Mit A Quiet Place: Tag Eins erscheint ein weiteres Prequel im bisher so enttäuschenden Kinosommer. Auch durch die Kinokrise blickt man mit Skepsis auf die Idee, zum Konzept Sci-Fi-Horror eine Vorgeschichte zu erzählen. Wir haben den Film bereits gesehen und verraten euch, ob ihr eine Pause von der Fußball-EM einlegen solltet oder nicht.
Titel | A Quiet Place: Tag Eins |
Jahr | 2024 |
Land | United States of America |
Regie | Michael Sarnoski |
Genres | Horror, Science Fiction, Thriller |
Darsteller | Lupita Nyong'o, Joseph Quinn, Alex Wolff, Djimon Hounsou, Eliane Umuhire, Takunda Khumalo, Alfie Todd, Avy-Berry Worrall, Ronnie Le Drew, Benjamin Wong, Michael Roberts, Gavin Fleming, Elijah Ungvary, Alexander John, Thara Schöön, Thea Butler, Choy-Ling Man |
Länge | 100 Minuten |
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Die Story von A Quiet Place: Tag Eins
Sam (Lupita Nyong’o) fristet ihr Dasein in einer Pflegeeinrichtung außerhalb von New York City. Als ihr Pfleger Reuben (Alex Wolff) sie durch einen Trick in die Stadt lockt, frohlockt Sam ob der Aussicht auf eine vernünftige Pizza. Als sie allerdings feststellen muss, dass sie sich ein Puppenspiel ansehen muss, ist das nicht die einzige Überraschung. Denn wie aus dem Nichts kommt es zu Meteoriten artigen Einschlägen, die Sam ausknocken. Schnell wird klar: Eine Alienspezies hat es auf die Erde abgesehen. Die Kreaturen greifen sich alles, was menschlich ist und scheinen sich lediglich durch akustische Wahrnehmung angelockt zu werden. Daher heißt es für Sam und alle anderen Menschen – absolute Ruhe! …
Prequel-Time in Hollywood
Anscheinend hat Hollywood nach den Legacy-Nostalgie-Sequels wieder Gefallen an Prequels gefunden. Denn nach Furiosa – A Mad Max Saga liefert Paramount unter der Regie von Michael Sarnoski die Geschichte zur Invasion der Alienkreaturen aus den beiden vorherigen A Quiet Place-Filmen. Stutzt man zunächst bei der Wahl, den Pig – Macher und Drehbuchautoren mit der Regie eines großen Sommer-Blockbusters mit 100 Millionen Dollar Budget zu betrauen, sollte man wissen, dass John Krasinski, kreativer Kopf der Reihe, persönlich an Sarnoski herantrat und ihm den Posten offerierte. Weshalb er dies tat, erscheint im Nachhinein schlüssig. Denn A Quiet Place: Tag Eins mag im Marketing noch so sehr auf großes Sommer-Event-Entertainment getrimmt worden sein – der fertige Film ist noch viel deutlicher als seine Vorgänger ein Kammerspiel-Drama mit kurzen, vor allem lauten jump scare– Einlagen.
Statt eines Porträits der Familie Abott und ihres Lebens in einer Welt der Stille blickt der Film auf Samira, die aufgrund einer nicht näher definierten Erkrankung dem Tod entgegenblickt und nach einem letzten Erlebnis sucht, auch wenn es lediglich ein Stück Pizza aus NYC sein soll. Weil nur eine knappe Einführung erfolgt, bis die Aliens ihre Invasion beginnen, muss sich Sarnoski auf das Charisma und die nonverbale Spielkunst seiner Hauptdarstellerin Lupita Nyong’o verlassen. Deren Augen allein müssen neben der obligatorischen Hand vor dem Mund ihre Emotionen transportieren und Nyong’o gelingt dies formidabel. Doch ihr Weg durch das zerstörte New York wirkt wie eine Art gehendes road movie, welches sich von einem grauen Ort zum nächsten hangelt, ohne auch nur ein einziges sehenswertes Setpiece zu präsentieren.
Inszenatorische Stangenware mit wiederkehrenden Mustern
Ganz im Gegenteil hat man das Gefühl, dass aus einem womöglich sehr kleinem Film auf Biegen und Brechen ein großer Sommer-Blockbuster gezimmert werden musste. Und so stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die durchaus interessante Prämisse der akustisch sensiblen Monster überhaupt eine Art Franchise tragen kann, welches sich das produzierende Studio Paramount erhofft. Für uns beantwortet der Prequel-Teil diese mit einem recht eindeutigen Nein. Denn auch, wenn der Ansatz, die Invasion aus der Perspektive einer todkranken Hauptfigur zu erzählen, zu Beginn durchaus spannend anmutet, verliert sich dieser im Laufe des Films zunehmend. So umgeht man zwar die übliche Prequel-Problematik der fehlenden Bedrohung für tragende Figuren, doch ist aufgrund von Samiras Krankheit recht früh der mögliche Ausgang klar.
