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Franz Jägerstätter (August Diehl) starrt als Häftling aus dem kleinen Fenster in seiner Zelle

Ein verborgenes Leben

Terrence Malicks neuer Film Ein verborgenes Leben erzählt die wahre Geschichte des österreichischen Landwirten Franz Jägerstätter, der während des Zweiten Weltkrieges sowohl die Einberufung als auch den Treueeid auf Hitler ablehnte. Wie das Epos bei uns abschneidet, erfahrt ihr im Folgenden.

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TitelEin verborgenes Leben [OT: A Hidden Life]
Jahr2019
LandDeutschland, USA
RegieTerrence Malick
DrehbuchTerrence Malick
GenreDrama, Biografie
DarstellerAugust Diehl, Valerie Pachner, Matthias Schoenaerts, Michael Nyqvist, Bruno Ganz, Jürgen Prochnow, Franz Rogowski, Alexander Fehling, Tobias Moretti, Ulrich Matthes
Länge174 Minuten
FSKab 12 Jahren freigegeben
VerleihPandora Film
Die Blu-ray zu "Ein verborgenes Leben", auf der die beiden Hauptdarsteller August Diehl und Valerie Pachner eng umschlungen auf einer Wiese liegen
Die Blu-ray von „Ein verborgenes Leben“ © Pandora Film

Worum geht’s in Ein verborgenes Leben?

Franz Jägerstätter (August Diehl) ist Landwirt und hat mit seiner Frau Franziska (Valerie Pachner) und seinen drei Töchtern in den Bergen Österreichs ein einfaches, aber glückliches Leben. Doch dann wird Franz zum Zweiten Weltkrieg einberufen. Der gläubige Christ ist aber überzeugt, für das Falsche zu kämpfen und so verweigert er seinen Dienst. Daraufhin wird er und seine Familie von den anderen Dorfbewohnern beschimpft und zutiefst verachtet. Schließlich landet Franz sogar im Gefängnis, wo er neben den Kriegsgefangenen und anderen Insassen von den Wärtern pausenlos gedemütigt und misshandelt wird.





Die Chance, all dem zu entfliehen, bekommt Franz immer wieder. Sein Anwalt bietet ihm an, statt an der Waffe als Sanitäter zu arbeiten. Er müsse lediglich Hitler die Treue schwören und er käme sofort frei. Aber auch die Militär-Offiziere, die Franz nachdrücklich mitteilen, dass er niemandem mit seinem Verhalten helfe, können ihn nicht von seinem Pfad abbringen. Während er mit seiner verzweifelten Familie lediglich über Briefe in Kontakt bleibt, kommt Franz der Todesstrafe jeden Tag ein Stück näher…

Ein bildgewaltiges Epos

Wer mit klassischen Biopic-Konventionen rechnet, wird mit diesem bildgewaltigen Epos heftig vor den Kopf gestoßen. Das hier ist immer noch ein Terrence-Malick-Film. All die für ihn typischen Stilmittel werden bedient: die Weitwinkel-Panoramen der österreichischen Berglandschaft sind einmal mehr äußerst ästhetisch und bei den beinahe rhythmisch geschnittenen, tiefenscharfen Dialogszenen klebt die Kamera von Jörg Widmer regelrecht an den Gesichtern der Darsteller. Szenerie und Ausstattung sind bis ins Detail glaubwürdig, da Malick meistens, bis auf Ausflüge ins Studio Babelsberg, vor Originalschauplätzen in Südtirol und Zittau drehte und zudem auf natürliches Licht setzte. Außerdem werden gelegentlich schwarz-weiße Originalaufnahmen des Krieges, speziell von Hitler, zwischengeschnitten. Unterlegt werden die immer wieder symbolisch aufgeladenen Bilder mit oftmals geflüsterten Voice-Overn wie Bibelzitaten oder den Briefen zwischen Franz und Franziska. Die etwas überpräsente Musik von James Newton Howard setzt dabei auf ruhige, dramatisch-epochale Chor- und Orchester-Klänge.

