Was haben Christopher Lee, Bela Lugosi, Max Schreck und Gary Oldman gemeinsam? Richtig, sie alle verkörperten den ikonischen Romanvampir Graf Dracula auf der Leinwand und prägen den Vampir-Boom bis heute. Die Liste an Vampirverfilmungen ist unendlich lang. Dennoch schafft es Blacula, aus der breiten Masse hervorzustechen. Wieso der Blaxploitation-Film auch heute noch sehenswert ist, erfahrt ihr hier.
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Titel | Blacula |
Jahr | 1972 |
Land | United States of America |
Regie | William Crain |
Genres | Horror, Fantasy |
Darsteller | William Marshall, Vonetta McGee, Denise Nicholas, Thalmus Rasulala, Gordon Pinsent, Charles Macaulay, Ji-Tu Cumbuka, Elisha Cook Jr., Emily Yancy, Ketty Lester, Lance Taylor Sr., Ted Harris, Rick Metzler, Logan Field |
Länge | 93 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Worum geht’s in Blacula?
Anno 1780 reist der afrikanische Prinz Mamuwalde (William Marshall) mit Gattin Luva (Vonetta McGee) nach Transsilvanien, um mit dem adligen Graf Dracula über ein Bündnis zur Abschaffung der Sklaverei zu verhandeln. Der zeigt jedoch kein Interesse und greift Mamuwalde an. Dabei offenbart er sein dunkles Geheimnis: Dracula ist ein Vampir. Er beißt Mamuwalde und verflucht ihn zum ewigen Leben mit einem unstillbaren Blutdurst. Anschließend versiegelt Dracula den Verfluchten in einem Sarg und sperrt ihn mit seiner Geliebten in einer Geheimkammer ein. Knapp 200 Jahre später erwacht der nun als “Blacula” bezeichnete Prinz zufällig in Los Angeles, als zwei homosexuelle Innenarchitekten ihre gekauften Andenken aus Transsilvanien begutachten. Vom Blutdurst getrieben wandelt er durch die Großstadt. Dabei trifft er auf Tina (auch Vonetta McGee), die seiner toten Geliebten bis aufs Haar gleicht. Gleichzeitig ermittelt der Kriminalmediziner Dr. Thomas (Thalmus Rasulala) über mysteriöse Leichenfunde in der ganzen Stadt. Er hat schon einen Verdacht…
Am Anfang war das Wort
Bram Stokers Schauerroman Dracula von 1897 war zwar sicherlich nicht die erste Vampirgeschichte, aber definitiv eine der einflussreichsten. Friedrich Wilhelm Murnau war einer der ersten Filmemacher, der Stokers Werk mit Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens 1922 adaptierte. Der weltweite Durchbruch des Vampir-Genres kam jedoch 1931 durch Tod Brownings Dracula mit Bela Lugosi. Allein bis zum Jahr 2014 gab es insgesamt 272 Dracula-Darstellungen in Filmen. Das brachte dem Grafen sogar einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde als „meist porträtierte literarische Figur“ ein.
Black + Exploitation = Blaxploitation
Um 1950 traten die Bürgerrechtsbewegungen in den USA auf den Plan, bei denen sich Aktivisten wie Martin Luther King oder Malcom X für die Anerkennung der afroamerikanischen Bevölkerung engagierten. Auch die weiß geprägte Filmbranche erlebte eine Revolution: Immer mehr schwarze Filmemacher setzten sich für Filme ein, die ein afroamerikanisches Publikum ansprechen sollten: Das Blaxploitation-Genre war geboren. Als Inspiration dienten Exploitation-Filme, die sich vor allem durch ihre bewusst günstige Machart und den übermäßigen Gebrauch von affektiven Motiven wie Gewalt oder Sex definieren. Der große Durchbruch gelang 1971 mit dem heutigen Kultfilm Shaft von Regisseur Gordon Parks. Weitere Produktionen wie Foxy Brown, Coffy oder Cleopatra Jones machten das Sub-Genre zunehmend erfolgreicher und bescherten den Studios große Gewinne. Jedoch hatte der große Erfolg auch seine Schattenseiten, da die ursprüngliche gesellschaftspolitische Intention immer mehr verloren ging.
