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Ein kräftiger Baumstamm läuft in Das geheime Leben der Bäume eine dicke Wurzel aus, die im Erdboden verschwindet. Im Hintergrund der Wald.

Das geheime Leben der Bäume

Peter Wohlleben hat mit seinem Buch Das geheime Leben der Bäume einen Mega-Bestseller gelandet, der in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurde. Nun ist daraus ein Film geworden, in dem Deutschlands bekanntester, aber auch umstrittenster Förster das macht, was er vielleicht am besten kann: erzählen und erklären. Hier erfahrt Ihr mehr.

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TitelDas geheime Leben der Bäume
Jahr2020
LandDeutschland
RegieJörg Adolph
DrehbuchJörg Adolph
GenreDokumentation
DarstellerPeter Wohlleben
Länge96 Minuten
FSKab 0 Jahren freigegeben
VerleihConstantin Film
Das DVD-Cover von Das geheime Leben der Bäume zeigt einen lichtdurchfluteten Wald. Peter Wohlleben steht mit einem Fotoapparat als kleiner Mensch zwischen den mächtigen Bäumen.
Das DVD-Cover von Das geheime Leben der Bäume. © Constantin Film

Darum geht’s in Das geheime Leben der Bäume

Eineinhalb Jahre begleitete Dokumentarfilmer Jörg Adolph den Naturschützer und Umweltaktivisten für Das geheime Leben der Bäume bei allen möglichen Aktivitäten. So hätte der Film auch „Das nicht so geheime Leben des Peter Wohlleben“ heißen können. Wir sehen den Förster beim Radiointerview, im Fernsehen bei Markus Lanz und anderen Talkshows. Wir erleben ihn in einem Vortragssaal vor einer größeren Zuhörermenge wie auch als Seminarleiter in seiner eigenen Waldakademie und als eine Art Naturreiseleiter mit einer südkoreanischen Touristengruppe. Und im Hambacher Forst solidarisiert er sich wortstark mit den Gegnern der geplanten Abholzung.

Wir begleiten Peter Wohlleben auf Reisen nach Schweden, wo er den ältesten Baum der Welt besucht, eine fast 10.000 Jahre alte Fichte. Wir begleiten ihn in ein Naturschutzgebiet nach Polen und zu den Kwiakah nach Kanada, einer der First Nations, deren Stamm auf nur noch 22 Mitglieder geschrumpft ist. Und auf deren Gebiet ein großer Kahlschlag droht. Ein weiterer Verlust, nachdem bereits ihre Muttersprache aus ihrem Gedächtnis verschwand. Und dazwischen sehen wir immer wieder grandiose Naturaufnahmen, mal in Zeitlupe, mal im Zeitraffer, von den Wundern der Pflanzen- und Tierwelt.

Über allem die Sterne

Der  Film beginnt mit einem Urbild des Romantikers: Ein sich bewegendes Sternenzelt über kräftigen Baumkronen, von unten gefilmt, aus der Perspektive des in den Himmel blickenden Menschen. Doch am Anfang der Bekehrung des Peter Wohlleben war nicht das Wort, sondern ein Stein. Ein vermeintlicher Stein, dicht mit kräftigem Moos bewachsen. Der sich als hölzerner Überrest eines Baumes entpuppte, ausgehöhlt, doch mit harter Schale. Grund für Peter Wohlleben, der Sache auf den Grund zu gehen – und weit darunter hinaus. Eine Reise eben in Das geheime Leben der Bäume.

Peter Wohlleben berührt den kräftigen Stamm eines gesunden Baums.
Mein Freund, der Baum: Peter Wohlleben erklärt den Wald an einem kräftigen, gesunden Baumstamm. © Constantin Film

Was er dabei entdeckte, klingt faszinierend: Unter der Erde, im Bereich der Wurzeln, liegt eine vernetzte Struktur verborgen. Die Bäume sind untereinander verbunden, bilden, wie Wohlleben es sagt, Familien, soziale Netzwerke gegenseitiger Unterstützung. „Ein verflochtenes System der Nachbarschaftshilfe“, sagt er, und spricht von „Superorganismen“, die organisiert seien wie Ameisenhügel.

Was aber nur für den natürlichen Wald gelte. Doch die meisten Forste hierzulande haben damit nicht mehr viel gemein. Sie sind Produkte einer Holzindustrie, die auf einen schnell nachwachsenden Rohstoff setzt und diesen künstlich anlegt. In der Regel mit der nicht heimischen Kiefer, die aus der Taiga stammt. Wohlleben spricht in Das geheime Leben der Bäume dann nicht mehr von Wald, sondern von Plantagen. „Pflanzen ist doof“, sagt er. Und bezieht das nicht nur auf die Nadelholzmonokulturen. Beim Hocken im Wald zeigt er auf zahlreiche Sämlinge, mit denen der Wald selbst seinen Nachwuchs reguliere. Er zählt sie durch, rechnet das Ergebnis hoch und kommt zu dem Schluss, das die Natur zehnmal effektiver sei, als der von Menschen gesteuerte Wald. Nur eben langsamer.

