David Fincher debütiert mit Alien³ im Filmgeschäft, verstimmte Fans und Kritiker und schuf dennoch den Geheimtipp des ursprünglichen Franchise!
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Titel | Alien 3 |
Jahr | 1992 |
Land | United States of America |
Regie | David Fincher |
Genres | Science Fiction, Action, Horror |
Darsteller | Sigourney Weaver, Charles S. Dutton, Charles Dance, Paul McGann, Brian Glover, Ralph Brown, Danny Webb, Christopher John Fields, Holt McCallany, Lance Henriksen, Christopher Fairbank, Carl Chase, Leon Herbert, Vincenzo Nicoli, Pete Postlethwaite, Paul Brennen, Clive Mantle, Peter Guinness, Deobia Oparei, Phil Davis, Niall Buggy, Hi Ching, Danielle Edmond, Tom Woodruff Jr. |
Länge | 114 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Disney Plus Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Freenet meinVOD |
Sieben Jahre nachdem das Publikum gemeinsam mit Leutnant Ellen Ripley durch die beklemmenden Gänge der Nostromo schlich, schickt Regie-Legende James Cameron die toughe Weltraumheldin zurück in die Weiten des Alls. Wo sie sich bei Alien im spannungsgeladenen Finale einzig mit Raffinesse und knapper Unterwäsche gegen das außerirdische Ungetüm behaupten kann, stärkt ihr in Aliens ein waffenstarrendes Militärkommando den Rücken. Nicht ohne Grund:
[…] was sie erwartet, sind Tausende!
So lautet es verheißungsvoll in der Inhaltsangabe. Aliens tauscht die beängstigende klaustrophobische Atmosphäre gegen spektakuläres Actiongetöse, ohne dabei jedoch seine Suspense-Wurzeln zu leugnen (man denke nur an die Motion-Tracker-Sequenzen!). Neben den krachenden Actiongewittern wird vielfach auch die tiefergehende Charakterzeichnung lobend erwähnt, die Ripley, zumindest im Director’s Cut, hinsichtlich ihrer familiären Situation zugestanden wird. Wenn sie nach erfolgreicher Schlacht gegen Unmengen an Xenomorphen wieder ihre mütterliche Rolle und romantische Ader ausleben kann, wird selbst dem härtesten Marine warm um’s Herz.
Vermutlich würde jeder Ripley und Corporal Hicks den verdienten Ruhestand gönnen, doch als 1992 David Fincher mit Alien³ sein Filmdebüt gab, zerschmetterte der Film sämtliche romantisierenden Vorstellungen. Gleich der Rettungskapsel zu Filmbeginn, ging der Film an den Kinokassen und bei Fans und Kritikern baden.
Dunkelheit und Nässe
Dabei orientiert sich Finchers Beitrag zum Alien-Franchise mehr am Erstling der Reihe. Statt Heerscharen an Monstern sieht sich Ripley hier wieder einem einzelnen Xenomorphen gegenüber. Anstatt gut gerüstet in den Kampf zu ziehen, sind die einzigen effektiven Waffen hier erneut Köpfchen und Einfallsreichtum.
Ripley notlandet auf dem nahezu verwaisten Planeten Fiorina 161, auf dem nur noch eine Gießerei von ehemaligen Strafgefangenen betrieben wird. Die Männer der Einrichtung leben in einer Art religiöser Gemeinschaft und einem selbst auferlegten Zölibat. Dementsprechend wird auf die plötzliche Ankunft einer Frau mit Skepsis und fragwürdigem Verhalten reagiert. Das Gerücht, mit Ripley wäre ein außerirdischer Parasit auf dem Planeten gelandet, lässt den Argwohn ihr gegenüber nur noch weiter aufflammen…
Entsprechend düster gestaltet sich die Ausgangslage: Nicht nur, dass Ripley noch vor Einsetzen der tatsächlichen Handlung sämtliche Bezugspersonen genommen werden. Sie sieht sich außerdem mit gut zwei Dutzend ehemaliger Sexual- und Gewaltverbrecher konfrontiert, für die Ripleys Eindringen die Störung ihres Friedens bedeutet. In Alien³ ist Weavers Ripley eine gebrochene Frau, die alles im Leben verloren hat, was noch irgendeine Bedeutung gehabt hätte. Die Atmosphäre ist dementsprechend den ganzen Film über trostlos und deprimierend.
Die heruntergewirtschaftete Gießerei bietet ein desolates Erscheinungsbild voll kaltem Stahl und tropfend nasser Düsternis. Als wäre dies noch nicht genug, gestaltet sich das Klima auf Fiorina 161 ebenso unwirtlich. Regenfälle und Sturmböen peitschen über die trostlose Planetenoberfläche und schwemmen jede Aussicht auf Licht und Hoffnung hinfort.
