„A Cure for Wellness“ entwickelte sich weltweit zu einem der größten Flops des Jahres, auf DVD und Blu-ray könnte die Schauermär von „Ring“ Regisseur Gore Verbinski hingegen mehr Erfolg haben.
Titel | A Cure for Wellness |
Jahr | 2017 |
Land | Germany |
Regie | Gore Verbinski |
Genres | Horror, Mystery, Science Fiction |
Darsteller | Dane DeHaan, Jason Isaacs, Mia Goth, Harry Groener, Celia Imrie, Adrian Schiller, Ivo Nandi, Tomas Norström, Ashok Mandanna, Lisa Banes, David Bishins, Carl Lumbly, Magnus Krepper, Peter Benedict, Michael Mendl, Maggie Steed, Craig Wroe, Tom Flynn, Eric Todd, Jason Babinsky, Johannes Krisch, Rebecca Street, Jeff Burrell, Bert Tischendorf, Douglas Hamilton, Leonard Kunz, Daniel Michel, Natascha Lawiszus, Luzie Scheuritzel, Manon Kahle, Adrian Zwicker, Julia Graefner, Nino Böhlau, Annette Lober, Susanne Wuest, Godehard Giese, Nadine Boeske, Judith Hoersch, Angelina Häntsch, Axel Buchholz, David Bredin, Matthias Britschgi, Andreas Dobberkau, Sarah Franke, Caspar Kaeser, Sebastian Kaufmane, Martin Laue, Benedict Seifert, Roman Schomburg, Florian Steffens, Sven Timmreck, Hanna Wollschlaeger, Jef Bayonne, Klaus Burckhardt, Helmut Boelling, Renate Prack, Matthias Rick, Peter Simlinger, Jutta Marina Von Brunkau, Johnny Otto, Natalia Bobrich, Alexander Yassin, Chris Theisinger, David Sánchez Calvo, Earl Vincent Sherwood II, Chris Huszar, Marko Buzin, Matt Lindquist |
Länge | 146 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Disney Plus Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, Microsoft Store Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, Microsoft Store, Freenet meinVOD |
Handlung
Der aufstrebende New Yorker Nachwuchsbroker Lockhart (Dane DeHaan) wird von seinen Vorgesetzten angewiesen, in die Schweiz zu reisen. Dort soll er den Geschäftsführer Pembroke (Harry Groener) ausfindig machen, der sich zu Heilungszwecken in ein Sanatorium in den Schweizer Alpen hat einweisen lassen. Doch kaum dass Lockhart dort eintrifft, kommt es zu einem Unfall, woraufhin ihn der leitende Chefarzt Vollmer (Jason Isaacs) unter seine Obhut nimmt. Und nach und nach häufen sich die seltsamen Vorkommnisse an diesem Kurort, der den Patienten offenbar so gut gefällt, dass sie dort gar nicht mehr wegwollen…
Kritik
Auf den ersten Blick dürfte eine überwiegende Mehrheit mit Gore Verbinski rein vom Namen her eher weniger anfangen können, mit den Titeln in seiner Filmografie dafür aber umso mehr. Dort reihen sich nämlich mit dem ersten „Fluch der Karibik“ bzw. den beiden ersten Nachfolgeteilen des „Pirates of the Caribbean“ Franchises drei überwältigende Kassenschlager aneinander, die den Kalifornier im Handumdrehen in die Liga der erfolgreichsten Regisseure katapultieren.
Doch finden sich neben diesen beispiellosen Achtungserfolgen auch Filme wie „The Weather Man“, „Mexican“, oder auch „Rango“. Obwohl er für Letzteren sogar den Oscar für den „Besten Animationsfilm“ einheimsen konnte, so haben diese Werke doch allesamt gemeinsam, dass sie an den Kinokassen gnadenlos floppten. Den prominentesten Misserfolg kann Verbinski allerdings mit dem 250 Millionen Dollar Vehikel „The Lone Ranger“ für sich verbuchen. Trotz Vorzeigestar Johnny Depp als Zugpferd, wollte das altmodische Western-Epos kaum jemand sehen. Selbst heute sind die knallharten Konsequenzen, die Disney aus diesem kolossalen Fehlschlag zog, noch spürbar, denn nicht umsonst sollte es nach „Pirates of the Caribbean: Fremde Gezeiten“ von 2011 zum Sommer diesen Jahres dauern, bis Trottelpirat Jack Sparrow wieder die Leinwände unsicher machen durfte.