Zudem verschenkt A Quiet Place: Tag Eins viel seinen vorhandenen Potenzials. Denn nach dem ruhigen Beginn startet das Chaos unvermittelt. Vor allem das in Staubwolken getränkte Manhattan weckt Erinnerungen an die Terroranschläge des 11. September 2001 und könnte besser ausgespielt für Spannungsmomente genutzt werden. Doch Sarnoski zeigt kein Gespür für derartigeSzenen und spult sie nach bekanntem Muster ab. Da werden vor den sich anbahnenden Alienangriffen die Lautstärkeregler komplett untergedreht, um dann vor allem akustisch zu kraftmeiern. So verkommen die zahlreichen jump scares zum reinen Selbstzweck und erzeugen keinerlei Spannung. Auch fehlt es Sarnoski an inszenatorischen Kniffen, um seinen Film abwechslungsreicher zu inszenieren. So stellen sich recht schnell Ermüdungserscheinungen beim Publikum ein.
Zäh, uninspiriert, monoton…
Dass er hinter der Kamera auf bewährte Kräfte setzt, ist zwar verständlich. Doch seinem Kameramann Pat Scola gelingen keinerlei Bilder, die herausstechen oder in Erinnerung bleiben. Gleiches gilt für den Score von Alexis Grapsas, der Marco Beltrami ablöst und nicht mehr als durchschnittliche Kompositionen abliefert. Diese genannten Aspekte könnten weniger stark ins Gewicht fallen, wenn neben Samira noch weitere Figuren auftauchten, die ansatzweise interessant wären. Aber leider wirken die Begegnungen mit Menschen beliebig und dienen lediglich dazu, die nächste Attacke vorzubereiten. Ein Alex Wolff, als Pfleger Reuben Samiras größte Bezugsperson, wird völlig verschenkt. Und auch das Auftreten von Joseph Quinns Figur Eric wirkt eher bemüht als logisch und organisch in die Handlung eingebettet. Zudem ist sein Hintergrund maximal rudimentär ausgebildet und trieft vor Klischees. Er erscheint als junger, vital wirkender Mann lediglich als bewusst eingebauter Gegenpunkt zur von Krankheit und Lebensmüdigkeit gezeichneten Samira denn als richtige Figur.
Eine weitere Schwäche brockt sich A Quiet Place: Tag Eins selbst ein. Weil unbekannte Figuren interagieren müssen, ohne sprechen zu dürfen, fällt das Aufbauen einer Verbindung schwer. Bei der Familie Abbott konnte man die Familiendynamik noch wortlos und mit Gestik und Mimik zeigen, während nun zwei unbekannte Figuren eine Connection aufbauen sollen, ohne viele Worte miteinander wechseln zu können. Zudem nutzt Sarnoski das schauspielerische Potenzial von Nyong’o dann doch zu wenig aus und lässt Blicken und nonverbalen Momenten wenig Raum, weil er zwischendurch noch ein paar Spannungsmomente und Actionszenen zeigen muss. Die beste davon spielt in einem Abwasserkanal und ist durchaus mitfiebernd gestaltet. Aber insgesamt wirkt der Film wie ein gewollter Versuch, einer bisher soliden Reihe neue, aber uninteressante Aspekte abzugewinnen. Da helfen auch keine Sequenzen, in denen ein wenig mehr von den Kreaturen und ihren Nachkommen zu sehen ist. Denn auch sie wirken wir mühsam und wenig organisch eingebaute Vertiefungen, nach denen das Publikum nie dürstete.
Unser Fazit zu A Quiet Place: Tag Eins
Viel Stille um Nichts – A Quiet Place: Tag Eins funktioniert weder als Prequel-Geschichte noch als intimes Drama mit unterschiedlichen Kammerspiel-Settings. Den Handlungsort New York lässt man fast vollständig ungenutzt und die wenigen Attacken der Aliens sind unspektakulär bebildert. Lupita Nyong’o trägt zwar als körperlich gebrechliche, aber willensstarke Samira mühelos den Film, doch ihre wie auch Joseph Quinns Figur können durch die Limitierung auf nonverbalen Kommunikationsmittel nicht so richtig connecten, um beim Publikum große Emotionen zu wecken. Die einzige echte Überraschung stellt sich beim Blick auf die Laufzeit ein. Denn die knapp 100 Minuten Laufzeit wirken angenehm knapp, ziehen sich aber wie Kaugummi und fühlen sich wie zweieinhalb Stunden an. Dies liegt auch an dem immer wiederkehrenden und ermüdenden Zyklus aus -Figur schleicht – erzeugt Lärm- muss flüchten. Kurzum: A Boring Place: Tag Eins.
A Quiet Place: Tag Eins startet am 27. Juni 2024 in den deutschen Kinos.
Unsere Wertung:
© Paramount Pictures