Das französische Drama Blau ist eine warme Farbe (2013) um eine lesbische Liebesgeschichte begeisterte die Kritiker in Cannes, sorgte aber durch explizite Sexszenen für Kontroversen.
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Titel | Blau ist eine warme Farbe |
Jahr | 2013 |
Land | Belgium |
Regie | Abdellatif Kechiche |
Genres | Liebesfilm, Drama |
Darsteller | Léa Seydoux, Adèle Exarchopoulos, Salim Kéchiouche, Aurélien Recoing, Catherine Salée, Benjamin Siksou, Mona Walravens, Alma Jodorowsky, Jérémie Laheurte, Anne Loiret, Benoît Pilot, Sandor Funtek, Fanny Maurin, Maelys Cabezon, Samir Bella, Tom Hurier, Manon Piette, Quentin Médrinal, Peter Assogbavi, Wisdom Ayanou, Philippe Potier, Virginie Morgny, Stéphane Mercoyrol, Lucie Bibal, Baya Rehaz, Marilyne Chanaud, Camille Rutherford, Michael Skal, Sandrine Paraire, Flavie De Murat, Justine Nissart, Vincent Gaeta, Elizabeth Craig, Karim Saidi, Aurelie Lemanceau, Audrey Deswarte, Mejdi Ben Nasr, Hichem Ben Nasr, Janine Pillot, Antoinette Sarrazin, Alain Duclos, Éric Paul, Catherine Gilleron, Leila D'Issernio, Jean Luc D'Isserno, Selim Boukerfat, Oscar Pinelli, Léa Berkat, Nicolas Bourgasser, Camille Ayoras, Frédéric Wolsztyniak, Halima Slimani, Viktor Poisson, Utrillo, Radhouane El Meddeb, Julien Bucci, Alika Del Sol, Maud Wyler, Marc Schaegis, Olivier Verseau, Manou Poret, Klaim Nivaux, Chloé Malih, Ilyès Qada, Bouraouïa Marzouk |
Länge | 179 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: MagentaTV, MUBI, MUBI Amazon Channel, ArthouseCNMA, Arthouse CNMA Amazon Channel Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Rakuten TV, maxdome Store, Videobuster, Yorck on Demand, Verleihshop Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Rakuten TV, maxdome Store, Videobuster, Kino on Demand, Yorck on Demand, Verleihshop, Freenet meinVOD |
Handlung
Die 15-jährige Adèle ist auf der Suche nach ihrer Sexualität und Identität. Nach ein paar weniger nachhaltigen Begegnungen lernt sie die deutlich reifere und selbstbewusstere Kunststudentin Emma kennen, zu der sie sich sofort hingezogen fühlt.
Emma ist fortan nicht nur ihre Partnerin, sondern auch gewissermaßen eine Mentorin, die Adèle hilft, mit der Welt, aber auch mit sich selbst, zurechtzukommen.
Später zeigt der Film dann die erwachsene(re) Adèle, die ihre Identitätsfindung jedoch offensichtlich noch nicht abgeschlossen hat und ihre Beziehung mit Emma.
Hintergrund
Der Film basiert auf einem französischen Comic von Julie Maroh. Während der deutsche Titel den des Comics übernimmt, lautet der Originaltitel des Films “La vie d’Adèle, chapitres 1&2“. Da die Figur Adèle in der Vorlage jedoch Clémentine heißt, verschleiert der Originaltitel die Verbinung zum Comic ein wenig. Autorin Maroh kritisierte den Film wegen der diversen Sexszenen.
Blau ist eine warme Farbe als Überraschungshit der Festspiele von Cannes 2013
Das französische Drama begeisterte die Kritiker bei seiner Premiere in Cannes im Mai 2013 und gewann dort die Goldene Palme.
Der sowieso schon kontrovers aufgenommene Film um eine lesbische Liebesgeschichte inklusive ausführlicher Sexszenen erschien zudem zurzeit einer politisch sehr angespannten Debatte um die gleichgeschlechtliche Ehe und heizte die Demonstrationen zusätzlich an.
Für Aufruhr sorgten auch die Berichte der beiden Hauptdarstellerinnen, die sich über die harten Arbeitsbedingungen und den schwierigen Umgang mit Regisseur Kechiche beklagten. Beide gaben an, keinen weiteren Film mit Kechiche drehen zu wollen.
Kritik
Die dreistündige Laufzeit wird einem nicht als solche vorkommen. Während einige den Film wohl als ziemlich zäh beschreiben, vergeht für viele die Zeit bei diesem intensiven Werk wie im Flug.
