Apple TV+ würde sich selbst wohl als mutigsten unter den Streaminganbietern bezeichnen. Kaum ein anderer Dienst traut sich, sich nischigen Themen mit so viel Aufwand zu widmen. Jetzt geht es mit Prime Finder in die Welt der Mathematik-Cracks. Öffnet der iPhone-Konzern ein weiteres Mal eine neue Welt für sein anspruchsvolles Publikum?
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Prime Finder – Die offizielle Handlung
Der brillante junge Mathematiker Edward Brooks (Leo Woodall) steht kurz vor einem großen Durchbruch: Er vermutet ein Muster in den Primzahlen, das der Zugangsschlüssel zu jedem Computer auf der Welt sein könnte. Doch ein Unbekannter droht seine Idee zu zerstören, noch bevor er Gelegenheit bekommt, sie zu beweisen. Gemeinsam mit der NSA-Agentin Taylah Sanders (Quintessa Swindell), die den Auftrag hat, Edward zu überwachen, kommt er einer ominösen Verschwörung auf die Spur, in deren Mittelpunkt er selbst zu stehen scheint.
Abstrakt und schwer unterhaltsam darzustellen
Mathe – für viele klingeln allein bei der Erinnerung an den Unterricht mit Zahlen, Gleichungen und Variablen die Alarmsignale. Womöglich wäre daher die Materie gut geeignet als solides Horrorfilm-Fundament. Aber spannende Thriller mit einem Plot, der sich um Formeln und Berechnungen dreht? Ja, das ist schon einige Male gelungen – dank spannender Einbettung in einen weltverschwörerischen Kontext (Person of Interest, etc.), dank charismatischer Nerd-Protagonisten (Die Gleichung ihres Lebens oder A Beautiful Mind) oder indem man das Ganze in einen visuell einfacher zu vermittelnden Sachzusammenhang hievt (21, Pi, Enigma, The Imitation Game, etc.). Wie naturwissenschaftlich valide die jeweiligen Stories dann noch waren und ob man tatsächlich an der Attraktivität des Mathematik-Felds als solches etwas verändern konnte, sei dahingestellt.
Erstaunlich ist doch, dass die gewählten Beispiele mitunter recht zeitlos daherkommen, während Filme, die sich innerhalb anderer naturwissenschaftlicher Sphären ansiedeln, nach wenigen Jahren schon veraltet sind. Der Mathematik wohnt bei all ihrer Trockenheit also doch eine nicht tot zu kriegenden Faszination inne – kein Wunder also, dass man nun auch beim Streamingdienst von Apple dieser Nische eine Serienproduktion widmet.
Wie viel Mathe steckt in diesem Thriller?
Doch wie vordergründig ist nun in dieser neuen Serie tatsächlich das Thema Mathematik? Ja, ständig stehen hier Leute an Tafeln, schreiben Formeln und endlose Gleichungen in ihre Notizhefte, verwenden Fachsprech aus der Welt der Algebra und Analysis. Aber muss man als Zuschauer nun auch noch mehr Wissen aus der Schulzeit mitbringen als den Taschenrechner im Smartphone zu bedienen? Ich würde sagen: Nein. Natürlich hilft es, – allein um den Plot auf seine Akkuratesse hinterfragen zu können – wenn man den Fachbegriffe nicht für eine Fremdsprache hält, aber im Großen und Ganzen hat Prime Finder wohl soviel mit seriöser Wissenschaft zu tun wie Indiana Jones mit Archäologie oder Sakrileg mit Geschichtsforschung.
Es ist eine ziemlich unterhaltsame Verschwörungsthriller-Serie mit hübschen Protagonisten, die so tun als hätten sie eine Ahnung davon, was sie laut Skript vortragen. Das reißt einen keineswegs aus der Illusion raus, da es alle Beteiligten dem Publikum wirklich gut verkaufen. Man sollte aber im Nachhinein nicht der Versuchung erliegen, zu glauben, man wisse mehr über Mathematik als vor dem Schauen der Serie. Grey’s Anatomy-Zuschauer sollten ja auch niemanden nach 20 Staffeln am offenen Herzen operieren…
Schöne Flecken Erde, mittelmäßiger Spannungsaufbau
Leo Woodall hat in The White Lotus noch den oberflächlichen, simpel gestrickten Schönling gespielt und nun soll er ein Zahlengenie sein? Diese Besetzung geht leider nicht so ganz auf, wenngleich sich der Akteur sichtlich bemüht, authentisch den Studenten mit Faszination für Pi und Co. zu mimen. Auch Quintessa Swindell nimmt man irgendwie optisch und von ihrer Ausstrahlung her die Rolle einer Agentin nur so halb ab. Was den Aspekt der Glaubwürdigkeit aber dann doch noch rettet, ist die Besetzung weiterer Kernrollen: Stephen Rea, Sidse Babett Knudsen, Martha Plimpton oder Harry Lloyd verleihen dem seriösen Sujet die Gravitas, die notwendig ist, um mehr als nur ein Schnitzeljagd-B-Movie wie Vermächtnis der Tempelritter und Co. zu sein.
Doch wenn nun der sich aufdrängende Vergleich zu dieser Art Abenteuer-Film angesprochen ist, dann folgt logisch die Frage, warum man sich für die Geschichte von Prime Finder nun sage und schreibe zehn Folgen genehmigen muss. Denn auch wenn die Ansätze spannend sind, die Charaktere ebenso und auch das Miträtseln für das Publikum ein nicht uninteressanter Faktor ist, so ist der Kern der Geschichte zu dünn für diese Länge. Was eine ausufernde Laufzeit jedoch auf der Kehrseite bedingt, ist einen längeren Aufenthalt an den einzelnen Schauplätzen. Und das ist dann doch noch ein kleines Pro-Argument mehr für die Miniserie, denn wir besuchen eben nicht nur die Eliteunis an der Seite der Protagonisten, sondern reisen mit ihnen zu zahlreichen toll fotografierten Schauplätzen quer durch Europa.
Unser Fazit zu Prime Finder
Für Fans von Dan Brown-Stoffen ist Prime Finder bestimmt ein gefundenes Fressen. (Pseudo-)wissenschaftlicher Unterbau, europaumspannende Schnitzeljagd, Verschwörungsfantasie. Mitsamt einem hohen Produktionswert und einem überaus vielversprechenden Casting hält die Miniserie trotz überbordender Laufzeit doch die Spannung auf einem Level, das bis zum Ende nicht merklich in sich zusammenfällt. Kein Meisterwerk, aber durchaus gehobene Thriller-Kost.
Prime Finder startet am 22. Januar 2025 bei Apple TV+ mit zwei Folgen und geht danach im Wochenrhythmus weiter!
Unsere Wertung:
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