In Avalon – Spiel um Dein Leben lässt Filmemacher Mamoru Oshii nach dem Anime Ghost in the Shell ein weiteres Mal eine Heldin zwischen zwei Welten wechseln. Ob er dies auch als Realfilm so überzeugend hinbekommt, erfahrt ihr in unserer Review!
Titel | Avalon - Spiel um dein Leben |
Jahr | 2001 |
Land | Japan |
Regie | Mamoru Oshii |
Genres | Action, Science Fiction |
Darsteller | Małgorzata Foremniak, Władysław Kowalski, Jerzy Gudejko, Dariusz Biskupski, Bartłomiej Świderski, Katarzyna Bargiełowska, Alicja Sapryk, Zuzanna Kasz, Adam Szyszkowski, Marek Stawinski, Michał Breitenwald, Krzysztof Szczerbiński, Jarosław Budnik, Andrzej Dębski, Elzbieta Towarnicka |
Länge | 106 Minuten |
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Die Handlung von Avalon – Spiel um Dein Leben
Ash (Malgorzata Foremniak) lebt in einer trostlosen Welt der nahen Zukunft. Sie verdient ihren Lebensunterhalt im illegalen VR-Spiel „Avalon“, ein Kriegsspiel, in dem sie als eine der besten SpilerInnen gilt. Hier erteilt der Game Master (Wladyslaw Kowalski) ihr Aufträge, die sie ausführt und somit Stufe für Stufe aufsteigt. Der Aufenthalt in der virtuellen Welt ist nicht ungefährlich, in höheren Spielstufen kann die Auslöschung der eigenen Spielfigur zum Hirntod führen. Bevor Ash zur Solospielerin wurde, gehörte sie dem erfolgreichen Team Wizard an. Dieses hatte sich jedoch nach dem virtuellen Tod ihres Anführers Murphy (Jerzy Gudejko) aufgelöst, der seither als leere Hülle in einem Krankenhausbett vor sich hin vegitiert.
Von ihrem ehemaligen Mitstreiter Stunner (Bartlomiej Swiderski) erfährt Ash eines Tages, dass die Geister verstorbener Spieler in einer geheimen Ebene von „Avalon“ weiterexistieren sollen. Weil sie sich für Murphys Tod verantwortlich fühlt, entwickelt die Profispielerin die fixe Idee, dorthin vorzustoßen und seinen Geist zu befreien. Zusammen mit dem undurchsichtigen Erzbischof (Dariusz Biskupski) stellt sie ein neues Team auf…
Zwischen zwei Realitäten
Wer sich beim Namen Mamoru Oshii mit Avalon – Spiel um Dein Leben eine opulente Mischung seines Anime-Klassikers Ghost in the Shell (1995) mit dem damals aktuellen Blockbusters Matrix (1999) erwartet, dürfte schon nach wenigen Minuten ernüchtert dreinschauen. Die in Polen realisierte japanisch-polnische Koproduktion kann es optisch in keinster Weise mit dem Sci-Fi-Actioner aus Hollywood aufnehmen. Das war aber auch sicherlich nicht das Ziel. In der Darstellung seiner virtuellen Welt setzt er auf eine bronzen farbverfremdete Verbindung von realen Aufnahmen, die mit digitalen Computereffekten vermischt werden. Sie setzt sich damit von den Bildern der realen Welt ab, die in ihren Farben entsättigt und durch Weichzeichner wie von einem Schleier überlagert erscheint. Das erzielt den Effekt, dass sich das Spiel zwar deutlich davon abhebt, aber trotz der ganzen verlockenden Abenteuer gleichermaßen trist wirkt.
Ein Action-Spektakel braucht man hier sowieso nicht erwarten. Es gibt zwar einige durch Computer-Animationen unterstützte Feuergefechte von Ash als Solospielerin oder im Team, welche jedoch eher träge aus statischen Einstellungen montiert worden sind. Oshii interessiert sich, wie schon bei Ghost in the Shell, mehr dafür, wie unterschiedlich sich seine Protagonistin durch die beiden Welten bewegt. Und wie sie in beiden Welten von ihrer Umgebung wahrgenommen wird. Während sie in der Realität ein unscheinbares Leben führt, ist sie im Spiel eine gefürchtete Kriegerin. Leider findet Oshii in Avalon – Spiel um Dein Leben nur selten ein probates erzählerisches Mittel, um dies nachdrücklich auszuformulieren. Es wird nie wirklich klar, welchen Stellenwert das illegale Spiel für die Gesellschaft dieser Dystopie innehat. Man bekommt nur eine vage Ahnung davon, warum die teilnehmenden Spieler für ihre Erfolge bezahlt werden.