Ripleys „Fall“ von der fürsorglichen, aber kampfbereiten Löwenmutter zum maladen Opfer wird sogar noch auf die Spitze getrieben: Die einst so selbstbewusste Amazone wird in einer Szene beinahe von einer Horde geifernder Sträflinge inmitten von Schrottresten und Regenguss vergewaltigt.
Knast-Thriller mit Monster: Alien³
Auch wenn der dritte Teil der Franchise in einem gefängnisnahen Umfeld spielt, ist er natürlich noch immer ein waschechter Alien-Film und kein „Women In Prison“-Exploiter. Trotzdem erinnert Alien³ stellenweise eher an einen (Psycho-)Thriller, denn einen reinen Horrorschocker: Ripley ist allerlei Widrigkeiten ausgesetzt, gegen die sie sich behaupten muss. Seien es die männlichen Straftäter, die fehlende Ausrüstung oder natürlich der perfekte Killerorganismus in Form des Xenomorphen. Alles scheint sich gegen Ripley verschworen zu haben. Einzige Lichtblicke sind Arzt Clemens (Charles Dance: Godzilla 2: King Of The Monsters, Ironclad, Game Of Thrones) und Dillon (Charles S. Dutton), geistiger Führer der Meute.
So übel für Ripley die Ausgangslage auch ist, mit fortschreitender Handlung bessert sich ihre Situation kaum. Schnell keimt in Ripley der Verdacht auf, dass die Notlandung unbeabsichtigter Weise von einem an Bord befindlichen Alien ausgelöst wurde. Denn tatsächlich hatte sich ein Facehugger nach den Geschehnissen von Aliens an Bord geschmuggelt und sich Ripley als Wirt auserkoren. Erschwerend zu ihrer gegenwärtig schlechten Situation sieht sich Sigourney Weavers ikonische Heldin mit den Folgen einer ungewollten „Schwangerschaft“ konfrontiert. Körperlich geschwächt, muss sie sich dennoch behaupten, stellt gleichermaßen aber die Geheimwaffe der Stationsbewohner dar. Der Xenomorph wird nicht einen seiner Art töten, beziehungsweise dessen notwendigen Wirt erlegen. Denn zu allem Überfluss trägt Ripley die Zukunft für weitere Xenomorphen in sich: Der Embryo in ihrem Körper wird zu einer Alien-Königin heranwachsen.
Die Gefahr wird dieses Mal nicht nur von außen an Ripley herangetragen, sondern schlummert auch in ihrem Inneren. Wie durch die Vorgänger bekannt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Chestburster ihren Brustkorb durchstoßen wird.
Die unendlichen Weiten des… Drehbuchs
Alien³ ist in seinem Ursprung wohl das, was man als „das Eisen schmieden, so lange es heiß ist“ bezeichnet. Denn anfänglich wollte niemand der Produzenten (u. a. Walter Hill) und auch nicht Sigourney Weaver nach Aliens einen weiteren Film zur Reihe produzieren, beziehungsweise abdrehen. Doch das damalige Studio Twentieth Century Fox (nach der Übernahme durch den Disney-Konzern: 20th Century Studios) wollte nach den immensen Erfolgen des Erstlings und dessen Fortsetzung gar nicht aufhören, weitere Alien-Filme nachzuschießen. Eine lange, wendungsreiche Odyssee für Alien³ nahm somit ihren Lauf.
So sollte, um Kosten einzusparen, die Reihe mit einem Zweiteiler abgeschlossen werden, der in einem Rutsch gedreht werden sollte. Da Weaver wenig Interesse an der Fortsetzung ihrer Rolle hatte, wurde geplant, den Fokus zuerst auf Corporal Hicks zu legen. Ripley sollte erst im endgültigen vierten Teil wieder die Hauptrolle übernehmen. Wie man heute weiß, ist diese Idee nicht realisiert wurden.
Es folgten etliche weitere Versuche, die Story auf eine Linie zu bringen. Dabei wurden nicht nur Autoren, sondern auch zahlreiche mögliche Regisseure verschlissen. Letztendlich fiel die Wahl von Seiten Twentieth Century Fox‘ auf David Fincher, der zu dieser Zeit noch keinen Spielfilm gedreht hatte. Wie heute bekannt, hoffte man mit Fincher einen unerfahrenen Regisseur engagieren zu können, der sich ohne große Widerworte dem Willen des Studios unterwerfen würde.
Als Grundlage für die Story wurden schlussendlich zwei Drehbücher zusammengewürfelt. Zum Einen das von David Twohy (Gefängnis) und zum Anderen jenes von Vincent Ward (Bruchlandung und Mönchsorden fern jeglicher Technologie). Zu Drehbeginn lag aber auch dieses nicht in abgeschlossener Fassung vor und wurde noch während der Dreharbeiten stetig umgeschrieben.
