Mit Buffalo Bill und die Indianer versucht Robert Altman nach MASH und Nashville erneut, den amerikanischen Traum zu dekonstruieren. Ob ihm das abermals so gut gelingt?
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Titel | Buffalo Bill und die Indianer |
Jahr | 1976 |
Land | Italy |
Regie | Robert Altman |
Genres | Western, Komödie |
Darsteller | Paul Newman, Joel Grey, Kevin McCarthy, Harvey Keitel, Allan F. Nicholls, Geraldine Chaplin, John Considine, Robert DoQui, Mike Kaplan, Bert Remsen, Bonnie Leaders, Noelle Rogers, Evelyn Lear, Denver Pyle, Frank Kaquitts, Will Sampson, Ken Krossa, Fred N. Larsen, Jerri Duce, Joy Duce, Alex Green, Gary MacKenzie, Humphrey Gratz, Pat McCormick, Shelley Duvall, Burt Lancaster, E. L. Doctorow, Patrick Reynolds |
Länge | 123 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Amazon Arthaus Channel, Arthaus+ Apple TV channel, Arthaus+ Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube |
Worum geht’s in Buffalo Bill und die Indianer?
Um das Jahr 1885 hat Buffalo Bill (Paul Newman) bereits Legendenstatus erreicht und liefert in Wyoming regelmäßig eine Show ab. Nichts darf fehlen: Cowboy-Trickreiter, die Kunstschützin Annie Oakley (Geraldine Chaplin), inszenierte Gefechte. Neuer Höhepunkt von „Buffalo Bills Wild West“ soll der aus der Gefangenschaft freigekaufte Indianer-Häuptling Sitting Bull (Frank Kaquitts) werden, um die Schlacht am Little Bighorn nachzustellen, an denen die beiden auf der jeweils gegenteiligen Seite teilnahmen. Doch Sitting Bull möchte sich nicht für Unterhaltungszwecke verbiegen und verfolgt sein eigenes Ziel.
Typisch Altman
Regisseur Robert Altman dekonstruiert seinen Helden in Buffalo Bill und die Indianer und räumt mit dessen angeblich ruhmreichen Taten auf. Er präsentiert uns einen mürrischen, eitlen, aufbrausenden und letztendlich auch verlogenen „Helden“. Wie schon in MASH und in Nashville wirft Altman dabei einen kritischen Blick auf die gesamte amerikanische Gesellschaft, deren großen Traum und die Heroisierung ihrer Vorbilder. Auch dieser Show-Western ist von dem für ihn typischen schwarzen, nicht sofort erkennbaren, Humor durchzogen.
Das gelingt ihm im Gegensatz zu den genannten Beispielen hier allerdings nicht vollends. Denn ein Film, besonders ein Film übers Showgeschäft (auch wenn dieses persifliert und dekonstruiert wird), sollte den Zuschauer ins Geschehen hineinziehen. Der ist aber stets auf Distanz, nicht nur wegen der zahlreichen Panorama-Aufnahmen, sondern auch, weil kein Charakter genügend Identifikationsfläche bietet. Hauptfigur Buffalo Bill hat seinen ersten Auftritt nach ganzen 13 Minuten und fällt danach größtenteils mit rassistischen Kommentaren und Saufgelagen auf. Es hätte dem Film durchaus gut getan, hätte Altman den Fokus mehr auf die amerikanischen Ureinwohner gesetzt, denn auch die fallen so äußerst blass aus – und schließlich basiert der Historienfilm auf einem Bühnenstück von Arthur Kopit, das schlicht Indianer hieß.
Dramaturgische Schwächen, darstellerische Stärken
Auch die Handlung plätschert phasenweise etwas ziellos vor sich hin und hat dabei – trotz wiederholtem Einspielen zirkushafter Musik – zu wenige wirkliche Highlights. Und die offensichtlicheren, fast schon Slapstick-artigen Gags sind zwar ganz sympathisch, zünden aber selten so richtig. Tatsächlich konnte Buffalo Bill und die Indianer bei der 26. Berlinale im Jahr 1976 aber den Hauptpreis, also den Goldenen Bären, abräumen. Das war vermutlich nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass die USA in diesem Jahr 200 Jahre der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung feierte. Wobei die unterschwellige Satire durchaus noch ein Ass im Ärmel hat: die Darsteller.
Neben Oscar-Preisträger Burt Lancester (Das Urteil von Nürnberg) als Groschenroman-Autor und Geschichten-Erzähler Ned Buntline, Harvey Keitel (im selben Jahr noch in Taxi Driver zu sehen) als Buffalo Bills Assistent Ed Goodman und Geraldine Chaplin (Doktor Schiwago) als schießwütige Annie Oakley weiß insbesondere Hauptdarsteller Paul Newman (Man nannte ihn Hombre) zu überzeugen. Mit seiner (unechten) imposanten Mähne, fülligem Kinnbart und wunderbar gezwirbelten Schnauzer reißt er darstellerisch jede Szene an sich. Das teilweise bis in den Wahnsinn getriebene Spiel Newmans wird von seinen durchdringenden, strahlend-blauen Augen noch einmal verstärkt. Bezogen auf die Frisur und seine Tätigkeit als Showmaster wirkt er hier fast wie ein Thomas Gottschalk des Wilden Westens.
Bühne frei für das Mediabook
Für den Dreh wurde ein ganz schöner Aufwand betrieben: Um das in Wyoming angesiedelte, für die Dreharbeiten aber im kanadischen Alberta nachgebaute Freilichttheater von Buffalo Bill zu errichten, musste zunächst ein Feld mit Bulldozern planiert werden. Da die Show möglichst echt wirken sollte, waren auch dementsprechend viele Stuntmen, Statisten, etc. gefragt. Im Abspann werden dementsprechend mehr als 500 Darsteller aufgelistet. Das jetzt von Koch Films erscheinende Mediabook (im Querformat!) wird diesem Aufwand mit seinem liebevollen Cover durchaus gerecht. Auch das Bild der Blu-ray-Umsetzung ist meist schön klar und hat nur kleinere Fehler. Schade allerdings, dass das Bonusmaterial mit einem gerade einmal vierminütigen Making-of, Trailern, einer Bildergalerie und einem Booklet äußerst spärlich ausfällt.
Unser Fazit zu Buffalo Bill und die Indianer
Die Westernkomödie bietet einen tollen Cast mit Paul Newman in Topform. Davon abgesehen ist Buffalo Bill und die Indianer aber eher schlecht gealtert. Die Charaktere interessieren kaum, der Humor verpufft größtenteils und lässt etwas an der für Altman typischen Bissigkeit vermissen, auch die Story offenbart einige Längen. Fans des Films dürfen sich allerdings freuen, dass sie nun mit dem optisch wirklich gelungenen Mediabook ihr Regal schmücken dürfen.
Buffalo Bill und die Indianer erscheint am 28. Mai 2020 in einem Mediabook auf Blu-ray.
Unsere Wertung:
© Koch Films