Die tote Baumkrone eines vertrockneten Baums.
Tot: Immer mehr Bäume leiden aufgrund der industrielle Forstwirtschaft unter Trockenheit. © Constantin Film

Natur schützen, nicht ausbeuten

Als angestellter Förster hat sich Wohlleben fehl am Platz gefühlt. Er wollte die Natur schützen, nicht ausbeuten. Förster als Waldpfleger zu bezeichnen wäre, als würde man Metzger Tierpfleger nennen, sagt er. Wohlleben liebt ausdrucksstarke Beispiele. Die übliche Bewirtschaftungsmethode mit Kahlschlag ganzer Parzellen sei kontraproduktiv. Auf diesen Flächen wachse zwar schnell etwas nach, diese Bäume würden aber nicht alt. Sie wären anfällig für Schädlingsbefall und weniger standfest. „57 Prozent der Kiefern kippen um oder werden von Käfern befallen“, betont er. Und fragt, was daran denn wirtschaftlich sei. Wohlleben plädiert für eine artgerechte Baumhaltung.

Drei Bäume stehen an einem Standort an einer Landstraße dicht beeinander. Während der linke bereits alle Blätter abgeworfen hat, tragen die anderen noch ihr Laub.
Unterschiede: Drei Bäume teilen sich einen Standort, reagieren auf die Umwelt aber verschieden. Für Wohlleben Zeichen ihrer Individualität. © Constantin Film

Seine Begrifflichkeit entspricht dabei seiner Intention, die von Kritikern als romantische Fantasterei abgetan wird. Wenn er aufgrund eines bei Verletzungen des Baums entstehenden elektrischen Stroms schließt, dass Bäume Schmerz empfinden, ist dies sicher fragwürdig. Das geheime Leben der Bäume unterstreicht Wohllebens Sicht der Dinge mit filmischen Mitteln. Harte Schnitte zeigen den Einsatz eines sogenannten Harvesters, einer Maschine, die in kurzer Zeit Bäume fällt, entastet und zersägt.

Man meint bei diesen Bildern, den angenommen Schmerz der Bäume mitempfinden zu können. Die Alternative, die Wohlleben anbietet, zeigt zwei stattliche Kaltblüter, so genannte Rückepferde, mit denen gefällte Bäume schonend aus dem Wald gezogen werden. Maschinen aber verdichten den Waldboden, der so keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen kann. Die Bäume verdursten.

Das geheime Leben der Bäume zu vermenschlicht?

Wohlleben wird von seinen Gegnern, die vor allem aus der Forstindustrie stammen, vorgeworfen, die Bäume auf unsinnige Weise zu vermenschlichen. Und wenn der Film den Sturz einen Baumes mit einer am Stamm befestigten Kamera quasi in subjektiver Perspektiv miterleben lässt, wird deutlich, dass dies so auch beabsichtigt ist. Das geheime Leben der Bäume erneuert den Blick der Romantik auf den Wald als beseelten Organismus, was ein Gegenentwurf zur abstrakten Rationalität der Aufklärung war. Und auch die wunderbaren Naturaufnahmen, die man so sonst nur aus Dokumentation der BBC gewohnt ist, begegnen dieser Entzauberung der Welt mit ästhetischer Magie.

Fliegenpilze wachsen in Das geheime Leben der Bäume aus mit dichtem Moos belegten Waldboden heraus.
Die Magie des Waldes: In wunderschönen Bildern zeigt der Film die Vielfalt der Natur. Pilze sind symbiotische Partner der Bäume. © Constantin Film

Das hält einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung nicht stand. Aber es spricht die Emotionen an. Was in einer Zeit des rigorosen Artensterbens, der von Ausnahmen abgesehen immer noch weitgehend rücksichtslosen Naturzerstörung durch Agrar- und Forstwirtschaft und einer zunehmend existenzbedrohenden Klimakrise vielleicht nicht verkehrt ist. Vielleicht braucht es Gefühle, um Bewusstsein zu wecken.

Peter Wohlleben geht es auch um Hoffnung: Wir können etwas ändern! Das geheime Leben der Bäume transportiert aber auch noch eine andere Botschaft: Die Natur kann nicht vom Menschen zerstört werden, sie wird sich immer regenerieren. Die Frage ist halt nur, ob der Mensch das noch erleben wird. Was ein wenig an den netten Witz von den zwei Planeten erinnert: Bei einer Begegnung klagt der eine, er habe Menschen. Doch der Andere kann ihn trösten: „Das gibt sich!“

Mein Fazit zu Das geheime Leben der Bäume

Man kann über Peter Wohllebens Botschaft trefflich streiten. Auch wenn seine Sichtweise zutiefst romantisch scheint, sollte man ihn dennoch nicht als Esoteriker abstempeln, wie es einige Kritiker tun. Statt wissenschaftlich stringent zu argumentieren, spielt er in Das geheime Leben der Bäume auf der Klaviatur menschlicher Emotionen. So weckt er Mitgefühl mit Bäumen, wo es anderen schon schwerfällt, derartige Empfindungen für Tiere (oder gar Menschen) als gerechtfertigt anzuerkennen. Das ist zutiefst subjektiv, möglicherweise grundfalsch – und dennoch ist die Botschaft wichtig: Ohne Natur kann der Mensch nicht leben. Wer Wohllebens Bücher kennt, wird in dem Film nicht viel Neues erfahren, aber den sympathischen Naturschützer vielleicht etwas näher kennen lernen. Alle anderen aber sollten sich die Botschaft zu Herzen nehmen – auch wenn sie dafür vielleicht für einen Moment den Kopf etwas abschalten müssen.

Der Film erscheint am 1. Oktober 2020 auf DVD, Blu-ray und als Mediabook. Digital ist der Film bereits seit dem 3. September erhältlich.

Unsere Wertung:

 

 

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© Constantin Film

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