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Ein Gangster ist an ein Kreuz gebunden gestorben.

Django – Die Totengräber warten schon

Django – Die Totengräber warten schon ist die Italowestern-Version von Shakespears Hamlet. Der Dänenprinz als Pistolero – geniale Idee oder horrender Blödsinn? Das erfahrt Ihr hier.

JOHNNY HAMLET- TRAILER

TitelDjango – Die Totengräber warten schon (OT: Quella sporca storia nel West)
Jahr1968
LandItalien
RegieEnzo G. Castellari
DrehbuchTito Carpi, Francesco Scardamaglia, Enzo G. Castellari
GenreWestern
DarstellerAndrea Giordana, Gilbert Roland, Horst Frank, Enio Girolami, Pedro Sanchez, Françoise Prévost, Stefania Careddu, Gabriella Boccardo aka Gabriella Grimaldi
Länge95 Minuten
FSKab 16 Jahren freigegeben
VerleihExplosive Media
Das Cover A des Mediabooks von Django - Die Totengräber warten schon zeigt Andrea Giordana als Django mit gezogenem Colt über einem Holzkreuz lehnend.
Das Cover A des Mediabooks von Django – Die Totengräber warten schon. © Explosive Media

Die Handlung von Django – Die Totengräber warten schon

Django (Andrea Giordana) kehrt nach zwei Jahren im amerikanischen Bürgerkrieg nach Hause zurück. Zuvor träumte er, dass sein Vater tot sei, und er mit seinem Geist spreche. Eine Vorahnung, die sich bewahrheitet. Angeblich war es der Bandit Santana, der seinen alten Herrn ermordet hatte, und dafür von Djangos Onkel Claude Hamilton (Horst Frank) erschossen wurde. Onkel Claude ehelichtete im Anschluss die Witwe seines Bruders, Gertrude (Françoise Prévost). Auch Djangos einstige Verlobte Emily (Gabriella Boccardo als Gabriella Grimaldi) hat nicht auf ihn warten wollen und sich mittlerweile anders verheiratet.

Django wird misstrauisch, als ihm noch vor seiner Rückkehr zwei Killer auflauern. Doch auch in seinem Heimatstädtchen haben es vor allem die beiden Galgenstricke Ross (Enio Girolami) und Guild (Pedro Sanchez) auf ihn abgesehen. Den Anschlägen kann er nur dank der Hilfe seines väterlichen Freundes Horace (Gilbert Roland) entgehen. Emily gelingt dies indes nicht, und man sieht ihre Leiche im Wasser treiben. Doch schließlich kommt Django dem Komplott auf die Spur: Sein Onkel ist der wahre Mörder seines Vaters, und die Dingen nehmen ihren Lauf, den Lauf des Colts.

Shakespeare als Italowestern

Diese Story-Line kommt einem bekannt vor? Das ist kein Zufall. Es war ursprünglich die Idee des Django-Erfinders Sergio Corbucci, das Shakespeare-Drama Hamlet als Italowestern auf die Leinwand zu bringen. Der ursprüngliche Originaltitel von Django – Die Totengräber warten schon, der in internationalen Fassungen erhalten blieb, aber in Italien abgeändert wurde, machte daraus keinen Hehl: Johnny Hamlet.

Und auch die Namen der Charaktere entsprechen der klassischen Vorlage: Der Familienname Hamilton ähnelt Hamlet, aus dem Onkel Claudius wird Claude, Mutter Gertrude spricht sich nur anders aus, bei Emily und Ophelia braucht man schon etwas mehr Fantasie, aber aus Rosenkranz und Güldenstern wurden eben Ross und Guild. Hamlets Freund Horatio wurde hier zu Horace. Dass Johnny dann zu Django mutierte hatte weniger mit Shakespeare zu tun als mit dem Profitinteresse deutscher Verleiher. Immerhin passen die Totengräber dann wieder ganz gut, auch wenn es im Film nur einen gibt. Doch auch bei Shakespeare wird nach Knochen gegraben.

Claude, gespielt von Horst Frank, und Django, gespielt von Andrea Giordana, messen in Django - Die Totengräber warten schon ihre Schießkünste am Gewehr miteinander.
Kontrahenten: Claude (Horst Frank) und Django (Andrea Giordana) messen ihre Schießkünste miteinander. © Explosive Media

Allzu deutliche Verweise auf die klassische Vorlage wurden aus der deutschen Kinofassung herausgekürzt, liegen nun im Mediabook untertitelt vor. Dabei zeichnen sich gerade auch diese Sequenzen durch expressive Visualität und Einfallsreichtum aus, die schon ahnen lassen, was in dem Regisseur Enzo G. Castellari in seinen besten Momenten steckt. Man hört Kanonendonner, Django, mit Blut im Gesicht, hält sich die Ohren zu. Pulverdampf hebt sich wie der Nebel vor dem dänischen Schloss Kronborg vom Boden, düstere Orgelmusik setzt ein. Eine Gestalt taucht auf, wendet Django den Rücken zu. Man hört seine Worte: „Schlafen, sterben, sterben, vielleicht auch träumen. Sein oder nicht sein…“

