Das dritte Mal innerhalb weniger Monate kam eine Apple TV+ Produktion in die Kinos. Nach den Regielegenden Ridley Scott und Martin Scorsese wird nun Kingsman-Macher Matthew Vaughn diese Ehre zuteil. Hat Argylle diese Bühne verdient?
Titel | Argylle |
Jahr | 2024 |
Land | United Kingdom |
Regie | Matthew Vaughn |
Genres | Action, Abenteuer, Komödie |
Darsteller | Bryce Dallas Howard, Sam Rockwell, Bryan Cranston, Catherine O'Hara, Henry Cavill, Sofia Boutella, Dua Lipa, Ariana DeBose, John Cena, Samuel L. Jackson, Richard E. Grant, Stanley Morgan, Daniel Singh, Jason Fuchs, Tomás Paredes, Bobby Holland Hanton, Greg Townley, Alaa Habib, Clementine Vaughn, Raagni Sharma, Jing Lusi, Kandy Rohmann, Fiona Marr, Diljohn Singh, Emmett Scanlan, Joyce Kaminski, Mark Bernard, Tomiwa Edun, Rob Delaney, Annabella King, Liam Lau Fernandez, Andrew Barrett, Ali Ariaie, Abe Jarman, Sam Vincenti, David Bedella, Anthony Kaye, Amra Mallassi, Louis Partridge, Ben Daniels |
Länge | 139 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Apple TV Plus Kaufen: Apple TV, Google Play Movies, YouTube, Rakuten TV, maxdome Store, Microsoft Store |
Argylle – Die Story
Elly Conway (Bryce Dallas Howard) ist die zurückgezogen lebende, katzenliebende Autorin einer Reihe von Spionage-Bestsellern über den unfassbar glamourösen Geheimagenten Argylle (Henry Cavill), dessen Mission die Zerschlagung eines ruchlosen Spionagesyndikats ist. Als Elly mit Hilfe des katzenhassenden echten Spions Aidan (Sam Rockwell) entdeckt, dass ihre Geschichte die Machenschaften einer echten Spionageorganisation widerspiegelt, beginnt ein gefährliches Katz- und Mausspiel. Um den Mördern des Syndikats einen Schritt voraus zu sein und gleichzeitig eine globale Krise zu verhindern, finden sich die beiden ungleichen Verschwörer in Begleitung von Alfie, der Katze, in einer ganz eigenen Abenteuergeschichte wieder.
Uninspirierter als die fiktive Autorin einer Groschenromanreihe
Im ersten Moment klingt das Sujet nicht mal so unspannend. Die Idee, dass ein Autor oder eine Autorin in eine, womöglich auch die eigene Romanhandlung verstrickt wird, ist zwar nicht gänzlich neu, aber durch ein Spiel mit den verschiedenen Ebenen kann diese Konstruktion doch reichlich Überraschungen bereithalten. Unter anderem The Lost City mit Daniel Radcliffe, Sandra Bullock und Brad Pitt hat vor zwei Jahren mit ähnlicher Devise einen kurzweiligen Sommer-Blockbuster abgeliefert, der auch nicht besonders innovativ war, aber mit exzellentem Comedy-Timing und reichlich Selbstironie zurecht wohlwollend rezipiert wurde. Und auch Argylle beginnt ähnlich: Meta-Witz, Anflüge einer Genre-Persiflage durch überreizte Klischees und Spielfreude bekannter Stars in Parodierollen ihres Selbstbilds.
Doch sobald sich das „echte Leben“ der Autorin und ihre erdachte Agenten-Story zu verweben beginnen, bröckelt hier der Putz von den Wänden: Denn im Gegensatz zu The Lost City nimmt sich der neueste Vaugh-Film viel zu ernst für den Quatsch, den man eigentlich erzählt. Das hat zur Folge, dass die Parodie-Aspekte genauso wenig funktionieren wie die langweilige, zu lange und überaus vorhersehbare Spionage-Geschichte. Mit seinen Kingsman-Filmen hat Vaughn immerhin noch etwas Comic-artiges in seine Actionfilme eingebracht, was für ein angenehmes Tempo und eine Leichtfüßigkeit sorgte, die diesem Werk nun vollends abgeht.
Schlechter geschnitten als die Frisur des Pseudo-Agenten
Die erste Actionszene in der „Realität“ steht symptomatisch für die Belanglosigkeit und die Suche nach einer Identität innerhalb des Skripts: Denn innerhalb weniger Jahre haben wir nun zig Action-Sequenzen unterschiedlicher Güteklasse in Zügen bekommen. Man nehme beispielsweise Bullet Train, Indiana Jones 5 oder Citadel – um also hier Wirkungstreffer zu landen, muss man sich schon etwas Bahnbrechendes einfallen lassen. Das gelingt hier jedoch nicht. Vielmehr wirkt es wie „Dienst nach Vorschrift“, da man als Actionfilm anno 2024 wohl unbedingt eine Zug-Szene haben muss. Der Kampf ist dabei auch nicht sonderlich gut choreografiert und wird dann noch ständig unterbrochen, da die Protagonistin in ihrer Wahrnehmung zwischen der Rockwell- und Cavill-Figur schwankt. Durch diese Schnitte wird die Szene mehr beschnitten als aufgewertet. Eine von vielen inszenatorischen Entscheidungen Vaughns, die sich vermutlich auf dem Papier besser lasen als in der Realisierung.