Während die „Black Pearl“ mit deutlichen Budgetkürzungen gegenüber dem verschwenderisch teuren Vorgänger aber schlussendlich im fünften Teil „Salazars Rache“ weitersegeln durfte, wurde es um Gore Verbinski fürs Erste still.
Nun meldete der sich Anfang diesen Jahres mit „A Cure for Wellness“ zurück. Doch trotz der zunächst mit Begeisterung aufgenommenen Trailer, schien Verbinski auch fast vier Jahre nach dem „Lone Ranger“ Debakel weiterhin vom Pech verfolgt zu sein.
Das Mysterydrama erntete nicht nur durchwachsene Kritiken, sondern konnte mit seinem weltweiten Einspiel von gerade einmal 26 Millionen Dollar nur knapp über die Hälfte seines Budgets einfahren und sich somit umgehend einen Platz unter den größten Flops des Jahres sichern. Doch ist dieses erneute Scheitern berechtigt?
Zunächst gilt es festzuhalten, dass Gore Verbinski mit „A Cure for Wellness“ nach den Mammutprojekten in Hollywood wohl nicht nur kürzertreten, sondern auch zu seinen Karrierewurzeln zurückkehren wollte. Schließlich war es vor allem das erstaunlich gelungene US-Remake des japanischen Kulthorrors „The Ring“, dass ihn auf die Liste der großen Studios brachte.
Nicht von ungefähr kommt es also, dass direkt zu Beginn der melancholische Singsang doch stark an die düsteren Klänge von Stammkomponist Hans Zimmer aus „The Ring“ zurückdenken lässt. Dieser gab hier allerdings wegen seiner Live-Welttournee die Arbeit an seinen Zögling Benjamin Wallfisch ab, der aber ebenso einen durchweg guten Job macht.
Zum Auftakt tritt dann auch gleich das wohl Hervorstechendste am Film zutage. In einer besseren Welt würde „A Cure for Wellness“ wohl mit zahlreichen Preisen überschüttet werden für die schiere Bildgewalt, die Verbinski und Kameramann Bojan Bazelli (noch ein alter „Ring“ Weggefährte) hier auffahren.
Selbst so Alltägliches wie das Einbiegen und Verschwinden eines Zuges in einem Tunnel wird durch die technische Meisterschaft zu einem wahren Augenschmaus. Dabei verkommen die Bilder aber keineswegs zum reinen Ästhetikporno, sondern unterstreichen mit allen möglichen Arten von Spiegelungen, sei es mit Glas, Wasser oder in den Augen eines an der Wand hängenden Tierkopfes, grandios die Thematik bzw. die Handlung des Films.
Womit wir auch schon beim ersten, wirklichen Knackpunkt wären. Denn während „A Cure for Wellness“ optisch geradezu ein Meisterwerk ist, dass gut und gerne durch seine fantastischen Aufnahmen auch als reiner Kunstfilm durchgehen könnte, erfindet man plottechnisch das Rad alles andere als neu.
Schon im Vorfeld luden die ersten Storybruchstücke zu Vergleichen mit Filmen wie „Shutter Island“ förmlich ein. Und in der Tat kann man sich Hauptdarsteller Dane DeHaan, der unlängst mit „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ seinen zweiten Kassenflop in Folge erlebte, in manchen Momenten als einen jüngeren Leonardo DiCaprio vorstellen.
Wie in Martin Scorseses Film, ist der Protagonist hier eine von unüberwundenen Traumata geplagte Seele, doch anders als bei DiCaprios Marshal Teddy Daniels steht das Innenleben der Figur weniger im Vordergrund.
Börsenyuppie Lockhart bekommt zwar immer wieder Fragmente seiner Vergangenheit spendiert, in den eigentlichen Plot fügen sich diese aber nicht wirklich ein.
Auch ist Lockhart keine dieser Figuren, die zwangsläufig darauf getrimmt sind, dem Zuschauer als Identifikationsfläche zu dienen. Im Gegenteil, Dane DeHaan mimt sogar die meiste Zeit einen reichlichen Umsympathen, der unhöflich und rüde mit dem Personal umspringt und auch nicht davor zurückschreckt, sich unerlaubt Zutritt zu verschaffen, um auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen.
Trotzdem funktioniert dieser dauergestresste Workaholic als genauer Gegenpol zum stets kühl-freundlichen, fast schon unheimlich zuvorkommenden Sanatoriumspersonal, dass ihm und dem Publikum gleichermaßen Steine in den Weg legt.