Franz (August Diehl) und Franziska Jägerstätter (Valerie Pachner) sitzen nebeneinander in der Kirche in Ein verborgenes Leben.
Franz und Franziska Jägerstätter in der Kirche © Pandora Film

Das ergibt in Summe, wie so oft bei Malick, entweder einen bedeutungsschwangeren, esoterischen und zähen Ethik-Unterricht oder aber man ist empfänglich für derartiges Kino und erlebt einen intellektuell ansprechenden, emotional mitreißenden Drei-Stunden-Trip, den man nicht so schnell vergisst. So verschwurbelt wie sein wohl bekanntester Film The Tree of Life (2011) ist Ein verborgenes Leben dabei nicht geraten, denn neben dem philosophischen Grundton erzählt der Film im Kern eine einfache Geschichte und dazu noch recht stringent. Man sollte nur wissen, worauf man sich einlässt, wenn man sich einen Terrence-Malick-Film ansieht. Dann erlebt man hier ein absolut sehenswertes, ergreifend gespieltes Drama.

Völlig zu Recht darf man dem Film aber seine deutlich zu langen 174 Minuten ankreiden, in denen sich Szenen zu häufig wiederholen. So ganz gelingt es dem Film auch nicht, trotz der ausführlichen Beleuchtung seiner Figuren, den Zuschauer an diese emotional zu binden, da sich das Werk mit seinem spirituellem Diskurs dabei selbst im Wege zu stehen scheint.

Malicks fragender Blick auf die Welt

Malick scheint mit seinen Filmen immer auf der Suche nach Antworten zu sein, die die ganz großen Fragen des Lebens betreffen. Alles, was er einfängt, wirkt in gewisser Weise wie der Blick eines Kindes, das verstehen möchte, wie die Welt um es herum funktioniert. Klare Antworten findet der Regisseur dabei natürlich keine, aber die Denkanstöße, die er damit beim Zuschauer evoziert, sind durchaus faszinierend.

Wie schon in seinem Anti-Kriegs-Drama Der schmale Grat (1998) hinterfragt Malick auch in Ein verborgenes Leben, wie ein Mensch die Kriegstaten mit seinem Glauben vereinbaren kann und wie es überhaupt zu so viel Bösem auf der Welt kommen kann. Der große Unterschied: In Ein verborgenes Leben sieht man keinen Krieg, keine Schüsse, kein Blut oder Eingeweide. Der Kampf findet hier viel mehr im Inneren des Protagonisten statt.

Bis zum bitteren Ende steht Franz Jägerstätter vor der Frage, ob es das alles wert ist, wofür er kämpft. Ob seine Familie mit in den Abgrund gezogen werden muss. Ob es einen Unterschied macht. Immer wieder wird ihm eingetrichtert, dass dem nicht so sei und dass er in Wirklichkeit ein Feigling ist. Doch Malick zeigt mit seiner filmischen Würdigung dieses Mannes, dass die anderen die Schwachen sind. Die, die blindem Gehorsam folgen und nicht hinterfragen, während Jägerstätter durch die Hölle geht, um das in seinen Augen Richtige zu tun.

Franz Jägerstätter (August Diehl) und Pfarrer Ferdinand Fürthauer (Tobias Moretti) gehen nebeneinander her, während im Hintergrund eine grüne Wiese, eine alte Hütte und die österreichische Berglandschaft zu sehen ist.
Jägerstätter sucht Rat bei Pfarrer Ferdinand Fürthauer © Pandora Film

Der Regisseur ist aber, ebenso wie Jägerstätter selbst, klug genug, jene anderen nicht zu verurteilen, denn der Weg des sturen Gehorsams ist erschreckend verlockend und die, die diesen Weg beschreiten, sind nicht automatisch schlecht. So ertappt man sich als Zuschauer von Ein verborgenes Leben öfter selbst, wie man sich wünscht, dass Jägerstätter endlich nachgebe und Hitler die Treue schwöre, einfach nur, um sein Leid und das seiner Familie zu beenden.

Der Kampf zwischen Richtig und Falsch

Ein verborgenes Leben behandelt somit auch den Kampf zwischen Richtig und Falsch. Während Jägerstätter ungebrochen seinen Weg geht, scheint sich die Welt gegen ihn verschworen zu haben. Auf Gleichgesinnte trifft er scheinbar nicht und die Hoffnung, bei der Kirche Halt zu finden, zerschellt in viele Einzelteile, denn diese hat sich inzwischen ebenfalls auf die Seite des NS-Regimes geschlagen. Selbst eine der größten Instanzen in seinem Leben lässt ihn somit fallen. Seine Frau hält zwar zu ihm, jedoch mehr aus Liebe, und nicht, weil sie seine Ansichten teilt.

