Der chinesische Regisseur Wang Xiaoshuai präsentierte bei der 69. Berlinale seinen Film Bis dann, mein Sohn. Das dreistündige Drama ist nun auch für das Heimkino erhältlich. Ob der Film mit einer gefühlvollen Geschichte seine Laufzeit rechtfertigen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik.
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Titel | Bis dann, mein Sohn |
Jahr | 2019 |
Land | China |
Regie | 王小帅 |
Genres | Drama |
Darsteller | Wang Jingchun, Yong Mei, 齐溪, Du Jiang, Ai Liya, Li Jingjing, Xu Cheng, Roy Wang, Zhaoyan Guozhang, Shuang Wu |
Länge | 186 Minuten |
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Darum geht es in Bis dann, mein Sohn
Bis dann, mein Sohn erzählt die Geschichte zweier befreundeter Familien. In unchronologischen Abschnitten verfolgen wir ihr Leben ab den 1980er Jahren bis in das aktuelle China. Im Vordergrund stehen Liu Yaojun (Jingchun Wang) und Wang Liyun (Mei Yong), die gemeinsam ihren Sohn XingXing (Roy Wang) großziehen. Sie arbeiten in einer örtlichen Fabrik, wo auch Yaojuns Schwester Li Hayan (Liya Ai) arbeitet. Li Hayan und ihr Ehemann Zhang Xinjian (Zhao-Yan Guo-Zhang) haben einen Sohn, Hao (Jiang Du), der im gleichen Alter wie XingXing ist. Beide wachsen gemeinsam auf, bis es zu einem Unfall und einer Reihe schwerer Schicksalsschläge für die Familien kommt. Es ist sowohl eine Erzählung über Vergebung, als auch über China. Dessen Ein-Kind-Politik nimmt dabei eine zentrale Rolle in Yaojuns und Liyuns Leben ein.
Xiaoshuais Heimat-Trilogie
Mit seinem dreistündigen Epos leitet Xiaoshuai seine geplante „Heimat-Trilogie“ ein. Eine Trilogie, die sich mit dem Leben in China auseinandersetzen soll. Daher liegt der Fokus bei dem Drama weniger auf der Story per se, sondern auf dem Lebensgefühl in China. Und es wirkt – auch aus westlicher Perspektive -, als würde dieses Gefühl authentisch herübergebracht werden. Es ist wie eine empfindsame Beobachtung der Zustände Chinas über knapp 40 Jahre. Die findet allerdings nur hintergründig statt, denn vordergründig nutzt Bis dann, mein Sohn seine Protagonisten, um dem Zuschauer diese Observationen näherzubringen. Dadurch, dass wir mit den Charakteren mitfiebern, fällt es leichter, sich auf die Beobachtungen einzulassen. Die Familien stehen laut Xiaoshuai stellvertretend für die Bevölkerung Chinas, die trotz Rückschlägen über die Jahrzehnte hinweg optimistisch in die Zukunft geblickt haben.
Traditionen und Familie in Bis dann, mein Sohn
Jemandem, der bisher wenige bis gar keine Berührungspunkte mit der chinesischen Kultur hatte, könnten einige Szenen etwas befremdlich vorkommen: Die Erziehung und die Traditionen gestalten sich wesentlich anders als in der westlichen Kultur. Dieser Kontrast ist in der Kindererziehung besonders spürbar, denn diese gestaltet sich deutlich schroffer und strenger. Das ändert aber nichts an der gefühlvollen Familiengeschichte. Es fällt leicht, Sympathie für Liu Yaojun und Wang Liyun zu empfinden. Das Gleiche gilt für die anderen Charaktere. Jeder einzelne ist nachvollziehbar und menschlich geschrieben, daher treffen die Schicksalsschläge nicht nur die Protagonisten, sondern auch den Zuschauer im Herzen.
Der Soundtrack stellt sich vor allem aus dem Score von Yingda Dong und dem Lied Auld Lang Syne zusammen. Letzteres zieht sich als Leitmotiv durch den Film und soll zusammen mit dem Score die sentimentalen Momente untermalen. Leider ist der Soundtrack relativ aufdringlich, während die Handlung jedoch auf große Emotionalität verzichtet. Es wirkt so, als könnte Xiaoshuai sich nicht ganz entscheiden, ob er nun großes Drama erzeugen oder eine geerdete Geschichte erzählen möchte. Dadurch wurde besonders das Ende seiner Schlagkraft beraubt. Es hätte entweder emotionaler oder subtiler in der Auserzählung sein können. So ist es leider genau dazwischen und bleibt etwas hinter den Erwartungen zurück, die der Zuschauer im Laufe des Films selber aufstellt. Nichtsdestotrotz führt das Ende zu einem sinnvollen Abschluss der dreistündigen Reise und hat so definitiv das Potenzial, im Gedächtnis zu bleiben.
Unchronologische Erzählstruktur
Die unchronologische Erzählstruktur und die Zeitsprünge helfen dabei, Durststrecken zu vermeiden. Bis dann, mein Sohn ist rein von der Geschichte nicht so monumental, wie er sich durch die Struktur und durch seine Laufzeit anfühlt. Allerdings verzichtet Xiaoshuai auch auf klare stilistische Unterscheidungen der Zeitebenen. In Greta Gerwigs Little Women beispielsweise erkennt man die unterschiedlichen Zeitstränge anhand des Colorgradings – in Bis dann, mein Sohn kann man es dagegen lediglich anhand der Geschehnisse identifizieren. Das ist anfangs zwar etwas verwirrend, doch fällt nach und nach überraschend einfach. Durch verschiedene Nuancen lässt sich der Fortschritt Chinas während der Zeit auch gut feststellen. Die Veränderungen des Landes werden zwar nie wirklich betont, doch machen sich zum Beispiel durch eine unterschwellig erkennbare Urbanisierung bemerkbar.
Unser Fazit zu Bis dann, mein Sohn
Bis dann, mein Sohn begleitet in drei Stunden den Werdegang zweier Familien seit den 1980er Jahren in China. Doch es ist nicht nur ein Familiendrama, sondern auch ein Blick auf die Entwicklung Chinas und deren Politik. Der Film nimmt sich genügend Zeit, um seine Geschichte zu erzählen und lässt durch seine Storystruktur keinerlei Durststrecken zu. Das Geschehen ist sehr gefühlvoll, auch wenn der Film sich nicht richtig entscheiden kann, ob er die Emotionalität betonen oder doch eher subtil bleiben möchte. Doch auch ohne am Ende in Tränen aufgelöst zu sein, bleibt Bis dann, mein Sohn durch das authentische Drehbuch, die Musik und das geerdete Schauspiel in Erinnerung.
Bis dann, mein Sohn ist ab sofort auf DVD erhältlich.
Unsere Wertung:
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