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John Marrick, der Elefantenmensch, geht eine öffentliche Treppe herunter. Sein Gesicht ist mit einer Art Tuch bedeckt.

Der Elefantenmensch

David Lynchs erste Studioproduktion und achtmaliger Oscar-Anwärter Der Elefantenmensch erzählt die Geschichte von Joseph Merrick, der wegen seines deformierten Aussehens von der Gesellschaft verstoßen wird. Hier erfahrt ihr, wie Lynch beweist, dass er neben seinem Surrealismus auch berührende Dramen erzählen kann.

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TitelDer Elefantenmensch (OT: The Elephant Man)
Jahr1980
LandUSA, Großbritannien
RegieDavid Lynch
DrehbuchChristopher De Vore, Eric Bergren, David Lynch
GenreBiografie, Drama
DarstellerJohn Hurt, Anthony Hopkins, Anne Bancroft
Länge124 Minuten
FSKAb 12 Jahren
VerleihStudiocanal Home Entertainment
Der Elefantenmensch John Merrick in einem Mantel gehüllt auf dem grobkörnigen, in schwarz-weiß gehaltenen Cover
Das DVD Cover von Der Elefantenmensch © Studiocanal Home Entertainment

Darum geht’s in Der Elefantenmensch

Der Elefantenmensch basiert lose auf dem Leben von Joseph Merrick (im Film heißt er John Merrick), der unter einer schweren Körperdeformierung litt. 1881 wird Merrick (John Hurt) als Attraktion auf einem Jahrmarkt ausgestellt. Bytes, der Besitzer der „Freakshow“ hält John gefangen und misshandelt ihn. Eines Tages trifft der Chirurg Frederick Treves (Anthony Hopkins) auf den sogenannten Elefantenmenschen. Treves lädt ihn zu sich ins Hospital ein. Anfangs überfordert und von unheimlichen Ängsten geplagt, öffnet sich Merrick dem Chirurgen. Dabei zeigt er, was für ein geistiges Potenzial in ihm steckt. Auf diesem Weg entdeckt Merrick selbst, dass er nicht das Monster ist, das ihm jahrelang eingeredet wurde, zu sein. Während Treves alles an eine menschenwürdige Sozialisierung von John setzt, möchten ein gieriger Wachmann und Bytes aus Merricks Leid Profit schlagen.

Eine rührende Geschichte mit Lynchs Handschrift

Genau wie Lynchs erster Spielfilm Eraserhead ist auch Der Elefantenmensch in Schwarz-Weiß gedreht. Dadurch fühlt sich der Film nicht wie eine Produktion aus 1980, sondern eher wie aus den 40er oder 50er Jahren an, was durch die Übergangsblenden zusätzlich bestärkt wird. Manchmal sind die Szenen allerdings auch etwas zu kurz, wenn zwischen den Überblendungen nur zwei Sätze liegen. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Filmen des Regisseurs ist dieser deutlich linearer erzählt. Dennoch ist seine Handschrift klar zu erkennen. Zu Beginn gibt es eine surreale Montage und in der Mitte eine Traumsequenz, die so nur von Lynch stammen kann. Die Szenen fügen sich überraschend stimmig in die Atmosphäre des sonst eher authentischen Dramas ein. So gibt es einige Szenen, die durch ihren Realismus extrem nahe gehen.

Der Umgang der Gesellschaft mit Merrick wirkt nie übertrieben, wodurch die Grausamkeit dem Zuschauer fast schon das Herz zerreißt. Allerdings suhlt sich Der Elefantenmensch nicht im Leid seines Protagonisten, sondern schöpft seine Emotionalität besonders durch schöne Momente, in denen John das Gefühl eines normalen Lebens bekommt. Dadurch braucht der Film gar keine große Melodramatik, um beim Zuschauer eine Träne hervorzulocken. Selbst die Musik wirkt nicht zu aufgezwungen, obwohl sie in einigen Momenten sehr präsent ist und die Szenen sentimental untermalt. Jeder Moment greift nahtlos ineinander und die gesamte Inszenierung fühlt sich rund an. Das liegt auch daran, dass Lynch seine klare Vision durchbringen konnte. Sogar das Sounddesign entstand unter seiner Hand und da Lynch selbst komponieren kann, war er auch als Music Director tätig.