Genretypische Macken
Blacula entstand in der Blütezeit dieses speziellen Filmgenres und bringt viele seiner Stärken, aber auch einige Schwächen mit sich: Die Kostüme, Requisiten und Kulissen wirken genretypisch billig und nur auf das Notwendigste reduziert. Die Kleidung der Nebenfiguren schwanken meist zwischen 08/15-Polizeikluft und grell-buntem Discostyle der 70er, Afro inklusive. Mamuwaldes Vampir-Outfit beschränkt sich auf einen wehendem Umhang und Plastikgebiss, wodurch er eher wie eine verirrte Geisterbahnattraktion von der letzten Kirmes wirkt. Dieser Eindruck wird vom Make-up verstärkt, das seine animalische Seite mittels aufgebauschter Augenbrauen und Koteletten hervorhebt. Auch mit der Continuity nahm man es nicht allzu ernst und das Drehbuch strotzt nur so vor Logiklöchern. Insbesondere die Handlungsmotive der Figuren bleiben dem Zuschauer bis zum Ende ein Rätsel. Als Hintergrundmusik wird tanztauglicher Rhythm ´n´ Blues anstatt schaurig-schöner Streichorchester eingespielt. Wenn Mamuwalde die flüchtende Tina quer durch die Stadt verfolgt, wirkt das durch die Musik unfreiwillig komisch.
“You shall be… Blacula!”
Gerade diese Mischung macht jedoch auch den Charme des Films aus: Blacula nimmt sich selbst nie ganz ernst und spielt gekonnt mit einigen Vampir-Klischees. Auch die Mischung aus Brutalität, Humor und Tragik ist äußerst unterhaltsam. Die größte Stärke ist jedoch Hauptdarsteller William Marshall: Der gelernte Theaterschauspieler zeigt eine eindrucksvolle Darbietung des afrikanischen Prinzen Mamuwalde, sowohl vor als auch nach seiner Verwandlung. Der 1,96 Meter große Hüne wirkt einerseits eloquent und charmant, bringt aber auch seine animalische Seite mit wilder Mimik zum Ausdruck. Die Liebesbeziehung zwischen Mamuwalde und Tina bildet den Filmkern und wirkt zwar übertrieben, aber nicht überspitzt. Vor allem die Konsequenz seiner Entscheidung am Filmende ist überraschend nachvollziehbar.
Digitally Remastered – braucht man das?
Seit Urzeiten streiten sich Heimkino-Fans um die Frage: Digitale Aufbereitung – ja oder nein? Blacula hat nun auch eine Digitally Remastered Blu-ray-Fassung spendiert bekommen, die jedoch mit einigen Mängeln zu kämpfen hat. Das Bild wurde auf 1080p Full HD skaliert, was für die Blu-ray-Auswertung in Ordnung geht. Die Audiospuren wirken jedoch in ihrem DD 2.0 Stereo-Format weitgehend unbefriedigend. Vor allem die englische Originaltonspur hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Viele Dialoge wie beispielsweise die Anfangsszene auf Schloss Dracula sind wegen starken Halls akustisch schwer zu verstehen. Das Problem zieht sich durch den gesamten Film, was ein großer Dämpfer ist. Auch die Ausstattung der Blu-ray ist enttäuschend minimalistisch gehalten. So gibt es nicht einmal eine Untertitel-Funktion für den Originalton. Lediglich eine kurze Trailershow ist als Bonusmaterial abrufbar. Eine ansprechende digitale Neuaufbereitung für Filmfans sieht definitiv anders aus.
Mein Fazit zu Blacula:
Der 93-minütige Horrorstreifen von Regisseur William Crain ist genau das, was man von einem echten Blaxploitation-Film erwarten kann: billige Aufmachung, hanebüchenes Drehbuch mit Fokus auf Schock- und Gewalteffekten und durchschnittliche Schauspielleistungen. Filmhistorisch betrachtet ist Blacula jedoch ein äußerst interessantes Kind seiner Zeit. Er transportiert immer noch viel von dem schrulligen Charme, der ihn in den 70er-Jahren so erfolgreich gemacht hat. Vor allem William Marshalls Darbietung ist absolut kultig-imposant und wirkt gegenüber dem ausgelutschten Vampirgenre unerwartet frisch und erhaben. Wer Fan von Exploitation-Filmen ist oder einfach auf „etwas andere Vampirfilme“ steht, wird mit Blacula definitiv auf seine Kosten kommen.
Blacula erscheint am 28. August 2020 über Studio Hamburg Enterprises auf Blu-ray.
Unsere Wertung:
© Studio Hamburg Enterprises