Mieser gespielt als das schon mittelmäßige CGI
Schon in den Jurassic-World-Filmen hagelte es Kritik am Schauspiel von Bryce Dallas Howard. Und ihren Kritiker spielt die Tochter von Ron Howard hier einmal mehr in die Karten. Denn ihre Performance ist in Argylle eine weitere, wenn nicht die größte Schwachstelle. Ohne zu viel zu verraten, gibt es auf halber Strecke eine Wendung, die für einen Wandel ihrer Figur sorgt. Während man vorher noch einigermaßen mit ihr mitgehen kann, nimmt man ihr alles was im Anschluss passiert nicht ab. In dieser Art von Action-Rolle ist sie leider Fehl am Platz. Während ihr Partner Sam Rockwell, der sonst eher immer trottelige Figuren mimt, hier auch als seriöser Agent glänzt, gelingt Howard der Spagat zwischen den Polen ihrer Rolle nicht.
Catherine O’Hara ist in der Besetzung noch ein positiver Ausreißer, da sie Spaß an der für sie ungewohnten Rolle hat. Die anderen größeren Namen, Samuel L. Jackson, Bryan Cranston und Co. wirken gar lustlos. Sie waren sich offensichtlich der Unausgewogenheit des Skripts bewusst und lassen dies traurigerweise voll in ihr Spiel einfließen. Lediglich Cavill macht aus der Not noch eine Tugend. Doch er ist – fast schon Etikettenschwindel – nun mal trotz prominenter Platzierung in der Promo nur die (fiktionale) Nebenfigur. Er nimmt sich überhaupt nicht ernst und hat Spaß, was in den Szenen mit ihm noch gut aufs Publikum überspringt. Die andere Co-Stars sind viel zu sparsam eingesetzt, um dem Ganzen ihren Stempel aufzudrücken, was nochmals ärgerlich ist, da man versucht beispielsweise Dua-Lipa-Fans mit ihrem Mitwirken zu ködern – nur um sie dann zu enttäuschen.
Unnötig langer Showdown
In vorherigen Werken Vaughns funktionierten auch andere, softere Aspekte besser: Running Gags, die Musik, die CGI – alles ist in Argylle mittelmäßig. Und während der Regisseur oft auch schon ein Händchen für eine gute Zuspitzung in seinen Showdowns bewiesen hat, werden viele Zuschauer:innen sich vom Finale hier fast schon beleidigt fühlen. Plötzlich soll ein vermurkster Twist nach dem anderen die Kohlen aus dem Feuer holen. Doch das einzige was in diesem CGI-Murks mit schwulstiger Love-Story hängenbleiben wird, ist das Gefühl, dass die Endsequenz einfach nicht zum Punkt kommt.
Viele sind geistig womöglich zu diesem Zeitpunkt längst ausgestiegen, da der Film im Verlauf immer wieder schleppende Ruhephasen hat, die sich ziehen wie Kaugummi und nur Dinge zu Tage fördern, die sich der kundige Spionage-Geschichten-Fan eh schon gedacht haben wird. Hierfür müsste dann ein Finalakt schon andere Register ziehen, um noch einen versöhnlichen Abschluss zu schaffen. Doch hier verkommt nahezu die ganze zweite Filmhälfte zu einer Farce, die Originalität vorgaukelt und von einem Rohrkrepierer zum nächsten taumelt. Das tatsächliche Ende ist dann ebenso wenig überraschend. Das Problem der ganzen Produktion ist jedoch, dass Matthew Vaughn wohl dachte, dass es doch überraschend herüberkommt…
Unser Fazit zu Argylle
Leider ist Argylle nach Ghosted die nächste Action-Katastrophe im Filmbereich von Apple TV+. Belanglos, vorhersehbar und allenfalls dürftig vorgetragen. Die Balance zwischen Action-Komödie und ernsthafter Agenten-Geschichte misslingt auf ganzer Linie, während vereinzelte Gags noch zünden. Fast zweieinhalb Stunden sind zudem viel zu lang und ärgerlich ist, dass man nur von einem Bruchteil der Stars im Cast mehr als einen gestreckten Cameo-Auftritt bekommt. Da man nicht mal mit der Protagonistin sympathisiert, fällt es am Ende sogar schwer, den Film zumindest noch Fans von Rockwell und Cavill zu empfehlen.
Argylle startete am 1. Februar 2024 in den Kinos und ist seit 19. März per VOD zu leihen und kaufen. Im Jahresverlauf wird der Film auch bei Apple TV+ für Abonnenten zur Verfügung gestellt werden.
Unsere Wertung:
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