Ein ungeklärtes Rätsel
Es herrscht über weite Strecken eine sehr depressive Atmosphäre zu. Als dystopischer Anstrich dieser Thematik kann man das durchaus als sehr gelungen bezeichnen. Allerdings entwickelt sich die Geschichte um Ash, ihre Schuldgefühle und die Offenbarung der geheimen Ebene des Spiels nur sehr langsam. Je mehr die Protagonistin sich in die Suche nach Murphy stürzt, desto intensiver betreibt sie Nachforschungen über die Geschichte des Spiels. In der echten Welt verlieren sich die Spuren ins Nichts, während im Spiel der Bischof ihr nur mehrdeutige Informationen gewährt. Das Abtauchen in die letzte Ebene wartet dann mit einer letzten, doppelbödigen Überraschung auf. Das Finale wird zudem von einem Opernstück begleitet, das wiederum das Spiel und seine Geschichte besingt. Es ist ein letztes Aufbäumen, es soll Großes suggerieren und eine Legende aufbauen. Dazu schwingt sich die während des gesamten Films eher zurückhaltende Musik von Kenji Kawai in diesem Moment zu ungeahnter Imposanz auf.
Da sich Avalon – Spiel um Dein Leben eben nicht als Actionfilm oder Detektivkrimi definitert, rücken die Charaktere, ob alleinstehend in der Welt oder als Gruppe im Spiel, wie auch die Erzählung an sich mehr in den Vordergrund. Die Realität scheint unaufgeregt, das Leben verläuft in eng geregelten Bahnen, Überraschungen bleiben aus. Für Ash dient das Spiel nach einiger Zeit nicht nur als Flucht hieraus, sondern macht durch ihre Nachforschungen plötzlich ihr echtes Leben einigermaßen interessant. Dennoch bleibt ihr „Avalon“, das immer wieder Bezüge zur Artussage offenbart, als Mysterium verschlossen. Das ist auch der Grund, warum die Geschichte sein Publikum letztlich genauso unbefriedigt zurücklässt. Spiel und Film offenbaren keine Geheimnisse über sich und das Leben, sondern nur über die Protagonistin und dem darüber reflektierenden Individuum, das vor dem Bildschirm sitzt und die Geschichte verfolgt.
Unser Fazit zu Avalon – Spiel um Dein Leben
Wer Action und Abenteuer in virtuellen Welten erwartet, dürfte einigermaßen von Avalon – Spiel um Dein Leben enttäuscht werden. Mamoru Oshii ist eher an einem philosophischen Diskurs über den Sinn des Lebens in einer auf zielgerichteten Fortschritt und gleichmachender Routine bestimmten Welt aus. Das erweist sich als genauso sperrig wie stellenweise reizvoll. Das virtuelle „Avalon“ erscheint auf der eine Seite schon seltsam faszinierend und fremdartig, aber dann wieder genauso trist und leer wie die Welt, aus der es einen Ausweg bietet. Avalon – Spiel um Dein Leben ist gewiss kein zweiter Matrix und auch kein Film für die breite Masse. Er richtet sich eher an Oshii-Puristen, die ihn auch für sein Frühwerk und nicht nur den Anime-Klassiker Ghost in the Shell bewundern. Und für diese ist er auf jeden Fall auch empfehlenswert.
Eine lohnenswerte Veröffentlichung
Das Mediabook zu Avalon – Spiel um Dein Leben aus dem Hause PLAION Pictures bietet für Fans ein Rundumsorglos-Paket. Es enthält eine Bonus-Blu-ray mit Making-of Featurettes, einer Dokumentation in Spielfilmlänge und einem Interview mit Mamoru Oshii, indem er seine Vision tiefergehend erläutert. Im 20-seitigen Booklet findet sich zudem ein interessanter Essay von Stefan Jung.
Avalon – Spiel um Dein Leben ist seit dem 27. Juli 2023 im Handel erhältlich!
Unsere Wertung:
© PLAION Pictures