Nach seinem langen Ausflug ins DC-Filmuniversum kehrt Zack Snyder nun zu einem originären Stoff zurück. Ob es Fluch oder Segen war, nur seiner eigenen Vorlage treu bleiben zu müssen, erfahrt ihr in der Kritik zu Army of the Dead.
Titel | Army of the Dead |
Jahr | 2021 |
Land | United States of America |
Regie | Zack Snyder |
Genres | Action, Krimi, Horror |
Darsteller | Dave Bautista, Ella Purnell, Omari Hardwick, Ana de la Reguera, Theo Rossi, Matthias Schweighöfer, Nora Arnezeder, Hiroyuki Sanada, Garret Dillahunt, Tig Notaro, Raúl Castillo, Huma Qureshi, Samantha Win, Richard Cetrone, Michael Cassidy, Steve Corona, Chelsea Edmundson, Zach Rose, Brian Avery, David K. Maiocco, Ryan Watson, Sabine Varnes, Mónica López Aleman, Kelly Phelan, Leon Budrow, Jim Halty, Maeve Garay, Danielle Burgio, Jessica Harbeck, Joshua Caleb Horton, Natalie Marie Jaramillo, Frank Andrade, Ava Wagenman, Wayne Dalglish, Casey Messer, Ken Thong, Donna Brazile, Sean Spicer, Sheila Awasthi, Sebastian Balchand, Colby Lemmo, Marisilda Garcia, Isachar Benitez, Carolyn Wickwire, Antonio Leyba, Colin Jones, Daisy Davis, Lora Martinez-Cunningham, Athena Perample, Albert Valladares, Alexander Ward, Steve Soliz, Jordyn Aurora Aquino, Sarah Minnich, Fred Tatasciore, Gordon Tarpley, Alexander Alayon Jr., Kelly V. Lucio |
Länge | 138 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Army of the Dead – Der große Raub im gefallenen Las Vegas
Nach dem Ausbruch einer Zombie-Epidemie in Las Vegas macht sich eine Gruppe von Söldnern in die Quarantäne-Zone auf, um den größten Raubzug aller Zeiten durchzuziehen. An der Spitze des Teams steht Scott Ward (Dave Bautista), der durch die Katastrophe fast alles verloren hat und nun nicht nur die Chance erkennt, durch den Auftrag eine enorme Summe Geld zu verdienen, sondern auch alte Fehler zu korrigieren. So sieht er auch schnell die Gelegenheit, durch diese Mission seiner Tochter Kate (Ella Purnell) wieder näher zu kommen. Um in das Himmelfahrtskommando zu starten, versammelt der Söldner daraufhin einen bunten Haufen aus Wegbegleitern und Spezialisten. Dann beginnt der Wettlauf gegen die überraschend gut organisierten Zombie-Horden und gleichzeitig auch gegen die Zeit, denn in einigen Stunden soll die gefallene Stadt mit einer Atombombe von der Landkarte getilgt werden…
Unsere Kritik zu Army of the Dead:
Zack Snyder hatte für sein ganz eigenes filmisches Universum rund um Wonder Woman, Batman, Superman und Co. eine Vision. Doch von Beginn an sah er sich immer wieder heftigem Gegenwind ausgesetzt. Die einen waren mit seiner Superman-Ausrichtung unzufrieden, anderen passte sein visueller Stil nicht in ihre Vorstellung der DC-Comicwelt und wieder andere konnten sich einfach nicht so schnell nach der Nolan-Trilogie wieder an einen neuen Batman gewöhnen. Man könnte es auch einfach auf den Punkt bringen und resümieren: wer sich an Comicvorlagen mit einer derart kritischen Fangemeinde heranwagt, der braucht ein extrem dickes Fell. Erst nachdem seine Fans jahrelang um die Veröffentlichung seiner Schnittfassung von Justice League gekämpft haben, hat der Visionär die späte Genugtuung für seinen ambitionierten Beitrag zum DC-Universum bekommen.