Django – Die Totengräber warten schon auf Opfer

Schon an dieser Stelle dürfte niemand mehr zweifeln, worum es geht. Django erwacht aus seinem Traum. Er liegt am Meeresstrand im Lager einer Gauklertruppe, die sich um den verwundeten Soldaten gekümmert hat. Ein weiterer Verweis auf Hamlet, der sich der Schauspieler bediente, um im Spiel die Wahrheit erscheinen zu lassen. Ein seltsamer Ton erklingt. Django zieht seinen Colt, schießt, und zwei Leichen kullern die Düne herunter. Na also, Schluss mit Shakespeare, willkommen in der Welt des Italowesterns.

Warum auch nicht. Wenn sich ein englischer Dichter des elisabethanischen Zeitalters an einem Stoff aus Dänemark vergreifen kann, kann ein italienischer Regisseur daraus auch einen Western machen. Die Kunst war immer schon globalisiert. Schließlich hatte schon der Japaner Akira Kurosawa mit Das Schloss im Spinnwebwald mit Macbeth einen Shakespeare-Stoff nach Japan verlegt, später sollte mit Ran eine japanische König-Lear-Adaption folgen. Klassische Motive wurden im Italowestern immer wieder gern übernommen, wie etwa in Duccio Tessaris Ringo kommt zurück, der auf der Rückkehr des Odysseus basiert.

Pilzförmige Felsen in mystischer Landschaft

Was Django – Die Totengräber warten schon zu einem außergewöhnlichen Film macht, ist die visuelle Umsetzung. Das fängt schon mit den bizarren Drehorten an. Auf dem Weg zum Friedhof reitet Django durch eine mystisch wirkende Landschaft voller pilzförmiger Felsen. Laut Kameraassistenten Roberto Girometti sollte die sich im spanischen Cuenca Minera befinden, was sich nicht bestätigen ließ. Vermutlich wurde damals in der Ciudad Encantada in der Nähe der Stadt Cuenca gedreht, was die geografische Verwechslung erklären dürfte. Der Friedhof selbst ist in einer Grotte angelegt, was den dort spielenden Szenen einen Hauch Gothic-Atmosphäre verschafft.

Django, gespielt von Andrea Giordana, erhält von der Schaustellerin Eugenia, gespielt vom Stefania Careddu, einen Schmuckanhänger, der ihn auf die Spur des Komplotts führt.
Wichtiger Hinweis: Django erhält von der Schaustellerin Eugenia (Stefania Careddu) einen Schmuckanhänger, der ihn auf die Spur des Komplotts führt. © Explosive Media

Der Anblick des Grabs seines Vaters stellt Djangos Welt für einen Moment auf den Kopf. Castellari visualisierte dies, indem er eine Kamera auf ein Rad montierte, dass sich langsam drehte. Für den Zuschauer dreht sich entsprechend Djangos Kopf einmal rund über die Leinwand. Als ihn der Totengräber fragt, ob dort ein Angehöriger von ihm liege, zoomt die Kamera immer dichter an Djangos Mund heran, bis man jedes Barthaar einzeln zählen könnte. Dann sagt er: „Mein Vater.“ Castellari wählt für seine Einstellungen starke Perspektiven, oft mit Gegenständen im Vordergrund, die den abgebildeten Raum dreidimensional strukturieren oder wichtige Bilddetails einrahmen.

Claude schießt durch alle Rohre

Verblüffend in Django – Die Totengräber warten schon sind auch die Schießkünste Claudes. Bei seiner Schießübung müssen die abgefeuerten Kugeln zunächst Röhren durchfliegen, bevor sie das Ziel erreichen. Realistisch? Keine Spur. Sieht aber gut aus. Der Blick der Kamera durch diese Röhren nimmt schon stilistisch die berühmte Einstellung aus Castellaris Keoma vorweg, in der Franco Nero beim Abzählen seiner Kugeln mit jedem sich senkenden Finger seiner erhobenen Hand eines seiner baldigen Opfer zu erkennen gibt.

Die Begegnung mit Emily in einer alten Wassermühle wird zu einem expressionistischen Schattenspiel. Nur in den an der Wand abgebildeten Schemen kommen sich die Liebenden von einst für einen kurzen Moment näher – bevor die brutale Realität den Traum zerplatzen lässt. Allerdings ist dieser Ophelia-Part anders als bei Shakespeare nur eine kleine Randnotiz. Ihre im Wasser treibende Leiche wirkt dank Doppelbelichtung seltsam entrückt, was wiederum eine kleine Hommage an das Original sein dürfte.

