ist genauso heuchlerisch, wie wenn jemand „Wirklich schade, dass Schwuchteln nicht akzeptiert werden“ sagen und dabei denken würde, er sei tolerant.
Das Ende
Man könnte jetzt einwenden, dass das alles vielleicht einfach ungeschickt war und eigentlich gar nicht so dramatisch sei. Der kritischste Teil steht einem aber noch bevor, denn das Geschehen zuvor wär akzeptabel gewesen, wenn der Film zu einem konsequenten Ende kommen würde. Le Jeu nutzte das Element der Mondfinsternis, um seine Charaktere den gesamten Abend vergessen zu lassen. Er endet somit auf einer bitteren und intelligenten Note. Er macht auch nicht den Fehler, das Verhalten seiner Charaktere zu rechtfertigen. Auch wenn keine direkten Konsequenzen folgen, verzichtet der Film auf Beschönigung oder zu viel Humor. Der Zuschauer weiß im Gegensatz zu den Protagonisten, wer der Freundeskreis eigentlich wirklich ist und lässt ihn somit auch sein eigenes Umfeld reflektieren.
Wie bereits erwähnt, versteht Das perfekte Geheimnis seine Vorlage nicht und traut dem Publikum nicht zu, mit einem beklemmenden Gefühl aus dem Film zu gehen. Die gesamte Existenzberechtigung der Geschichte wird für ein vermeintliches Happy End geopfert. Alle vertragen sich wieder, denn „es war ja schließlich nicht so gemeint“ und nachdem Pepes Freunde seinen homophoben Kollegen verprügeln, ist jede Aussage von ihnen wieder vergeben und vergessen. All das passiert innerhalb weniger Minuten, ohne ein Fünkchen Selbstreflexion der Protagonisten. Es folgt ein Moment, in dem Pepe seine Freunde lachend umarmt. Als Zuschauer wartet man hier auf ein Standbild und den Abspann einer Sitcom. Stattdessen sehen wir, wie sich ein Kind zu seinem Bruder dreht und sagt „Mama glaubt, du wirst auch schwul“. Das andere Kind reagiert geschockt und das Publikum bekommt wieder einen billigen Lacher serviert, während der gesamte Akzeptanz-Monolog von Pepe im Mittelteil des Films dem Erdboden gleich gemacht wird.
Das perfekte Geheimnis
Gerade, wenn man sich denkt, schlimmer könne es nicht werden, klärt der Film noch die Frage, was denn nun das perfekte Geheimnis ist. Rocco (Wotan Wilke Möhring) war den gesamten Abend lang der so ziemlich einzige Mann, der kein großes Geheimnis zu verbergen hatte und komplett ehrlich zu seiner Frau war. Er besitzt auch schließlich kein Handy-Passwort. Zumindest schien dies der Fall zu sein. In der letzten Szene stellt sich dann heraus, dass er ein Zweithandy hat, mit dem er seine Frau betrügt. Während seine Freunde ihm hinterhertollen, lacht er und es wird fröhliche, fast schon siegreiche, Musik eingespielt. Der Film zeigt durch seine Happy End-Dynamik, dass es kein Betrug, sondern lediglich Das perfekte Geheimnis ist. Mann kann sich die letzten 10 Minuten nur damit erklären, dass man intern ein Wettbewerb hatte, wem das verwerflichere Ende einfällt. An Ende hat man sich einfach für jeden Vorschlag entschieden.
Fazit zu Das perfekte Geheimnis: homophob und unmoralisch
Das perfekte Geheimnis nutzt den Mantel des Humors, um Homophobie und unmoralische Ansichten zu vertreten. Es wird auf eine Wohlfühl-Komödie gesetzt. Jedoch muss der Zuschauer – Scheuklappen tragend – seine eigenen Moralvorstellungen im Keller vergraben, um über das Gesehene zu lachen. Am Ende fühlt man sich nur schmutzig, hierfür zwei Stunden seines Lebens geopfert zu haben. Es ist erschreckend, dass Deutschland 2020 immer noch nicht weit genug ist, Homosexualität mit Respekt und Würde zu thematisieren.
No data available.