Mit Bonhoeffer startet ein neues historisches Epos im Kino. Doch gibt dieser Film auch die Geschichte der Titelfigur akkurat wieder – oder werden die Zuschauer erneut vom umstrittenen Studio manipuliert?
Titel | Bonhoeffer |
Jahr | 2024 |
Land | Belgium |
Regie | Todd Komarnicki |
Genres | Historie, Drama, Kriegsfilm |
Darsteller | Jonas Dassler, Phileas Heyblom, August Diehl, David Jonsson, Moritz Bleibtreu, Nadine Heidenreich, Clarke Peters, Flula Borg, Lisa Hofer, Arthur Riordan, Luise Landau, William Robinson, James Flynn, Greg Kolpakchi, Simon Licht, Mark Wingett, Evan Hart, Vincent Franklin, Patrick Mölleken, Felix von Bredow, John Akanmu, Tim Hudson, Caroline Berry, Marc Bessant, John Keogh, Muiris Crowley, Katharina Heyer, Robert Besta, Christopher Reinhardt, Jade Matthew, Charlotte Martz, Leonard Treyde, Victoria Grueber, Mattis Feldman, Tomer Barash, Mark Huberman, Arne Gottschling, Toussaint Colombani, Matthijs van de Sande Bakhuyzen, James Craze, Andy Kellegher, Charles De Meester, Kurt Erickson, Dagmar Döring, Andreas Berger, Tobias Schäfer, Jörg Westphal, Jordan McGuinness, Antoine Van Lierde, Rachel Lally, Johannes Heinrichs, Milton Welsh, Roman Schomburg, Joseph Palmer, Derek Carroll, Marcus Lamb, Alex O’Brien, Mary T Lynch, Scott William Winters, Mark de Carreau, Sorcha Real, Ciara Dan McGinnis, Johannes Schreiber, Ingo Brosch, Jean Schatz, Jean-Michel Vovk, Lewis Goody, Ruben Francq, Richard Wells, Dada Ashi, David Coffey Weakley, Lili Baldari, Morgan Cooke, Sion Alun Davies, Gabriel Marie S. Debaty, Nyla DeGrate, Mathieu Michel F. Devuyst, Damien Donnelly, Aaran Donoghue, Nathan Edo, Pat Egan, David Faniel, John Flanders, Eliana Getachew, Eliana Getachew, Fabien Guilliams, Guillame Alban V. Jousten, Dashiell James Komarnicki, Remy Grace Komarnicki, Andrew McCarthy, Caolan McClafferty, Lincoln McLain, Suzann McLean, Daire McMahon, Des Meade, Daithi Michael, Jacky Nercessian, Hugh O'Shea, Ava Rose Paul, Moritz Ross, Flynn Segura, Harry Stone-Brown, Charlie Stuart, Niko El Santo Zavero, Heather Zicko, Martin Zonderman, Guy Dierckx, Janet Grene, Ollie Ryan, Ian Dillon |
Länge | 132 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Bonhoeffer – Darum geht’s
Dietrich Bonhoeffer wächst in einer wohlhabenden Familie auf, doch der Erste Weltkrieg reißt eine tiefe Wunde in sein Leben. Jahre später wird er ein brillanter Theologe, der in den USA durch die Bürgerrechtsbewegung neue Impulse erhält. Zurück in Deutschland erkennt er die Gefahr der Nationalsozialisten und widersetzt sich ihrem Einfluss auf die Kirche. Doch Worte allein reichen nicht – Bonhoeffer schließt sich dem Widerstand an, gerät ins Visier der Gestapo und steht vor der schwersten Entscheidung seines Lebens.
Warum die Angel Studios umstritten sind
Nicht erst seit 2023 tritt das US-Studio groß in Erscheinung, welches sich mit eher konservativen und christlich-fundamentalistischen Themen einen Namen gemacht. Angel Studios setzen dabei auf „Crowdfunding“ und das sogenannte „Pay-It-Forward“-Modell, bei dem Zuschauer Tickets für andere spenden können. Und damit wird das auf sehr bestimmte Zielgruppen zugeschnittene Programm, welches durch den Namen „Angel Studios“ regelrecht “geheiligt” wird, unterstützt. Nur gerät das Studio selbst zunehmend in eine wirtschaftlich profitable Bredouille: Viel Umsatz und noch mehr Kontroversen dominieren das Modell, das mit religiösen Titeln, massentauglichen Themen und politischen Kontroversen ebenso streitbaren Gruppierungen den Zugang zu den Filmen ermöglichen möchte. Damit ist für Aufregung an den Kinokassen gesorgt.
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Besonders dadurch stand der obszöne Film Sound of Freedom im Rampenlicht: Von rechtsextremen Verschwörungstheorien bis Kritik an der Verharmlosung realer Kinderausbeutung und Faktenverfälschung stand dieser dem grundlegenden Meinungsbild der Zuschauerschaft gegenüber. So polarisierten Propaganda und Kritikerstimmen das Bild der Zusehenden, während sich Angel Studios durch profitable Kinohits nach oben schaukelt. Nur bleibt die Annehmbarkeit dieser Strategie, bereits in ersten Trailern neuester Filme oder mit QR-Codes innerhalb des Abspanns mit Darstellern oder Texttafeln zu werben, weiterhin äußerst kritisch zu betrachten.