Toller Cast in Django – Die Totengräber warten schon

Hauptdarsteller Andrea Giordana gibt einen überaus effektiven Django. Der gut aussehende Darsteller war leider in nur wenigen Italowestern zu sehen, die aber alle ihre Qualitäten haben. Der extrem düstere Escondido ist kürzlich ebenfalls bei Explosive Media als Mediabook erschienen, der von Genrekennern hoch gelobte Quanto Costa Morire hat seinen Weg weder in die deutschen Kinos noch bislang ins hiesige Heimkino geschafft. In Italien war Giordana auch als Sänger erfolgreich.

Der Hollywood-Schauspieler Gilbert Roland spielt in Django - Die Totengräber warten schon, den väterlichen Freund des Helden.
Väterlicher Freund: Horace (Gilbert Roland) hilft Django aus mancher Zwickmühle heraus. © Explosive Media

Sein Kontrahent in Django – Die Totengräber warten schon ist der deutsche Horst Frank, ein exzellenter Darsteller, in aller Regel auf die Schurkenrolle abonniert. In späteren Jahren war er vor allem im Fernsehen zu sehen, vielleicht dem ein oder anderen noch aus der TV-Kinderserie Timm Thaler bekannt. Der in Mexiko geborene Gilbert Roland war schon zur Stummfilmzeit in Hollywood aktiv und spielte in zahlreichen Abenteuer- und Piratenfilmen. Im Italowestern war er ein gern gesehener Gast, der mit seinem Latinocharme eine besondere Grandezza versprühte.

Eine Familie von Filmschaffenden

Enzo G. Castellari, das G steht für Girolami, entstammt einer Familie von Filmschaffenden. Sein Vater war ein berühmter Regisseur, bei dem Enzo schon als Kind das Handwerk von der Pike auf lernte. Enio Girolami, der in Django – Die Totengräber warten schon den Ross gibt, war sein Bruder. Castellari arbeitete in allen Genres des italienischen Kinos, seine größten Sporen verdiente er sich im Western. Sein bester Film ist zweifellos Keoma, der mit Die Rache des weißen Indianers, ebenfalls mit Franco Nero, noch 1993 einen würdigen Nachfolger erhielt. Sein Ein Haufen verwegener Hunde diente Quentin Tarantino als Inspirationsquelle für Inglourious Basterds.

Die mexikanischen Banditen um Santana reiten zum Angriff.
Das gegnerische Heer: Was in Hamlet die Norweger waren, sind bei Django mexikanische Banditen. © Explosive Media

Castellaris Filme sind von sehr wechselhafter Qualität, was oft auch mit Budgetbedingungen zusammenhing. Alle zeichnen sich indes durch gelungene Actionszenen aus – und oft eben durch visuelle Extravaganz. Er ist Franco Neros Lieblingsregisseur, der eine ganze Reihe von Filmen mit ihm gedreht hat. Schon seit Jahren wollen sie erneut zusammen einen Western drehen, doch scheint es an Geldgebern zu fehlen. Sollte es erst ein Remake von Zwei glorreiche Halunken werden, ist jetzt von einer Keoma-Fortsetzung die Rede. Doch dürfte eine Realisierung eher fraglich sein. Auf manche Träume warten eben schon die Totengräber.

Unser Fazit zu Django – Die Totengräber warten schon

To kill or not to kill, that’s not a question! Mit Django – Die Totengräber warten schon liegt ein ganz besonders gelungener Italowestern in einer hervorragenden Edition vor. Der Film sprüht vor visuellem Einfallsreichtum, und lässt es auch an gut inszenierter Action nicht mangeln. Die Verweise auf das klassische Drama sind kunstvoll eingebunden und wirken an keiner Stelle künstlich aufgepfropft. Charismatische Darsteller runden das Paket ab, bestens ergänzt durch den ebenfalls gelungenen Score von Francesco De Masi. Das Bonusmaterial enthält unter anderem neben einem informativen Interview mit Kameraassistenten Roberto Girometti auch das Feature Strange Stories of the West mit etwas älterem Interviewmaterial mit Castellari und Franco Nero, das auch schon in der ersten Veröffentlichung des Films 2005, damals noch bei Koch Media, enthalten war. Mehr dazu auch in unserem Unboxing-Video auf unserem Youtube-Channel.

Das Mediabook von Django – Die Totengräber warten schon enthält wie gewohnt eine Bluray  und eine DVD mit dem Film und umfangreichem Bonusmaterial. Es ist am 8. Dezember 2022 mit zwei Cover-Varianten erschienen.

Unsere Wertung:

 

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Zuletzt aktualisiert am 28. Dezember 2022 um 16:32 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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