Animalia entführt uns in eine Welt, in der sich bestimmte Menschen schrittweise und unaufhaltsam in Tiere verwandeln. Wie wird der Rest der Menschheit darauf reagieren und ist ein Leben mit- oder nebeneinander möglich?
Titel | Animalia |
Jahr | 2023 |
Land | Belgium |
Regie | Thomas Cailley |
Genres | Abenteuer, Drama, Science Fiction |
Darsteller | Romain Duris, Paul Kircher, Adèle Exarchopoulos, Tom Mercier, Billie Blain, Xavier Aubert, Saadia Bentaïeb, Gabriel Caballero, Iliana Khelifa, Paul Muguruza, Nathalie Richard, Tom Rivoire, Nicolas Avinée, Louise Lehry, Jean Boronat, François-Xavier Raffier, Célia Lalande, Maxime Sebile, Clément Corbiat, Sébastien Boissavit, Maëlle Benkimoun |
Länge | 130 Minuten |
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Die Handlung von Animalia
Der Familienvater François und sein 16-jähriger Sohn Émile erleiden einen Schicksalsschlag, als die Ehefrau bzw. Mutter der beiden sich schrittweise in eine Katze verwandelt und in einer speziellen Klinik untergebracht werden muss. Denn die Behörden in Frankreich verbieten es, mit sogenannten Mutanten zusammenzuleben.
Sie gelten als aggressiv und dadurch gefährlich für die restliche Gesellschaft. Auf der Suche nach Heilung zieht François mit seinem Sohn in ein verschlafenes Örtchen im Süden Frankreichs. Doch beim Transfer seiner Mutter und einiger anderer Mutanten kommt es zu einem Unfall und die sich verwandelnden Tiere finden im nahegelegenen Wald eine neue Heimat.
Während der Familienvater alles tut, um seine auseinanderbrechende Familie doch wieder zu vereinen, muss sich Émile in der neuen Schule unter den Gleichaltrigen zurechtfinden und behaupten.
Ein mutiger Ritt durch verschiedene Genres
Schon vor seinem offiziellen Kino-Release durfte sich Animalia einer größeren Aufmerksamkeit durch verschiedene Festivals erfreuen. Nominiert in der Rubrik Un Certain Regard in Cannes 2023, ausgezeichnet für die Spezialeffekte in Sitges und hierzulande zuerst aufgeführt auf dem Fantasy Filmfest kam der französische Genre-Mix gut an.
Dabei passt Animalia vor allem perfekt auf das Fantasy Filmfest, das sich mutigen, eigenwilligen und dadurch manchmal gelungenen manchmal misslungenen Genre-Filmen verschrieben hat.
Thomas Cailley, der nach dem Liebesdrama Liebe auf den ersten Schlag (2014) mit Adèle Haenel erst seinen zweiten eigenen Spielfilm verantwortet, entführt uns in ein gar nicht so unrealistisches Frankreich. Familienalltag ohne Mutter, Vater und Sohn müssen enger zusammenrücken.
Dass sich gleichzeitig Menschen langsam und allem Anschein nach unaufhaltbar in Tiere verwandeln, ist ein großartiger wie wirkungsvoller Verfremdungseffekt. Durch den Film wird so eine gewisse Beklemmung transportiert, eine Angst vor dem Fremden und der körperliche Horror der Verwandlung.
Dieser bringt durchaus einen gewissen Ekel mit sich, wenn Klauen unter den Fingernägel wachsen oder Nase und Mund durch einen durchbrechenden Schnabel verstümmelt werden.
Parallel dazu steht ein waschechtes Familiendrama im Fokus, wenn Francois verzweifelt versucht, seine Frau zu finden, um die Familie wieder zu stabilisieren. Dabei entfremdet sich ausgerechnet Sohn Émile immer mehr und geht auf seine eigene Coming-of-Age-Reise.
Neue Schule, neue Freunde, erste Liebe und die körperlichen Veränderungen der Pubertät – nur dass körperliche Veränderungen in Animalia ganz andere Konsequenzen haben können.
Gesellschaftskritik auf dem Silbertablett
Trotz seiner fantastischen und unheimlichen Momente könnte Animalia nicht weiter von einem spannungsgeladenen Genre-Reißer entfernt sein. Kurz gesagt: Die 130 Minuten sind viel zu lang geraten für die zwei Dinge, die Animalia im Kern erzählt. Zum einen Émiles Entwicklung, die sinnbildlich den Übergang vom Kind zum Mann beschreibt, und zum anderen der Umgang mit den “Menschtieren” als problematische Parallelgesellschaft.
Beides ist vorhersehbar, in seiner Aussage bekannt und auch schon häufig im Kino ausgespielt worden. Und leider liegen die Plot-Beats, die die Handlung mit neuen Impulsen vorantreiben, deutlich zu weit auseinander. Dazwischen herrscht deshalb immer wieder Leerlauf.
Faszinierend bleibt in jedem Fall der sensibel gestaltete Einblick in die Welt der Mutanten. Hier punktet größtenteils die Effektarbeit, um den körperlichen Übergangsprozess zwischen Mensch und Tier eindrucksvoll zu zeigen. Während Animalia als europäischer Genrefilm mit 15 Millionen doch üppig budgetiert ist, ist die Summe im Vergleich mit US-Produktionen doch eher bescheiden.
So mag es sicherlich dem Budget geschuldet sein, dass die im Wald sich bildende Parallelgesellschaft der Tiere größtenteils nur angedeutet wird bzw. auf einzelne Figuren (umso eindrucksvoller) beschränkt wird. Ein richtiger Einblick in die Organisation und Dynamik ergibt sich nicht und so ist es am Ende wieder die Angst des Menschen vor dem Fremden, dem Anderen, auf die er erst mit Angst und Unsicherheit und dann mit Ablehnung und Gewalt reagiert.
Animalia arbeitet dabei leider keine neuen Facetten heraus, die auch nach dem Film noch zu Diskussionen anregen würden. So ist das Schlussbild glücklicherweise der Familie überlassen und zielt auf einen emotionalen Moment ab, der trotz aller Kritik deutlich zu spüren ist.
Unser Fazit zu Animalia
Der Festival-Hit Animalia von Thomas Cailley ist ein mutiger Genre-Mix aus Familiendrama, Coming-of-Age, SciFi/Fantasy und einer Prise Body Horror. Die eigentlich so vertraut wirkende Filmwelt wird durch einen einfachen Kniff glaubhaft verfremdet, um auf metaphorische Weise eine Geschichte über das Anderssein, das Fremde und das Zusammenleben in Gesellschaften zu erzählen.
Das ist am Ende in seiner Aussage alles etwas zu einfach und oberflächlich geraten und die stolze Laufzeit von gut zwei Stunden führt in Animalia immer wieder zu Längen, die sich im verschleppten Finale mehr als deutlich herauskristallisieren. So bleibt der Film alles in allem eine etwas langatmige Seherfahrung, deren mutiger Ansatz und handwerkliche Klasse dennoch Respekt verdient.
Animalia läuft seit 11. Januar in den deutschen Kinos.
Unsere Wertung:
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