John Merrick, Der Elefantenmensch, geht eine öffentliche Treppe herunter. Sein Gesicht ist mit einer Art Tuch bedeckt.
John Merrick fürchtet die Blicke seiner Mitmenschen. © Studiocanal Home Entertainment

Eine unvergessliche Freundschaft

Die Gesellschaft nimmt eine zentrale Rolle in der Handlung ein. Mit Bytes und dem Wachmann hat man zwar zwei relativ eindimensionale Antagonisten, doch diese stehen lediglich als Sinnbild für die gaffende Gesellschaft. Ohne Schaulustige würden sie Merricks Situation gar nicht ausnutzen können und die anfangs nur Zuschauenden werden später selbst zu Tätern. Daher wurde die Rolle des Wachmanns auch extra hinzugedichtet, in der Realität existierte sie nicht. Trotz alledem ist Der Elefantenmensch vor allem eine Geschichte über Freundschaft. Es gibt zwei Worte, die Merrick immer wieder betont: „Meine Freunde“. Die Beziehung zwischen Treves und ihm macht den Film absolut unvergesslich. Hopkins und Hurt harmonieren perfekt miteinander. Selbst wenn beim Dreh des ersten Treffens nur einer der beiden Schauspieler anwesend war, bekommt der Zuschauer das Gefühl, Zeuge von etwas ganz Großem zu sein.

Die Freundschaft der beiden emotionalisiert nicht nur durch die Handlung und die tolle Schauspielleistung, sondern auch dadurch, dass Treves ein ziemlich komplex geschriebener und unfassbar authentischer Charakter ist. Treves ist nicht der große Retter ohne Ecken und Kanten, sondern ist von Selbstzweifeln zerfressen. Bei ihm verschwimmen die Grenzen zwischen Schwarz und Weiß zu Grautönen und es lassen sich sogar Parallelen zu Bytes feststellen. Daraus bildet sich eine sehr interessante Figur, die von Hopkins perfekt verkörpert wird.

Treves (Anthony Hopkins) hält John Merricks (John Hurt) Hand in seinem Zimmer
Eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen zwei beeindruckenden Männern. © Studiocanal Home Entertainment

Der Elefantenmensch und das viktorianische England

Das viktorianische London wird detailgetreu und überzeugend dargestellt. Teilweise griff Lynch auf echte Archivaufnahmen zurück. Die Sets schaffen in Kombination mit den Kostümen eine einnehmende Atmosphäre, die sich gut in den Schwarz-Weiß-Look einfügt. Außerdem ist das Kostümdesign und besonders das Make-up von Merrick ziemlich realitätsnah. Schließlich orientierten sich die Designer an der echten Kleidung und die für wissenschaftliche Zwecke erhaltenen Körperteile und Knochen. Ganze acht Stunden saß Hurt jeden Drehtag in der Maske; das Ergebnis spricht für sich. Es kommt während der Laufzeit nie in den Sinn, dass es nur Make-up sein könnte, denn die gesamte Ausstattung ist ausnahmslos gelungen.

Mrs. Treves kniet im opulenten Mantel vor Merrick und hält seine Hand, während sie Romeo und Julia zitiert
„Du bist kein Monster, du bist Romeo“. © Studiocanal Home Entertainment

Unser Fazit zu Der Elefantenmensch

Der Elefantenmensch ist der Beweis, dass David Lynch Dramen erschaffen kann, die dem Zuschauer ans Herz gehen. Obwohl er trotz prägnantem Score nicht zu sehr auf die Tränendrüse drückt. Mit tollen Kulissen, überzeugenden Kostümen und atemberaubendem Make-up entsteht so ein authentischer Eindruck des viktorianischen Zeitalters, das von einer stimmigen Schwarz-Weiß-Kamera eingefangen wird. Das Zusammenspiel zwischen John Hurt und Anthony Hopkins ist fast perfekt und trägt das Biopic zu großen Teilen. Das Drama erzählt eine Geschichte über Freundschaft, Akzeptanz und Vorurteile, die zwar im Jahre 1881 spielt, aber absolut zeitlos und wichtig wie eh und je ist. Zudem ist Der Elefantenmensch zwar erzählerisch eher untypisch für seinen Regisseur, doch trägt er ganz klar dessen Handschrift, so lässt sich auch Lynchs Faible für surreale Träume erkennen. Ein wichtiges, inszenatorisch überzeugendes und emotional packendes Drama mit einem starken Cast und einer klaren Vision.

Der Elefantenmensch ist ab dem 23.04.2020 für das Heimkino erhältlich.

Unsere Wertung:

 

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