Auch in diesem Jahr werden wieder Horror-Kurzfilme zu einer Langfassung aufgeblasen – gelingt das bei Baghead besser als sonst oder geht der Horrorfilm ähnlich baden wie zuletzt Night Swim?
Titel | Baghead |
Jahr | 2023 |
Land | Germany |
Regie | Alberto Corredor |
Genres | Horror |
Darsteller | Freya Allan, Jeremy Irvine, Ruby Barker, Peter Mullan, Anne Müller, Svenja Jung, Ned Dennehy, Julika Jenkins, Saffron Burrows, Felix Römer |
Länge | 95 Minuten |
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Die Handlung von Baghead
Die abgebrannte und von Couch zu Couch surfende Iris (Freya Allan) hat seit vielen Jahren nichts mehr von ihrem Vater Owen (Peter Mullan) gehört, seit dieser die Familie verlassen hat. Als sie schließlich die Nachricht über dessen Tod erreicht, erbt sie ein alteingesessenes Pub in Berlin. Nach und nach erfährt sie, was ihr Vater dort eigentlich getrieben hat und was die namensgebende Kreatur Baghead im Keller des Etablissements damit zu tun hat.
Vor allem der junge Mann Neil (Jeremy Irvine), der vor Kurzem seine Frau verloren hat, zeigt großes Interesse an dem mysteriösen Wesen und dessen besonderen Fähigkeiten. Er ist sogar bereit dafür hohe Summen zu zahlen, um den Keller betreten und Kontakt aufnehmen zu dürfen. Doch schnell muss Iris feststellen, dass die Situation außer Kontrolle gerät und sich aus der lukrativen Einnahmequelle deutlich mehr Ärger als Gewinn ergibt.
Aus kurz mach lang
Wer kann als Horror-Fan nicht unzählige Kurzfilme aufzählen, die eine Langfassung spendiert bekommen haben? Das Auswalzen von kreativen Grusel- oder Schockideen hat Hochkonjunktur. In diesem Jahr folgt auf den Blumhouse-Film Night Swim schon die nächste Adaption in Form von Baghead.
Es ist dem Italiener Alberto Corredor mehr als zu gönnen, dass er seinen gleichnamigen Kurzfilm von 2017 mit mutmaßlich 10 Millionen € Budget neu aufziehen durfte. Problematisch ist vielmehr der sich festigende Eindruck, dass Produzenten auf der Suche nach Stoffen mittlerweile wahllos zu Kurzfilmen zu greifen, ganz egal, ob diese ein Publikums-Hit waren oder nicht.
Das lustigerweise von Night Swim Macher Bryce McGuire mit geschriebene Drehbuch ist nun auch ein Musterbeispiel dafür, dass eine gute Idee kein Selbstläufer für einen abendfüllenden Spielfilm ist.
Es braucht schon einen größeren Spannungsbogen, interessante Charaktere und eine Handlung, die neben der Grusel- und Schockmomente bei der Stange hält.
Hier fällt die Mängelliste bei Baghead länger aus, als es hier dargestellt werden kann. Zu den größten Enttäuschungen zählen die völlig unterentwickelten Figuren wie die Protagonistin Iris, die zu keiner Zeit glaubwürdig und nachvollziehbar ist.
Dass sie als junger Mensch angeblich so gar keine Perspektive im Leben hat, wird so dahingesagt, um sie an das Pub und das Mysterium im Keller zu binden. Eine Bindung an das Publikums misslingt rational und emotional völlig.
Ihre Freundin Katie ist dabei das noch profillosere Beiwerk, an das ich mich kurz nach dem Film kaum noch erinnern konnte. Auch der zwielichtige Neil ist bei dem ohnehin geringen Figurenpersonal gleich als Brandstifter für die weitere Handlung identifiziert.
Und das Mysterium um das Wesen im Keller wird – nach einer stimmungsvollen Eröffnungssequenz – frühzeitig und ohne Grund aufgelöst, dass der Gruselfaktor schneller absackt als Fahrgäste auf einem Freefall-Tower.
Talk to me lässt grüßen?
Wer über die titelgebende Figur Baghead rein gar nichts erfahren möchte, sollte diesen Abschnitt am besten überspringen.
Im letzten Jahr erschien mit Talk to me ein absoluter Überraschungshit im Horrorbereich, der auf einer einfachen Prämisse aufbaute: Über eine Gipshand konnten die Figuren Kontakt zu den Toten aufnehmen und sogar von diesen besessen werden. Solange dies nicht länger als 90 Sekunden anhält, soll es ungefährlich sein.
Baghead, dessen Idee wohlgemerkt älter als Talk to me ist, geht in eine ähnliche Richtung. Hier darf die Besessenheit 2 Minuten andauern und als Medium fungiert die mysteriöse Hexe Baghead, die sogar die Gestalt der verstorbenen Person annimmt und als diese agiert.
Für schaurig-schöne Momente sorgt dabei der titelgebende Leinensack, den die Hexe nur dann kurz anhebt (und damit ihre Fratze preisgibt), um einen persönlichen Gegenstand der Toten hinunterzuschlucken und so den Kontakt herzustellen.
Während im Kern die Inszenierung dieser seltsam faszinierenden wie angsteinflößenden Gestalt gut funktioniert, sind die Jumpscares und Gruselszenen generell nicht mal akzeptabler Durchschnitt. Dafür holt Corredor aus dem sehr begrenzten Setting (Baghead tendiert in Richtung Kammerspiel) viel zu wenig raus, was schnell zu ähnlichen Bildern und Sequenzen führt.
Mit viel Wohlwollen lässt sich zumindest festhalten, dass sich im Film schnell die gewünschte unheimliche Atmosphäre einstellt und bis zum Schluss anhält. Das Drehbuch verzichtet nämlich nahezu auf alles an Figuren, Orten und Storysträngen abseits des Pubs. So leitet Baghead trotz allem überraschend schnell das Finale ein.
Unser Fazit zu Baghead
Bei allem Respekt: Baghead ist ein weiterer überflüssiger Horrorfilm, der aus einer guten kleinen Idee eine generische und in allen Belangen uninspirierte Langfassung macht, die wie der x-te Teeaufguss nur noch lasch und verwässert schmeckt. Dabei enttäuschen nicht nur die vereinzelten Jumpscares und der schnell dahinschwindende Grusel- und Mysteryfaktor. Auch die Figuren sind über alle Maßen schlecht geschrieben und vollkommen unterentwickelt.
Letztlich entgeht diese in Deutschland realisierte Produktion dem Totalschaden zumindest dank der interessanten titelgebenden Antagonistin und dem schnörkellos aufgezogenen Kammerspiel, was unnützen Ballast um die Handlung und Figuren herum konsequent (und teilweise zu konsequent) weglässt.
Unsere Wertung:
© Studiocanal GmbH / Reiner Bajo