In Carmilla verfällt die junge Lara einer mysteriösen Frau mit Blutdurst. Ob die Verfilmung einer der berühmtesten Novellen der Romantik der Vorlage gerecht wird, erfahrt ihr in der Review.
Titel | Carmilla |
Jahr | 2020 |
Land | United Kingdom |
Regie | Emily Harris |
Genres | Liebesfilm, Fantasy, Drama |
Darsteller | Hannah Rae, Devrim Lingnau, Tobias Menzies, Greg Wise, Jessica Raine, Scott Silven, Lorna Gayle, Daniel Tuite, Colin Blumenau, Joseph Baxter |
Länge | 94 Minuten |
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Die Handlung von Carmilla
In Großbritannien des 18. Jahrhunderts fristet Lara (Hannah Rae) unter der strengen Aufsicht ihrer fanatisch-religiösen Gouvernante (Jessica Raine) ein einsames und tristes Leben auf dem Anwesen des Vaters (Greg Wise). Erst als in der Nähe der Liegenschaft eine Kutsche verunglückt, tritt die junge Carmilla (Devrim Lingnau) in ihr Leben. Bis zu ihrer Genesung nach ihrem schweren Unfall mit der Folge des Gedächtnisverlusts soll Carmilla in dem Anwesen wohnen. Lara und Carmilla lernen einander besser kennen und entwickeln Gefühle füreinander. Zeitgleich erkranken neben Lara mehrere junge Frauen in der Umgebung an einer mysteriösen Seuche…
Urgestein des modernen Vampirs
Die Erzählung Carmilla von Joseph Sheridan LeFanu erschien im Jahre 1872 und damit noch 15 Jahre vor Bram Stokers weltberühmten und zahlreich adaptierten Romans Dracula. Einige Charakteristika des Vampirs etablierte bereits Carmilla und prägt die Popkultur bis heute. Auch Bram Stoker lies sich von LeFanus Erzählung inspirieren und mit Vampyr, diversen Hammer-Produktionen wie Gruft der Vampire zeigen sich etliche Verfilmungen und damit die Relevanz der Novelle. Gruft der Vampire legte sogar der Grundstein einer Trilogie, deren weitere Teile unter den Titeln Nur Vampire küssen blutig und Draculas Hexenjagd erschienen. Trotz des zeitlosen Stoffs hat sich Regisseurin Emily Harris entschieden, die Geschichte im historischen Gewand zu präsentieren. Bis auf einige Freiheiten, wie die Verlagerung des Geschehens von Österreich nach Großbritannien, orientiert sich die Umsetzung stark an der Vorlage.
Anknabbern statt zerfetzen – Carmilla setzt auf Sinnlichkeit
Der ruhig erzählte Film lässt sich nur schwer als Horrorfilm nach gewohnten Strickmustern auffassen. Selbst die Vampirthematik tritt in den Hintergrund. Vorrangig ist Carmilla als Coming-Of-Age-Drama im historischen Gewand ausgelegt. Exzessive Gewaltszenen hätten den Fokus des Films auf das Gefühlsleben der Protagonistin sicherlich verzerrt. Selbst ohne Einbindung der Horrorelemente würde der Film um eine junge Dame, die unter strenger Aufsicht romantische Gefühle für das gleiche Geschlecht entwickelt, funktionieren. Als Metapher für die Entstehung körperlicher Zuneigung und tabuisierter Sexualität zwischen gleichgeschlechtlich Liebenden glückt jedoch auch die Verschmelzung von klassischer Coming-Of-Age-Geschichte und des Vampirmythos.
Zwischen verträumter Ästhetik und alptraumhaften Bildern
Carmilla ist in schönen, stilisierten Bildern getaucht und erweckt eine sinnlich-verträumte Atmosphäre mit teils unheilvollen bis verstörenden Stimmungsmomenten. Die schauspielerische Darbietung trägt zur Eindringlichkeit des Films bei, der vorrangig an der Gefühlswelt seiner Figuren interessiert ist. Sowohl Charakterisierung der Akteure, als auch die Dialogarbeit tragen zu dessen Gelingen bei. Philip Selways melancholisch-anmutender Electronic-Score trägt das Geschehen und verleiht Carmilla Ausdrucksstärke. Musikinteressierte dürften den Namen sicherlich einordnen können, denn es handelt sich um den Schlagzeuger der beliebten Art Rock-Band Radiohead.
Zwar ist Emily Harris Beitrag zum Vampirfilm nicht der Einzige, der sich durch seine stille und ästhetische Inszenierung auszeichnet. Klassiker wie Werner Herzogs melancholisches Remake zu Nosferatu, neuere Vertreter wie Tomas Alfredsons Meisterwerk So finster die Nacht oder auch der wunderbare A Girl Walks Home Alone At Night von Ana Lily Amirpour sind hinsichtlich ihrer Umsetzung und Wirkung auch deutlich sehenswertere Filme. So kann Carmilla leider nichts zur Filmwelt beitragen, was den Film von ähnlichen Vertretern grundlegend abhebt. Eine melancholische Stimmung und schöne Bilder verbuchen viele Filme um das Vampirthema für sich, ganz zu schweigen vom romantischen Tenor. Wer aber genau das sucht, sei Carmilla samt Pflock ans Herz gelegt.
Unser Fazit zu Carmilla
Einen bluttriefenden Vampir-Splatterfilm oder einen mit expliziten Erotikszenen angereicherten Horrorfilm bekommt man mit Carmilla nicht geboten. Es ist ein stilles, schauerromantisches Coming-Of-Age-Drama ohne Konzentration auf ein ausschließlich für das erwachsenes Publikum gerichtete Schauwerte. Zwar bedient Carmilla auch diese, sie stehen jedoch stark im Hintergrund der atmosphärischen Adaption. Wer einmal einen Film wie Peter Jacksons Heavenly Creatures im Gewand eines Gothic-Vampirfilmes sehen möchte, dem sei definitiv eine Empfehlung ausgesprochen. Für Filminteressierte abseits dieses Nischenpublikums mangelt es dem Film vermutlich an Eigenständigkeit, und er bietet in seinen Stärken auch keine überragenden Leistungen.
Der Film ist seit dem 23.04.2021 als Blu-ray, DVD und als Stream verfügbar!
Unsere Wertung:
@ Busch Media Group