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Die Familie Mitchell mit erschrockenen Gesichtern zusammengedrängt in ihrem orangen Auto. Im Hintergrund fliegen die verfolgenden Roboter heran.

Die Mitchells gegen die Maschinen

Auf Familie Willoughby im letzten April folgt in diesem Jahr die nächste ungewöhnliche Familie in einem Netflix-Animationsfilm. Warum ihr den verrückten Haufen in Die Mitchells gegen die Maschinen unbedingt kennenlernen müsst, erfahrt ihr hier.

Die Mitchells gegen die Maschinen | Offizieller Trailer | Netflix

TitelDie Mitchells gegen die Maschinen
Jahr2021
LandUSA, Kanada, Frankreich
RegieMichael Rianda, Jeff Rowe
DrehbuchMichael Rianda, Jeff Rowe
GenreAnimations-/Kinderfilm
DarstellerAbbi Jacobsen, Maya Rudolph, Danny McBride, Michael Rianda, Eric André, Olivia Colman, Fred Armisen, John Legend, Chrissy Teigen
Länge113 Minuten
FSKab 6 Jahren freigegeben
VerleihNetflix
Das Poster des Films Die Mitchells gegen die Maschinen zeigt die Familie Mitchell in einem abgehobenen Auto im Mittelpunkt. Rundherum sieht man den Titel sowie einige Comic-Blitze und oben im Bild sieben fliegende Roboter.
Das deutsche Poster zu Die Mitchells gegen die Maschinen © Netflix

Die Mitchells gegen die Maschinen – Chaosroadtrip durch die Robokalypse

Alles beginnt damit, dass die kreative Außenseiterin Katie Mitchell an der Filmhochschule ihrer Träume angenommen wird und es kaum erwarten kann, auszuziehen und dort auf Gleichgesinnte zu treffen. Doch ihr naturverbundener Vater Rick durchkreuzt ihre Pläne, denn er besteht darauf, dass die gesamte Familie sie auf dem Weg zum College begleitet, um noch einmal Zeit miteinander zu verbringen. Gerade als es scheint, der Roadtrip könnte nicht noch schlimmer werden, findet sich die Familie plötzlich inmitten eines Roboter-Aufstands wieder, bei dem unter anderem Smartphones, Staubsauger-Roboter und Spielzeug Jagd auf Menschen machen. Jetzt liegt es an den Mitchells – darunter die optimistische Mutter Linda, der schräge kleine Bruder Aaron, Mops Monchi und zwei freundliche, aber einfach gestrickte Roboter – die Welt zu retten.

Katie Mitchell steht mit ausgestrecktem Arm vor einem Comichintergrund. Die Farben Orange und Gelb dominieren im Hintergrund, wo man einige Comicfiguren sieht.
Die filmverrückte Erzählerin Katie ©2021 SPAI. All Rights Reserved.

Familientauglicher Anarchohumor

Die Mitchells gegen die Maschinen ist ein Netflix-Original, das in Zusammenarbeit mit den Animationsstudios von Sony entstanden ist. Hinter dem Animationsabenteuer steckt das Produktions-Duo Lord/Miller, dem wir unter anderem Spider Man: A New Universe und Lego Movie verdanken. Spätestens mit dem Oscargewinn für besagten animierten Marvelfilm sind die Erwartungen an die Projekte der beiden Kreativköpfe stark gestiegen. Was Fans der bislang noch wenigen Filme der Produzenten lieben gelernt haben, sind in erster Linie zwei Dinge: Zum einen ist dies der Mut bei den Animationen andere Wege zu gehen, Stilistiken wild zu kombinieren und aus der Not eines vergleichsweise geringeren Budgets eine Tugend zu machen. Und zum anderen ist es das exzellente Gespür, wie man tagesaktuelle Themen humoristisch aufgreifen muss, um nicht die Schwelle zur Parodie zu überschreiten und damit letztendlich noch einen Mehrwert zu laufenden Diskursen erschafft.

Als Regisseur bei diesem neuem Projekt fungiert mit Michael Rianda ein Newcomer, der bislang hauptsächlich als Writer der Zeichentrickserie Willkommen in Gravity Falls in Erscheinung getreten ist. Diese Vorgeschichte merkt man dem Humor auch hier deutlich an und lässt deutlich erkennen, dass Rianda und die Produzenten eine gemeinsame Vision hatten. Das Produkt dieser frischen, fruchtbaren Verbindung vereint die besten Aspekte des jeweiligen Œu­v­re. Die Mitchells gegen die Maschinen ist ein fantastischer (Mittel-)Fingerzeit in Richtung Pixar, Disney und Co. und voll mit Kreativität und Herz.

Hund Monchi ist ein Mops mit schielenden Auge. Hier sitzt er angeschnallt auf einem Kindersitz und streckt die Zunge heraus. Hinten sieht man verschwommene Lichteffekte. Die Mitchells gegen die Maschinen
Monchi ist der knuffige Familienhund der Mitchells ©2021 SPAI. All Rights Reserved.