So kann man als Zuschauer kaum anders, als doch mitzufiebern, wenn der mürrische Lockhart mit seinen knarzenden Krücken durch die Anstalt stromert auf der Suche nach Antworten auf immer neue Fragen. Die Brennendste davon ist es, die die Handlung vorantreibt und Lockhart langsam an seinem Verstand zweifeln lässt: Was geht nur vor sich an diesem Ort, diesem über einer Heilquelle erbauten Sanatorium, aus dem die Patienten gar nicht mehr wegwollen?
Der Weg zu des Rätsels Lösung ist natürlich gesäumt mit allerlei falschen Fährten und effektiven Schockmomenten, bei denen Gore Verbinski dem lärmigen Jump Scare Kino eines James Wan eine klare Abfuhr erteilt, mit der im besten Sinne altmodischen Schauermär lieber auf trügerische Ruhe, Atmosphäre und die Sogwirkung seiner surrealen Bilder setzt. Dabei kommt „A Cure for Wellness“, welcher als deutsch-amerikanische Co-Produktion größtenteils auch hierlande mit einheimischer Filmförderung entstand, sein erfrischend anderes Setting mehr als zugute.
Gedreht wurde statt in den Schweizer Alpen hauptsächlich unter anderem auf Burg Hohenzollern bei Hechlingen und diese erweist sich in den vielen Innenaufnahmen der verwinkelten Gänge als wunderbar stimmungsvolle Kulisse.
Ergänzt wird das von einem Produktionsdesign, was nicht nur leise daran erinnert, dass Gore Verbinski vor einigen Jahren eine Verfilmung des Videospiels „BioShock“ plante, sondern auch mit seinen riesigen Wassertanks und Gerätschaften mit Steampunk-Einflüssen zu begeistern weiß.
Auch rein erzählerisch binden der Regisseur und sein Skriptautor Justin Haythe den Ort des Geschehens über dessen sagenumwobene Historie mit in die Geschichte ein.
Schauspielerisch bewegt man sich mit Dane DeHaan und Jason Isaacs als undurchsichtigem Direktor Vollmer zwar zwischen der ersten und zweiten Garde Hollywoods, aber dennoch auf grundsolidem Niveau. Eine besondere Erwähnung verdient sich hier Newcomerin Mia Goth, die als geheimnisvoll verschüchterte Dauerpatientin Hannah und Bindeglied zwischen beiden fungiert, zudem mit einer Tanzeinlage in einer Schweizer Kneipe zu deutscher Rock-Musik („Eckstein“ von Oomph!) bleibenden Eindruck hinterlässt.
Doch obwohl „A Cure for Wellness“ – was sowohl als „Kur für das Wohlbefinden“ als auch als Heilmittel für, sprich gegen Gesundheit verstanden werden kann – zwischen den Zeilen sogar gewisse sozialkritische Untertöne zu Arbeitswahn und Burnout durchschimmern lässt, so gelingt es dem Film nie so wirklich, seinen visuellen und kreativen Ideenreigen rund erscheinen zu lassen. Statt sich nach und nach zu einem großen Ganzen zusammenzufügen, wirkt das Gesamtbild mit jedem Puzzleteil, dass man dem Publikum zuspielt, unstimmiger.
Die Story, als Hommage an Thomas Manns Novelle „Der Zauberberg“ irgendwo angesiedelt zwischen „Einer flog über das Kuckucksnest“ und „Willkommen in Wellville“, verliert nach zwei geerdeten Dritteln im Letzten leider jegliche Bodenhaftung, driftet stattdessen krude in übernatürliche Fantasy-Gefilde ab, um sich dann zu guter Letzt sogar noch in grotesken Body-Horror zu flüchten…
Hier tritt zudem die größte Kinderkrankheit zutage, die sich quer durch Gore Verbinskis bisheriges Schaffen zieht, von Karibikpiraten bis zu einsamen Cowboys: Mit stattlichen 147 Minuten ist „A Cure for Wellness“ schlichtweg zu lang geraten.
Fazit
Optisch und atmosphärisch ein Hochgenuss, hintenraus mit etwas Verdruss: Mit seinem Comeback „A Cure for Wellness“ serviert Gore Verbinski ein exzellent gefilmtes Mysterydrama, dessen visuelle Opulenz nicht auf die Dauer den verworrenen, überladenen Plot kaschieren kann. Trotz „Style over Substance“ ist der Film aber nicht nur für Genrefans zumindest eine einmalige „Einweisung“ wert.
Im Zweifelsfall gilt: Gute Besserung!
Unsere Wertung:
© Twentieth Century Fox Germany