Finchers Vision
Der lange Weg hin zu einem abgenickten Drehbuch, die x-fachen Änderungen am vermeintlich endgültigen Skript oder der Druck von Seiten Twentieth Century Fox‘ auf Fincher. Als einige Jahre nach der Veröffentlichung die unzureichenden Produktionsbedingungen bekannt wurden, lässt sich schnell nachempfinden, weshalb Fincher sich lieber von Alien³ distanziert.
Als 2003, also knappe 10 Jahre nach Alien³, die Alien-Quadrilogy auf dem deutschen Markt erschien, konnte mit dieser erstmals der restaurierte Rohschnitt den Fans zugänglich gemacht werden. Dieser dehnt die Laufzeit nicht nur um fast eine halbe Stunde, sondern zeigt zum Teil gravierende Änderungen im Handlungsverlauf und kleinen Details – die dem Film letzten Endes aber ein runderes Bild verleihen.
Auf die stimmungsvollsten Änderungen soll im Folgenden kurz eingegangen werden. So wird das spätere Alien nicht aus einem Hund geboren, sondern aus einem Ochsen. Das erscheint allein wegen des Größenverhältnisses von Wirt zu Parasit schlüssiger. Dass die Sträflinge einen verlebten Facehugger finden, lässt für den Kenner der Reihe andererseits keine Fragen offen, für die Stationsbewohner bleibt hier jedoch im ersten Moment stimmungsvolles Unwissen. Außerdem sorgt die erweiterte Jagd auf das Alien und der Subplot um den eigensinnigen, später zusehends wahnsinniger werdenden Golic für zusätzliche Spannung.
Schlussendlich bleibt noch die Todesszene Ripleys. In der ursprünglichen Fassung wird der abgekämpften Heldin ein friedvoller Tod zugesichert. Nach all den durchlebten Strapazen scheidet sie als Märtyrerin aus dem Leben. Sie stürzt sich in den Schmelzofen, um die Saat der zukünftigen Alien-Königin im Keim zu ersticken. Während sie im ursprünglichen Rohschnitt sanft in die feurige Glut gleitet, bricht sich in der Kinofassung der Königinnen-Embryo noch Bahn. So wird dort selbst Ripleys endgültige Erlösung von Brutalität zerschnitten.
Neben den Änderungen am Handlungsablauf besticht diese Veröffentlichung vor allem durch das Making-Of. Denn dieses enthält erstmals Worte Finchers zu den chaotischen Produktionsbedingungen und galt lange Zeit als gelöscht.
Trauer und Erlösung
Wer sich für die detaillierten Änderungen interessiert, dem sei der umfangreiche Vergleich beider Fassungen der Kollegen von Schnittberichte.com an’s Herz gelegt. Schade ist jedoch, dass die Special Edition, zumindest in der deutschen Fassung, relativ lustlos produziert wurde. Merkliche Tonsprünge und insbesondere die drastisch gelangweilte Synchronisation von Ripley schmälern den ansonsten durchweg positiven Eindruck leider.
Fazit zu Alien³
Während Alien und Aliens zu unstrittigen Klassikern des Genres avancierten, spalteten sich ab dem dritten Teil doch sehr die Gemüter. In Anbetracht der stets gleichen oder zumindest ähnlichen Prämisse der Alien-Filme, sind der Mut und die Individualität, mit der Fincher und Jeunet ihre Visionen umsetzten, nicht außer Acht zu lassen. Vor allem Finchers Alien³, der mit der emotionalen Isolation seiner Hauptfigur zu völlig neuen Ufern aufbricht, erweckt oftmals den Eindruck einer griechischen Tragödie. Die Leitmotive sind überdeutlich: Hoffnungslosigkeit und Trauer, die Figur Ripley und ihr endgültiges Schicksal. Alien³ ist ein deutlich anderer Film geworden, als es die Fans erwartet haben. Tristesse und Dunkelheit formen die ehemalige Weltraumheldin, verschlingen ihren glanzvollen Heldenmut vergangener Tage und offenbaren eine abgebrannte Frau, die sich nach dem Ende ihres endlosen Schmerzes sehnt. Dieser wird ihr, zumindest in der ursprünglichen Fassung, gewährt. Mit der selbstlosen Opfergabe endet eine Reise – doch nur für den Augenblick:
Denn in jedem Samenkorn ist die Hoffnung zu einer Blüte enthalten. Jeder Tod, ganz gleich wie klein er ist, ist auch der Beginn eines neuen Lebens, eines Neuanfangs. Amen!
Unsere Wertung:
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