Auch vor Man of Steel wagte sich Snyder mit 300 und Watchmen schon einmal an Comic-Vorlagen heran, doch im Anschluss daran versuchte er sich mit Sucker Punch an der Umsetzung einer eigenen Geschichte. Seine ausgeflippte “Alice im Wunderland”-Variation mit Maschinengewehren kam weder bei Kritikern noch bei Fans gut weg. Army of the Dead ist nun also nach seinen “Lehrjahren” im DCEU wieder ein Projekt für Snyder, bei dem er sich nicht der Erwartungshaltung dogmatischer Fans stellen muss. Doch waren die “Fesseln”, die die Adaption eines bekannten Stoffes birgt, tatsächlich Hemmschuh seiner kreativen Vision, oder ist es vielleicht sogar besser, wenn sich Snyder an gewissen unverrückbaren Etappen einer Geschichte entlang hangeln muss/kann?
Zurück zu Snyders Zombie-Wurzeln
Mit Army of the Dead kehrt der Regisseur gleichzeitig auch ein Stück weit zu seinen Wurzeln zurück. Denn sein erster Spielfilm war mit dem Dawn of the Dead-Remake von 2004 auch ein Zombie-Film, wenn auch ein gänzlich anderer. Im Folgenden wird nun aber nicht nur geklärt, ob Snyder tatsächlich endlich schafft, losgelöst von fremden Vorlagen einen guten Film abzuliefern. Vielmehr wird auch deutlich werden, dass der Autor Zack Snyder auch hier nicht gänzlich ohne schon Dagewesenes arbeitet. So viel sei an dieser Stelle jedoch schon verraten: hier wird sich bei den richtigen Vorbildern bedient!
Das Intro heizt die Stimmung perfekt an
Gleich die Eröffnungscredits nach einem kompakten Prolog orientieren sich am Intro von Watchmen. Zu einer Coverversion von “Viva Las Vegas” wird im Schnelldurchlauf die Eroberung von Las Vegas durch die Zombies abgehandelt. Außerdem führt er hier auch direkt die Hauptfiguren samt ihrer Vorgeschichte ein. Schon innerhalb dieser ersten Minuten fließt dabei einiges an Blut und Gedärm, sodass man sehr früh weiß, dass dieses Netflix-Prestigeprojekt einzig und allein für die erwachsenen Abonnenten gemacht wurde. Ebenfalls macht schon der Beginn deutlich, wie hochwertig diese Produktion ist. Die Splatter-Effekte sind absolut großartig, die Massenszenen super orchestriert und nicht wenige Bilder möchte man sich direkt eingerahmt an die Wand hängen. Nach dem Intro von Army of the Dead ist man perfekt eingestimmt auf den actionreichen Trip, der darauf folgen soll.
Ein neues Team wächst schnell zusammen und ans Herz
Das Zusammensammeln des Teams für den Coup durch Scott Warden erfolgt dann nach dem gängigen Schema des Teambuildings à la Hollywood-Blockbuster. Szene für Szene wächst die Gruppe und jedes neue Mitglied wird innerhalb einer kurzen Kennenlernensequenz in Funktion und Charakter vorgestellt. Das ist wenig innovativ, aber bewährt und funktioniert hier wieder ganz gut, um dem Zuschauer genug Zeit einzuräumen, sich die vielen Figuren einprägen zu können. Doch etwas eigenständiger wird das Kapitel durch ein paar gezielte Anspielungen darauf, dass man sich des routinemäßigen Vortrags bewusst ist. Gekonnt spielt Snyder hierbei mit den Erwartungen, und ein Running Gag über die Verteilung der Beute zündet ebenfalls voll.
Für Army of the Dead hat man nunmal den Anspruch im Becken der großen Franchises mitschwimmen zu dürfen. Dementsprechend ist dies der Versuch, ein Team zu etablieren, dass quasi nur aus einigermaßen komplexen Figuren besteht. Dabei muss wirklich lobend erwähnt werden, dass selbst die Rollen, von denen man anfangs glaubt, sie wären wirklich nur als Comic Relief geschrieben worden, in wenigen Szenen so viele Facetten bekommen, dass sie weder das Publikum nerven und ihm schon gar nicht egal sind. Allein dafür braucht es die stolze Laufzeit von knapp zweieinhalb Stunden.
