Danny Boyle inszenierte vor mittlerweile fast 20 Jahren mit 28 Days Later einen beklemmenden Survivalthriller. Das menschenleere London lädt damals wie heute noch immer gleichermaßen zum Staunen und Fürchten ein.
Titel | 28 Days Later |
Jahr | 2002 |
Land | United Kingdom |
Regie | Danny Boyle |
Genres | Horror, Thriller, Science Fiction |
Darsteller | Cillian Murphy, Naomie Harris, Brendan Gleeson, Megan Burns, Christopher Eccleston, Noah Huntley, Luke Mably, Stuart McQuarrie, Ricci Harnett, Leo Bill, Junior Laniyan, Ray Panthaki, Sanjay Rambaruth, Marvin Campbell, Christopher Dunne, Emma Hitching, Alex Palmer, Bindu De Stoppani, Jukka Hiltunen, David Schneider, Alexander Delamere, Kim McGarrity, Toby Sedgwick, Justin Hackney, Adrian Christopher, Richard Dwyer, Nick Ewans, Terry John, Paul Kasey, Sebastian Knapp, Nicholas James Lewis, Jenni Lush, Tristan Matthiae, Jeffrey Rann, Joelle Simpson, Al Stokes, Steen Young |
Länge | 113 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Die Handlung von 28 Days Later
Eine Gruppe Tierschützer dringt in ein Versuchslabor ein, um die dort gefangenen Affen zu befreien. Was sie nicht wissen: die Tiere sind mit einem aggressivem Virus infiziert, der zu eben solchem Verhalten führt. Binnen eines Monats ist die Bevölkerung der britischen Insel bis auf wenige Überlebende durch das Virus dezimiert. In diesem Szenario erwacht Jim (Cilian Murphy) in einem Londoner Krankenhaus aus dem Koma. Nichtsahnend was in den letzten 28 Tagen aus der Welt um ihn herum geworden ist, irrt er durch ein gespenstisches London…
Hektische Spannung
2002 waren die Mortui ambulantes, oder einfach nur der gewöhnliche Zombie, noch weit entfernt von ihrer filmischen Renaissance, geschweige denn ihrer Popularität im Mainstream. Erst im Jahre 2004 sollten sie durch Zack Snyders Remake zu Romeros Klassiker Dawn of the Dead und die parodistische Verbeugung Shaun of the Dead salonfähiger werden.
Streng genommen, und daran hängen sich viele Verfechter des Zombiegenres auf, dreht sich 28 Days Later nicht um Zombies, sondern eben um mit einem Wut-Virus Infizierte (ähnlich zu einem weiteren Romero-Klassiker: Crazies). Doch egal ob Infizierte oder Zombies: die filmische Prämisse bleibt identisch. Eine Gruppe von Überlebenden versucht ihr Bestes, in einer apokalyptischen Welt zu (über)leben. Denn natürlich bleibt Jim nicht lang allein, bereits nach kurzer Zeit trifft er auf Selena (Naomie Harris), die ihm auf drastische Weise das Credo dieser neuen Welt nahebringt:
Hör zu… Wenn jemand infiziert wird, hat man zwischen 10 und 20 Sekunden Zeit um ihn zu töten. Es mag dein Bruder, deine Schwester oder dein bester Freund sein, es macht keinen Unterschied.
Diese Aussage unterstreicht, was das Virus erahnen lässt: hier geht es hektisch zu. Der grobe Digitallook mag insbesondere heute, in der auf Hochglanz polierten Kinoästhetik befremdlich erscheinen, verfehlt seine Wirkung aber nicht. Stattdessen entstehen so ein Mittendrin-Gefühl und fast schon dokumentarische Bilder. Die Auseinandersetzungen mit Feinden vermitteln eine immense Drastik und Wucht, welche die gnadenlose Atmosphäre der neuen Welt nur allzu deutlich macht.
Die Kamera fängt dabei verstörende Bilder einer in Trümmern liegenden Gesellschaft ein. Macheten verklüften Leiber, Maschinengewehrsalven lassen stanzen mit Leichtigkeit Löcher in Körper und lassen das Blut spritzen – das Menschsein wird zum überfälligen Luxus.
Zuträgliche Kompositionen
Generell haben Regisseur Danny Boyle und Drehbuchautor Alex Garland mit 28 Days Later einen kompromisslosen Film erschaffen. Das Werk wirft seine Charaktere nicht nur in eine trostlose Welt, sondern inszeniert seine Hauptfiguren auch nicht als strahlende Helden. Sie wirken in der filmischen Prämisse authentisch. Jim, anfangs noch völlig überfordert, wird später aus bloßem Selbsterhaltungstrieb zum Mörder. Verluste bewegen nicht nur die Gruppe, sondern auch den Zuschauer. Autor und Regisseur spielen mit der typischen Erwartungshaltung des Publikums an solch einen Film: Wer wird überleben?
Bei aller Rohheit folgen sie dabei hin und wieder doch den Stereotypen des Genres. Das Militär entpuppt sich beispielsweise einmal mehr als Feind. Der ursprünglich deutlich pessimistischer geplante Ausgang der Handlung wurde aufgrund von Testscreenings verworfen. Die alternativen Enden können im Bonusmaterial der Heimkinoveröffentlichung dennoch begutachtet werden.
Neben der intensiven Kameraführung darf vor allem ein, der Atmosphäre ungeheuer zuträgliches, Element nicht unerwähnt bleiben. Der treibende Score von John Murphy. Seine Komposition In the House – In a Heartbeat gehört zu einem der besten und ikonischsten Titeltracks dieses Jahrtausends. Unvergessen ebenso die beklemmende Fahrt durch einen Tunnel und die folgende schweißtreibende Flucht aus jenem hinaus, während das Stück The Tunnel zu einem ohrenbetäubendem Crescendo anschwillt und die Panik der Überlebenden spürbar werden lässt.
Boyle und Murphy setzen jedoch nicht nur auf Terror, sondern bieten auch Momente voller Ruhe und Emotion, wenn diese mit fortlaufender Filmdauer allerdings immer geringer ausfallen. Wenn Jim beispielsweise durch das entvölkerte London streift, entfachen dessen ehemals dicht befahrenen und begangenen und nun unvermittelt gespenstisch leeren Straßen ein Gefühl von absoluter Freiheit, aber auch beklemmender Melancholie. Murphy weiß seine Stücke genauestens einzusetzen und trägt so maßgeblich zur beabsichtigten Atmosphäre und Stimmung der jeweiligen Szene bei.
Fazit zu 28 Days Later
Danny Boyle stand 2002 noch ziemlich am Beginn seiner internationalen Karriere, hat mit 28 Days Later nach seinem Überraschungserfolg von Trainspotting aber gleich einen weiteren modernen Klassiker geschaffen. Gemeinsam mit Drehbuchautor Garland (beide arbeiteten bereits bei The Beach zusammen), Komponist Murphy und den Darstellern wurde hier eine beklemmende Symbiose aus Terror und Melancholie geschaffen.
Noch vor dem finanziellen und kulturellen Erfolg der wandelnden Untoten ist hier ein Paradebeispiel des Seuchen-/Zombie-/Infizierten-Films (oder in welche Nische man den Film letztendlich auch packen möchte) gelungen: roh, brutal und hektisch. Die Kernaussage mag das Rad nicht neu erfinden, aber in diesem fast zweistündigen, atemlosen Gewaltmarsch wird das zur Nebensache.
Unsere Wertung:
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