Zwischen authentischer Geschichte…
Nun aber – möglichst unvoreingenommen – zum Film: Die irisch-belgische Produktion entzieht sich zwar weitgehend der propagandistischen Handschrift von Angel Studios, aber ganz ohne Tendenzen bleibt Bonhoeffer nicht. Das führt nun leider zu einer fehlerhaften Vermarktung: Lassen Plakate und Trailer nämlich auf schlechtes bis historisch Mangelhaftes schließen, ist die Umsetzung ein erstaunlich versierter, vielschichtiger und spannend durchstrukturierter Film über Dietrich Bonhoeffers Werdegang als aufsteigende historische Persönlichkeit, die zwischen die Fronten und in das Visier des NS-Regimes gerät. Zwischen dem Glauben und einem moralischen Kampf probiert er das Richtige zu tun. Und während Trailer-Ausschnitte besonders zu der Zeit des Amtswechsels des Präsidenten in den USA wie eine entsprechende Anbiederung wirken und mit den Studio-Intentionen d’accord gehen würden, ist der Historien-Thriller ein dazu ziemlich konträrer Film – jedoch nach wie vor hochaktuell.
…und aktueller Politik
Bonhoeffer stellt sich dem Ringen um demokratische Werte, äußert sich aktiv gegen Rassismus und beleuchtet charakterliche Ambivalenzen. Es geht um die Wertigkeit der Religionen über verschiedene Kulturen hinaus. Dietrich Bonhoeffer zeigt diese innere Zerrissenheit auf, die in seinem Widerstand kulminiert. Und das ist ein hochspannendes Unterfangen, weil immer wieder ein negativ ausgerichtetes Gefühl des Studios mitschwingt. Die Religion in Reden wirkt heroisiert und der Weg zum Bekenntnis des Glaubens erweckt den Eindruck, als ob mit dem Schlaghammer über die Zuschauer hergezogen wird. Ebenfalls inszeniert Regisseur Todd Komarnicki Szenen fast als Analogie eines Jesus Narrativs, wenn beispielsweise die drei symbolischen Kreuze mit den der drei Galgen innerhalb der letzten Momente von Bonhoeffer gleichgesetzt werden.
„It will all be over in 100 years“
Bonhoeffer stützt sich jedoch auf ein Fundament, das sich dem kontroversen Drumherum entgegenstellen kann. Das sind der Cast, die visuelle Erzählung und die Familie. Bis in jede kleine Nebenrolle gut besetzt: Jonas Dassler spielt als Hauptdarsteller hervorragend, während August Diehl, ein spannend aufspielender Moritz Bleibtreu und Flula Borg jeweils Eindruck hinterlassen. Die Essenz und den spannendsten Part entlockt jedoch Alien Romulus-Star David Johnson dem Werk: Seine Präsenz und die Arbeit mit entsprechenden Themen wirken als intellektuelle Bereicherung. Die politisch aktuell wirkende Lage, die immer wieder durchscheint, sorgt überraschend positiv für Gänsehaut. Mit den Worten „Hate comes in every color“ und weiteren spannenden Diskussionen gelingt Komarnicki mit Johnson ein Porträt über die Zeit und damit ein Film zwischen den historischen Ereignissen, die Vergangenheit und Gegenwart vereinen.
Auch die visuelle Qualität trägt die Inszenierung ungemein gut: Der Set-Aufwand, die Dimension der Bilder und die akkuraten Kostüme ergänzen die Wucht der Themen und Figuren, während Komarnicki immer wieder stimmig die Atmosphäre und die Emotionen transportiert. Für 25 Millionen US-Dollar Budget hat Bonhoeffer eindeutig viel Gutes zustande gebracht – eher jedoch in der Opulenz der Szenen als in der Aufarbeitung der Inhalte. Zu oft wirkt der Historienfilm gehetzt, unsauber auserzählt und inkonsequent durchstrukturiert, während die Dramaturgie und der Erzählfluss äußerst gelungen den Weg ebnen und wenig Langeweile neben machen überflüssigen Passagen zulassen.
Unser Fazit zu Bonhoeffer
Bonhoeffer ist ein historisches Epos zwischen Spionage-Thriller und Pastoren-Drama. Komarnickis Film ist mit 132 Minuten Laufzeit sehr lang und langsam erzählt, aber nicht unspannend oder uninteressant. Die Inszenierung liefert den guten Darstellern das Sprungbrett für einen gelungenen und interessanten Film. Das Konzept des Studios und die Arbeit mit aufdringlicher Werbung im Abspann führen jedoch zu einem leicht faden Beigeschmack. Szenen erscheinen teils sehr aufgesetzt und oft mit musikalischen Stücken überstilisiert, die zu „over the top“ wirken. Die inhaltliche Arbeit über Glauben und weitere brennende Themen ist grundlegend gelungen und prägt die Figuren. Es wandelt aber auf dem schmalen Grat zwischen treffend ausformuliert und bewusst auf Kontroverse ausgelegt.
Bonhoeffer läuft am 13. März 2025 in den deutschen Kinos an.
Unsere Wertung:
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