Bora Dagekins Das perfekte Geheimnis ist nun für das Heimkino erhältlich. Das sage und schreibe zwölfte Remake der italienischen Dramedy lockt mit einer Besetzung von Elyas M’Barek bis hin zu Frederick Lau. Weswegen ihr dennoch einen gigantischen Bogen um die Komödie machen solltet, erfahrt ihr hier.
[su_youtube URL=“https://www.youtube.com/watch?v=73z7e4xSdZQ“]
Titel | Das perfekte Geheimnis |
Jahr | 2019 |
Land | Germany |
Regie | Bora Dagtekin |
Genres | Komödie, Drama |
Darsteller | Wotan Wilke Möhring, Jessica Schwarz, Jella Haase, Elyas M'Barek, Karoline Herfurth, Frederick Lau, Florian David Fitz, Emily Kusche, Adriana Altaras, Levi Eisenblätter, Kim Girschner, David Ali Rashed, Valentin von Falkenhayn, Luis Vorbach, Lara Waldow, Steffen Anton, Julia Koschitz, Anna Maria Mühe, Kida Khodr Ramadan, Katja Riemann, Max von der Groeben |
Länge | 120 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Amazon Prime Video, Netflix basic with Ads, Amazon Prime Video with Ads Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, Videobuster, Alleskino, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Verleihshop Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, Videobuster, Alleskino, MagentaTV, Microsoft Store, Kino on Demand, Videoload, Verleihshop, Freenet meinVOD |
Darum geht es in Das perfekte Geheimnis
Sieben Freunde, darunter drei Pärchen, treffen sich zu einem gemeinsamen Dinner. Um den Abend unterhaltsam zu gestalten, spielen sie ein Spiel. Jeder legt sein Smartphone mit dem Display nach oben auf den Tisch. Von nun an wird jeder Anruf auf laut geschaltet und jede Nachricht gelesen. Wenig überraschend, dass auf einen kurzen Spaß prompt eine Katastrophe nach der anderen folgt. Schließlich verbirgt so gut wie jeder ein Geheimnis. Von einer heimlichen Therapie bis hin zu einer Affäre werden keine Gefangenen gemacht. Spätestens wenn zwei Handys vertauscht werden, verwandelt sich das Abendessen zu einem gewaltigen Grabenkampf.
Starpower bis in die Haarspitzen
Was fällt als Erstes auf, wenn man sich das Plakat anschaut? Richtig, besonders die Schauspieler stechen einem ins Auge. Hier ist ein Darsteller namhafter als der andere. Diese Besetzung ist das vielleicht Beste, was dem Film passieren konnte, denn sie hält ihn die längste Zeit über Wasser. Jeder Schauspieler verkörpert seine Rolle überzeugend. Frederick Lau, der eigentlich weniger für Komödien bekannt ist, passt eben genau dadurch super in seine Rolle hinein. Er schafft es, zunächst charmant und dann in das unfassbar Unsympathische zu rücken, ohne dass es unnatürlich wirkt. Allerdings sticht jemand anderes deutlich stärker heraus: Florian David Fitz liefert eine unheimlich authentische Performance ab. Im Gegensatz zu den Autoren hat er offenbar versucht, sich in seinen Charakter hineinzuversetzen. Dieser Einsatz verleiht seiner Mimik in den subtilen Momenten besonders viel Aussagekraft.
Komödie oder Drama?
Schon die Vorgängerfilme waren eine Mischung aus Drama und Komödie. Doch besonders das italienische Original oder die französische Interpretation Le Jeu legen den Schwerpunkt deutlich auf das Drama. Das perfekte Geheimnis schiebt seinen Fokus allerdings mehr in die Comedy-Richtung. In der Mitte des Films folgt eine große Szene, die dem Zuschauer den Boden unter den Füßen wegziehen soll, doch Das perfekte Geheimnis lockert es immer wieder durch eingestreute und unangebrachte Witze auf. Ein interessantes Konzept wird für ein fröhliches Gefühl beim Zuschauer eingetauscht, was sich besonders im Ende widerspiegelt. Das ist nicht nur ungeschickt, sondern in seiner Botschaft auch verwerflich. Die Witze funktionieren anfangs noch ganz gut, was daran liegt, dass einiges aus den Vorgänger-Filmen übernommen wurde und die Charaktere ganz unterhaltsam miteinander interagieren. Doch ab der Hälfte kippt die Qualität der Pointen schlagartig in eine homophobe Richtung (Genaueres dazu im entsprechenden Artikel: Darum ist Das perfekte Geheimnis homophob).