Der Titel ist dabei, wie ein Zitat der englischen Schriftstellerin George Eliot unmittelbar vor dem Abspann nochmals verdeutlicht, auf all jene Leben zurückzuführen, die wie das von Jägerstätter zwar im Verborgenen geführt worden, jedoch dennoch in Summe die Welt ein Stück besser machten:

Das Wachstum des Guten in der Welt hängt in gewissem Grade von unhistorischen Taten ab, und dass die Dinge für dich und mich nicht so schlecht bestellt sind, wie sie es hätten sein können, verdanken wir zum großen Teil jenen, die getreulich ein Leben im Verborgenen gelebt haben und in Gräbern ruhen, die niemand besucht.“ (George Eliot, 1871)

Würdiges Denkmal: Die Darsteller

Zudem kann sich Ein verborgenes Leben auf seine fabelhaften Darsteller verlassen. Der auch international tätige deutsche Darsteller August Diehl (Inglorious Basterds, Salt) in der Hauptrolle spielt das größtenteils zurückgenommen und schweigsam. Nur durch Blicke lässt er den starken Willen und den inneren Kampf seiner Figur sichtbar werden. Als misshandelter Sträfling hungerte er sich außerdem deutlich runter, was sich besonders in seinem zunehmend eingefallenen Gesicht bemerkbar macht. Mit seiner von Leid geplagten Darstellung setzt auch er Jägerstätter ein würdiges Denkmal. Unterstützt wird er besonders von der noch recht unbekannten Valerie Pachner als seine Frau, die zusammen mit Diehl ein paar wirklich emotionale Szenen hat. Sei es voller Freude nach einem langersehnten Wiedersehen oder auch tränenreiche Zusammenbrüche bei einem möglicherweise bevorstehenden, endgültigen Abschied.

Franz Jägerstätter (August Diehl) und seine Frau Franziska (Valerie Pachner) stehen nebeneinander und blicken ernst auf den Brief, der Jägerstätter an die Kriegsfront einberuft
Der Brief zur Kriegs-Einberufung: Steht den beiden ein Abschied bevor? © Pandora Film

Dass Malick dabei auf Improvisationen setzt, verleiht der Darstellung zudem eine eindringliche Authentizität. Gerade weil die Kamera oft einfach draufhält, hat man nicht selten das Gefühl, einem Theater-Stück beizuwohnen, wenn auch ohne die dafür typische überschwängliche Gestik und Mimik. In leider zu kleinen Nebenrollen sind außerdem der Österreicher Tobias Moretti als Pfarrer, der bereits verstorbene Schwede Mikael Nyqvist als Bischof, der Deutsche Franz Rogowski als Jägerstätters Mithäftling, der Belgier Matthias Schoenaerts als NS-Offizier und in seiner allerletzten Rolle Bruno Ganz als Richter zu sehen. Also ein internationaler Cast, der bis in die kleinste Nebenrolle großartig besetzt ist. Offenbar wollte es sich kein populärer europäischer Darsteller entgehen lassen, unter der Regie des größtenteils in den USA tätigen Terrence Malick einen Film zu drehen. Man brauch sich nur mal vor Augen halten, mit wem Malick in seiner Karriere schon zusammenarbeitete, doch die Liste dieser Hollywood-Topstars würde regelrecht den Rahmen dieser Kritik sprengen.

Unser Fazit zu Ein verborgenes Leben

Mit Ein verborgenes Leben ist Terrence Malick erneut ein sehenswerter, aber nicht herausragender Film gelungen. Mit die für ihn typischen Stilmitteln schafft er einen bildgewaltigen Koloss von einem Drama, das dem wahren Kriegsverweigerer während des Zweiten Weltkriegs Franz Jägerstätter ein erinnerungswürdiges Denkmal setzt, wobei es sich auf seine fabelhaften Darsteller verlassen kann. Wer die gelegentlichen Esoterik-Ausflüge und die zu lang geratene Laufzeit verkraften kann und generell weiß, was einen bei Terrence Malick erwartet, der sollte sich an dieses Epos wagen, das auf typische Biopic-Konventionen pfeift und stattdessen faszinierende, philosophische Denkanstöße über Glaube, Gehorsam, Überzeugung und Willenskraft ins Zentrum rückt.

Pandora Film veröffentlichte Ein verborgenes Leben am 3. Juli 2020 als Blu-ray und DVD!

Unsere Wertung:

 

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