Eine (gar nicht so) harmonische Familie

Die titelgebenden Mitchells sind eine wirklich sympathisch-chaotische Familie, die allerdings auch ohne die Herausforderung die Welt retten zu müssen eigentlich gerade schon genug Konflikte bewältigen muss. Erzählerin und Tochter in der Geschichte ist Katie, die an der Schwell zum College-Leben vor allem mit ihrem Vater Rick aneinander gerät, der weder mit ihren Lebensentwurf noch für ihre Passion fürs Filmemachen etwas anzufangen weiß. Die Verbindung der beiden ist gleichzeitig auch das zentrale Element in Die Mitchells gegen die Maschinen. Als emotionaler Anker funktioniert dies trotz des eigentlich zu Genüge beleuchteten Themas exzellent. Der Generationenkonflikt ist nun mal ein niemals auserzähltes Feld. Da fast jeder Mensch im Laufe seines Lebens erst die eine und später dann die andere Perspektive kennenlernen muss, ist dies allzeit relevant.

Oberflächlich könnte man meinen, dass man hier nun den x-ten Aufguss einer Geschichte serviert bekommt, wie sie abgedroschener kaum sein kann. Eine Gruppe von Streithähnen muss sich zusammenraufen, um im Kollektiv den Tag zu retten und dabei erkennen sie peu á peu die Schrullen der anderen zu akzeptieren. Letztendlich sind es dann genau diese vormaligen Makel, die man braucht, um den Sieg davontragen zu können. Eben genau weil jeder diesen Verlauf inzwischen aus dem Effeff kennt, kommt es umso mehr auf das Wie an. Und das könnte liebevoller und zeitgemäßer kaum sein!

Siri-nator – Rebellion der KI

Die filmbegeisterte Katie ist Identifikationsfigur für die jungen Zuschauer des Films. Zugleich steht sie auch stellvertretend für die Passion der Macher des Animationsabenteuers selbst. Die Mitchells gegen die Maschinen ist die konsequente Fortsetzung der Agenda von Phil Lord und Christopher Miller. Im Mittelpunkt ihres Schaffens stehen die offensichtlichen Alltagskonflikte, lebensnahe Situationen, die durch die Verlagerung in ein fantastisches Szenario eine augenöffnende Abstraktion erfahren. Immer mit dabei sind vor allem auch zahlreiche popkulturelle Anspielungen und Zitate, die dem leicht nerdigen Publikum ein permanentes Lächeln ins Gesicht zaubern.

Die Mitchells finden sich hier in einem Plot wieder, der mit viel Augenzwinkern an klassische und auch moderne Science-Fiction-Geschichten erinnern soll. Die offensichtlichsten Paten sind hierbei I, Robot, 2001 – Odyssee im Weltall und selbstverständlich die Terminator-Reihe. Auch hier ist es das Wie, dass ein wahlloses Zusammenpuzzlen von einer würdigen Hommage unterscheidet. Durch den gelungene Übersetzung ins Hier und Heute und vor allem auch den Kontext der Familiengeschichte der Mitchells zeigt sich, dass man genau begriffen hat, was die Essenz der zitierten Werke ausmacht.

Vor Neonreklamen sieht man drei weiße Roboter, die in Superheldenpose auf dem Boden knien.
Die PALmax Roboter sind außer Kontrolle geraten ©2021 SPAI. All Rights Reserved.

Die Mitchells gegen die Maschinen überzeugt auch als sehr pointierter Gesellschaftsatire

Zusätzlich zum wilden Ritt durch die Science-Fiction-Historie ist es insbesondere der herausragend umgesetzte gesellschaftskritische Unterton, der Die Mitchells gegen die Maschinen aus der Masse hervorstechen lässt. Die überbordende Abhängigkeit davon, ständig erreichbar sein zu müssen und bereits nach wenigen Momenten der Smartphone-Abstinenz in Panik zu verfallen, wird humoristisch dargestellt. Insgeheim wird sich jedoch jeder Zuschauer in den entsprechenden Szenen ertappt fühlen und wegen der eigenen Betroffenheit womöglich leicht schamrot anlaufen. Und auch wenn keiner der großen Techgiganten namentlich erwähnt wird, so ist die Kritik an Facebook, Google und Konsorten ebenfalls omnipräsent.

Das filmische Pendant zu den Konzernen PAL, dessen CEO auch eine bunte Mischung aus Zuckerberg, Musk und co. darstellt, mahnt uns auf äußerst effektive Art und Weise davor, immer mehr in Abhängigkeit einzelner Technologieriesen zu geraten. Dabei wird die Naivität vieler Nutzer genauso durch den Kakao gezogen, wie der teils skurrile Umgang mit der Technik, der sich längst verselbstständigt hat (Stichwort: intelligenter Tennisschläger).