Die Gefährten für den Coup
Die Helden der namhaften Vorbilder, wie zum Beispiel die Gefährten aus der Herr der Ringe – Trilogie oder die “Familie” aus den Fast and Furious – Filmen, haben natürlich mehrere Filme und einige Jahre an Vorsprung, um jeweils ein Fandome hinter sich aufzubauen. Alleine, dass man von vielen der Figuren aus diesem Zombie-Film gerne mehr gesehen hätte bzw. sehen würde, ist schon einmal ein Achtungserfolg. Die Pläne, die Marke seitens Netflix groß aufzuziehen, sind längst bekannt. Entgegen vieler Unkenrufe nach den ersten, eher beliebig wirkenden Trailern und den Postern, die auf jedem Quadratzentimeter nach Coolness zu schreien schienen, hat man mit diesem Auftaktfilm ad hoc eine Filmwelt erschaffen können, die tatsächlich weiter entdeckt werden will.
Zombies sind nicht gleich Zombies
Auch bei den Zombies in Army of the Dead werden bei vielen Zuschauern Erinnerungen eher an andere Genres geweckt werden. Die Kreaturen hier sind nicht die klassischen, langsam schlürfenden Untoten, die man noch und nöcher aus dutzenden Zombie-Klassikern kennt. Am ehesten innerhalb der direkten Konkurrenz lassen sie sich noch mit denen aus I Am Legend vergleichen. Auch hier gibt es unterschiedliche Klassen von Zombies und einen Anführer, wie eben “Alpha” im Actionfilm mit Will Smith. Zudem kann sich die Armee der Untoten gut organisieren und von “Schleichen” kann absolut keine Rede sein.
Durch diese “intelligenten” Zombies bekommen die Söldner ebenbürtige Gegenspieler und nicht nur Kanonenfutter. Auch beim Design hebt man sich deutlich von anderen Genrefilmen ab. Speziell der Häuptling der Horden sieht mit seinem hochwertigen Maskenbild richtig furchteinflößend aus und wirkt wiederum so, als hätte man sich mehr von den Uruk-hai aus Der Herr der Ringe inspirieren lassen, als von den langweiligen Standardzombies aus beispielsweise Zombieland.
Lost Vegas ist in Army of the Dead zum Niederknien
Nicht nur bei den Masken und Kostümen sieht man Army of the Dead die Liebe zum Detail und das hohe Budget gleichermaßen an. Was man hier an Set-Bau betrieben hat, sucht seinesgleichen. Das zerstörte Las Vegas wirkt so echt, als hätte man für den Dreh tatsächlich eine Horde von Monstern über den legendären Strip ziehen lassen. Zusätzlich hat man für die wichtigsten Szenen Locations kreiert, die allesamt durch die detailverliebte Ausstattung extrem lebensecht wirken. Herausragend ist im Speziellen eine Kampfsequenz in einem Tunnel mit “schlafenden” Zombies, die durch perfekten Lichteinsatz und Schnitt einen hohen Immersionsgrad erzeugt. Nicht nur dieser Part schaut fantastisch aus. Insgesamt kann man audiovisuell an dieser Produktion nicht wirklich etwas aussetzen. Vom Zombie-Tiger bis zum Showdown im Casino sieht alles nach Blockbuster anno 2021 aus und sollte eigentlich auf der Kinoleinwand erlebt werden.
Geradliniger Zombie-Heist mit bekannten Tropen
Bei der Story verlässt sich Snyder erneut auf altbewährte Versatzstücke, mit denen man auch kaum ein Risiko eingeht. Hierbei hätte dem Skript etwas Mut zu unerwarteten Wendungen zwar gut ins Gesicht gestanden, der Unterhaltung Abbruch tut die Geradlinigkeit jedoch kaum. Im Großen und Ganzen ist Army of the Dead eher ein klassisches Heist-Movie im Zombie-Film-Gewand, als umgekehrt. Wer nach dem Splatter-Intro glaubt, es ginge nun noch zwei Stunden so weiter, der wird im Mittelteil sicherlich etwas Durchhaltevermögen brauchen. Nach dem rasanten Beginn folgt nämlich die besagte Teamfindung, sowie die Planungsphase des Raubzugs, für die man sich doch einiges an Zeit nimmt. Damit wandert man auf den Oceans-Pfaden und spielt auch hier, wenn auch nie wirklich in letzter Konsequenz, mit der Erwartungshaltung der Zuschauer.