Dabei spielt Kechiches Regie und gerade auch die exzellente Kameraarbeit die entscheidene Rolle. So ist die Kamera über quasi die gesamte Laufzeit extrem nah am Geschehen und an den Figuren. Dadurch wird eine unwahrscheinliche Nähe zu den beiden Hauptfiguren, gerade zur titelgebenden Adèle geschaffen. In Verbindung zu der zeitlich genau richtig abgeschätzten Ausreizung von einzelnen Einstellungen und Szenen entfaltet der Film eine tolle Intensität und Sogwirkung, sodass man sich für fast jede einzelne Sequenz begeistern kann.
Der Zuschauer begleitet in der ersten Hälfte in einer Coming-of-Age Geschichte die noch 15-jährige Adèle bei der Entdeckung der eigenen Sexualität(en) und der Suche nach der eigenen (sexuellen) Identität. Die wunderbare Hauptdarstellerin Adèle Exarchopoulos verleiht der gleichnamigen Hauptfigur dabei eine herrlich unschuldige Unsicherheit, aber auch eine aufgeweckte, nervöse Neugier. Der Zuschauer merkt schnell: Adèle ist anders als ihre Mitschüler, ohne dabei jedoch als Außenseiter deklariert zu werden.
Nach der ersten sexuellen Erfahrung mit einem Jungen von ihrer Schule stellt Adèle fest, dass dies in mehrerer Hinsicht wenig erfüllend war – so hat Adèle nicht nur andere Interessen und Sichtweisen als ihre gleichaltrigen Mitschüler, sondern träumt nachts von sexuellen Begegnungen mit einer unbekannten Frau mit blauen Haaren, welche ihr in einem Park aufgefallen ist.
Der kontroverse Höhepunkt in Blau ist eine warme Farbe
Wenn sie jene Frau, die selbstbewusste Emma (Léa Seydoux) kennenlernt, zeigt sich Adèles Wesen nochmals wunderbar spürbar. Dank der nahen Kamera, die teilweise am Rande des Voyeurismus und der Fetischisierung wandert – jedoch immer im Auftrag der Figurentiefe bleibt, spürt der Zuschauer in den vorsichtigen Blicken Adèles jederzeit den Kampf von Zurückhaltung und Begierde, von Unsicherheit und Neugier, von Unschuld und einer kessen, frechen Herausforderung und letzlich zeigen diese Blicke auch den Übergang eines jungen Mädchens zu einer jungen Frau.
Wenn es dann (zum ersten Mal) zum Sex zwischen Adèle und Emma kommt, inszeniert Kechiche dies zu Recht ausführlich und explizit, denn so kommt jener Moment, gerade im Vergleich zur anfänglichen Sexszene mit dem jungem Mann, die in der Länge, Inszenierung und Intensität nicht zu vergleichen ist, einer monumentalen Befreiung gleich. Nicht nur der Sexualität und tatsächlichen Erfahrung von wirklicher Lust, sondern auch der gesamten Identität. Somit ist die von vielen Seiten, gerade für die Länge und Explizität, kritisierte Sexszene nicht nur absolut legitim, sondern auch unerlässlich für die derartige Figurenentwicklung und -tiefe Adèles.
So bildet sie den Knackpunkt in der Entwicklung von Adèle und hält die beiden Kapitel unweigerlich zusammen. Wenn Adèle mit Emma Arm in Arm an Demonstrationen teilnimmt, zeigt sich erstmals wirklich eine richtige Selbstakzeptanz, während sie sich vorher oftmals ein wenig genierte und verloren vorkam.
Dem Film gelingt es allerdings auch, die gleichgeschlechtliche Beziehung nicht zu glorifizieren, sondern zeigt die Beziehung eben wie eine jede andere: mit Krisen und Scheiterungspotenzial.
Fazit
Regisseur Abdellatif Kechiche erzählt in Blau ist eine warme Farbe nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern erzählt auch mit äußerstem Feingefühl eine Geschichte vom Erwachsenwerden und der damit einhergehenden Frage und Suche nach der eigenen Identität. Dabei gelingt ihm ein berührendes Psychogramm Adèles, die von Darstellerin Adèle Exarchopoulos toll verkörpert wird.
Das Ganze ist in wunderbaren Bildern verpackt, die das Publikum in Adèles Welt eintauchen lässt. Wenn man sich dabei zu sehr auf die Kontroversen fokussiert, wird man einiges verpassen.
Unsere Wertung:
© Alamode Film