Auf die Spitze getrieben wird dieser sozialkritische Part zum einen immer wieder mit Sequenzen, in denen Katie zum Kamerahandy greift. Mit montageartigen Kurzfilmen bringt sie die eigene Geschichte mit ihren Wunschvorstellungen in Einklang. Dabei erkennt das Publikum sehr schnell, dass dies in gewisser Weise die selbe Form von Eskapismus ist, die ihr Vater nur auf eine ganz andere Weise auszudrücken weiß. Die Ängste sind generationsunabhängig immer noch die gleichen, nur die Ventile haben sich geändert. In der Vermittlerrolle befinden sich dabei die beiden anderen Familienmitglieder. Die Versuche dieser Vermittlung sind die großen Stärken des Films.

Endgegener Riesenfurby

Zum anderen ist es das Shoppingcenter-Kapitel in dem nochmal der kritische Part in den Vordergrund tritt. Die Reizüberflutung im Film spielt bewusst auf den Informations-Overkill in der Realität an. In dieser Szenenfolge wird grandios mit popkulturellen Altlasten und mit der Neigung zur Übertechnologisierung gespielt. Der leichte Horrorfilm-Anstrich ist perfekt geeignet, um einerseits ein weiteres Mal eine liebevolle Hommage unterzubringen. Andererseits wird das Publikum ein Stück weit überdenken, ob wirklich alles, von Kühlschrank bis Staubsauger, wirklich „intelligent“ sein sollte. Das Ganze gipfelt dann im Kampf gegen eine Armee aus Furbys, die ja immer schon merkwürdig oder gar unheimlich waren.

Die Familie Mitchell mit erschrockenen Gesichtern von links nach rechts: Rick, Katie, Linda, Aaron und Hund Monchi.
Rick, Katie, Linda, Aaron und natürlich Hund Monchi ©2021 SPAI. All Rights Reserved.

Eine bunte Reise durch die Animationsfilmwelt

Auch animationstechnisch ist Die Mitchells gegen die Maschinen wieder eine Mischung verschiedener Stile, womit man wiederum einen ganz eigenen Charakter kreiert. Mit dem Fotorealismus aktueller Pixar-Produktionen kann man nicht mithalten. Aber dass man sich durch viel Liebe zum Detail und bewusst eingesetzte Stilbrechungen diesen Umstand ausgleichen kann, kann man bei Netflix unter anderem auch in Klaus oder Ich habe meinen Körper verloren sehen. Im Abenteuer rund um die Familie Mitchell treffen neonbunte Farben auf wie handgezeichnet wirkende Bilder. Immer wieder wird das ganze mit comicartigen Einfällen akzentuiert. Das alles trägt auch zum hohen Sympathiegrad des Films bei. Dadurch lässt sich leicht darüber hinwegsehen, dass vor allem im Finale doch vielleicht weniger mehr gewesen wäre.

Das Themenfeld „Familie“ ist ohnehin aus dem Animationsfilmgenre in den letzten Jahren nicht wegzudenken. So reiht sich diese Produktion in diese Reihe nahtlos ein. Nach der ebenfalls fantastischen Brüder-Vater-Geschichte in Onward fügt man dem Subgenre einen extrem starken Beitrag hinzu. Auf den inzwischen obligatorischen knuffigen Sidekick-Hund muss man auch hier nicht verzichten, genauso wenig auf Runninggags (Stichwort: Rick-Mitchell-Manöver) und genau die richtige Dosis an Emotionalität.

Unser Fazit zu Die Mitchells gegen die Maschinen

Die Mitchells gegen die Maschinen ist eine weitere Bereicherung im Animationsfilmkatalog von Netflix. Nach den Willoughbys bekommt man mit den Mitchells eine ganz andere, aber ebenso liebenswürdige Familie präsentiert, die bei einem klassischen Chaosroadtrip ganz nebenbei die Welt retten, aber in erster Linie sich als Familie neu erfinden muss. Das geht über knapp zwei Stunden ans Herz, lässt einen etliche Male hellauf lachen und doch am Ende auch etwas kritischer den eigenen Umgang mit Technik und sozialen Medien reflektieren.

Wie bei der großen Konkurrenz von Disney-Pixar gelingt hier der Spagat aus kindgerechter Unterhaltung und pointierten Untertönen mit Bravour. Einzig, dass der Film hintenraus etwas repetitiv wird und insgesamt eine Viertelstunde weniger vor allem für das junge Publikum ausreichend gewesen wäre, um die Botschaft kompakt an den Mann und die Frau zu bringen, trübt den Gesamteindruck. Nichtsdestotrotz erhält das Animationsabenteuer eine uneingeschränkte Empfehlung für die ganze Familie und ist eine Garantie als Stimmungsheber an trüben Tagen!

Die Mitchells gegen die Maschinen ist seit dem 30. April 2021 bei Netflix abrufbar.

Unsere Wertung:

 

 

Onward: Keine halben Sachen (inkl. Bonusmaterial)
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