Mit Twists hält man sich zwar zurück, aber für die ein oder andere Überraschung der anderen Art ist trotzdem gesorgt. Spoiler werden hier wie immer natürlich vermieden, aber während man Snyder für die offensichtliche Orientierung an den Erfolgsrezepten der großen Blockbuster-Marken noch fehlenden Mut unterstellen kann, kann man dies mitnichten tun, wenn es um den Umgang mit den Figuren im Film geht.
Viele Figuren, die schnell Profil bekommen
Und so sollen zu guter Letzt natürlich auch noch ein paar Worte zum bunten Haufen, den Zack Snyder hier ins Gefecht schickt, geschrieben werden. Allen voran muss man als Dreh- und Angelpunkt Dave Bautista hier loben. Der Ex-Wrestler hat sich endgültig zu einer Art Anti-Rock gemausert. Er schafft es, ohne die alles überstrahlende Aura eines Dwayne Johnson allein durch seine Mischung aus leichter Tapsigkeit und einer Ehrlichkeit, die man ihm in jeder Einstellung abnimmt, trotz fehlendem Talent zur pathetischen Rede, gleichzeitig den liebenswerten Vater und den wortkargen Anführer zu spielen. Speziell die Dynamik zwischen ihm und seiner Filmtochter Ella Purnell ist der emotionale Anker dieses Actionreißers.
Neben Bautista fällt jedoch keiner wirklich ab. Die ganze Truppe wird schön ein- und zusammengeführt, und alle Darstellenden haben sichtbar Spaß. Für den ein oder anderen Lacher sorgt das Zusammenspiel zwischen Schweighöfer und Hardwick, die hier das Pendant zu Tej und Roman aus dem Fast and Furious – Franchise spielen. Dabei sitzt zwar nicht jeder Gag und an der Figur “Dieter” von Matthias Schweighöfer werden sich die Geister scheiden. Mich persönlich hat seine Performance nach anfänglichen Holprigkeiten dann aber doch positiv überrascht und schon jetzt Lust auf das Spin-Off rund um seinen deutschen Safeknacker gemacht.
Starke Frauen gegen die Zombie-Armee
Die Frauenfiguren in Army of the Dead sind insgesamt auch wirklich stark. Alle hier angemessen zu würdigen, würde leider ins Endlose abdriften, aber zu zwei Leistungen sollen doch noch ein paar Silben fallen. Erstens ist das Nora Arnezeder, die als toughe “Kojotin” hier in den Actionszenen heraussticht und zweitens Tig Notaro, die als Pilotin mit ihren alles andere als aufgesetzt wirkenden flapsigen Sprüchen Crewmitglieder wie Publikum gleichsam aufs positivste vor den Kopf zu stoßen weiß. Es ist wirklich erfrischend zu sehen, dass hier zwei archetypische Rollen der klassischen Heist-Movie-Crew von Frauen verkörpert werden, und diese ihre männlichen Vorgänger allesamt vergessen machen.
Unser Fazit zu Army of the Dead
Zack Snyder hat nun also die DC-Welt (vorerst?) hinter sich gelassen und widmet sich einem eigenen ambitionierten Filmuniversum. Dabei verlässt er sich an vielen Stellen auf altbewährte Strukturen und reichert diese mit seinem unverkennbaren visuellen Stil an. Daraus entsteht mit Army of the Dead ein vielversprechender Auftakt für ein Franchise, dass sich auf die Fahnen geschrieben hat, die Zombie-Thematik neu zu denken. Die Action ist bombastisch und die ganze Geschichte wahnsinnig spannend inszeniert. Dass der Film auch für sich allein stehen kann, ist genauso hoch einzuschätzen, wie die Detailverliebtheit und die exzellente Charakterarbeit.
Demgegenüber steht, dass man dadurch im Mitteldrittel etwas an Fahrt einbüßt und die epische Lauflänge dann doch etwas schlaucht. Außerdem wird man kaum den ganz großen Aha-Moment erleben oder von neuen Elementen im Heist-Movie-Genre überrascht. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt auch hier, dass diese Schauwerte eigentlich für die große Leinwand gemacht sind. Trotzdem ist diese Netflix-Produktion extrem unterhaltsam und hat das Herz am rechten Fleck.
Army of the Dead ist ab dem 21. Mai bei Netflix abrufbar!
Unsere Wertung:
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