Ein Remake, das seine Vorlage nicht versteht
In seinen stärksten Momenten kopiert Das perfekte Geheimnis Szenen eins zu eins aus Le Jeu. In seinen etwas Schwächeren wandelt er sie ab und der Film macht einen Kopfsprung in einen mit Reißzwecken gefüllten Pool, wenn er etwas dazu erfindet. Am problematischsten ist hierbei, dass er seine Vorgänger nicht versteht. Sowohl was die sozialkritische Botschaft angeht, die aus mehr als „In Handys stecken all unsere Geheimnisse“ besteht, als auch in ihren Besonderheiten. Le Jeu führt beispielsweise das Element einer Mondfinsternis ein. Es folgt eine Radiodurchsage, dass es laut Aberglauben zu eigenartigen Ereignissen während einer Mondfinsternis kommt. Tatsächlich tritt dies ein und der Film öffnet im letzten Drittel eine ganz neue Ebene, die den Zuschauer auch noch nach dem Abspann über das Gesehene nachdenken lässt.
Die deutsche Version übernimmt diese Mondfinsternis, thematisiert sie auch auffällig stark und lässt dieses Element einfach fallen. Man hätte es genauso gut weglassen können und nichts hätte sich geändert. Um zu zeigen, dass die Mondfinsternis gerade den Abend auf besondere Weise verändert hat, spielt bei Le Jeu eine prägnante Melodie. Auch Das perfekte Geheimnis übernimmt die mystische Erkennungsmelodie, doch setzt sie dann in der gleichen Szene ein, ohne dass sie überhaupt eine Bedeutung haben könnte. Es ist wie der Schüler, der bei seinem Nachbarn abschreibt, aber eigentlich ganz andere Fragen auf seinem Test stehen hat. Aber ich kann euch trösten liebe Franzosen, der Film versteht auch die Jugend nicht. Es wird mit extrem unangenehmer Jugendsprache um sich geschlagen, als wären es Gratis-Sardellen, dass es fast schon beleidigend ist. Während einer Szene in der Instagram DMs vorgelesen werden, würde vermutlich jeder Teenager oder Jugendliche am liebsten im Boden versinken.
Das perfekte Geheimnis oder Der perfekte Ikea-Katalog
Dem deutschen Publikum wird ein weiteres Mal nichts zugetraut. Das beginnt schon bei der Ausstattung. Ecken und Kanten sucht man vergebens. Alles sieht glanzpoliert aus. Der Film hätte auch einfach ein 120 minütiger Werbespot für Ikea sein können. Ansonsten stimmen Schnitt und Colorgrading soweit gut mit dem Film überein. Es ist nichts Außergewöhnliches, sieht aber nicht so aufgesetzt künstlich aus wie bei Honig im Kopf und Co. Allerdings ist es fast schon peinlich, wie wenig Subtilität dem deutschen Publikum zugemutet wird. Das perfekte Geheimnis ergänzt seine Geschichte durch einen eigenen Anfang, der nur aus Exposition besteht. So gut wie jede mögliche Eskapade wird wie mit dem Vorschlaghammer in das Gesicht des Zuschauers geprügelt, damit er es zum späteren Zeitpunkt auch ja versteht.
Von der Regel „Show, don‚t tell“ hat wohl auch noch keiner der Drehbuchautoren gehört, denn jedes Fitzelchen Exposition, das auch einfach gezeigt oder raffiniert in Gespräche verpackt werden könnte, wird durch konstruierte Monologe runtergerattert. Auf der anderen Seite möchte der Film das Drama auch durch weitere Elemente verstärken. Für das Publikum ist ein Ehestreit nicht tragisch genug, es muss unbedingt noch Kokain oder ein scheinbarer Selbstmordversuch hinzukommen. Es ist eigentlich schon eine Beleidigung der Intelligenz seiner Zuschauer, wie plump und konstruiert der Film sein Drama aufbaut. Gleichzeitig wird jede dramatische Szene durchgepeitscht, um wieder zu einem auflockernden Moment zu kommen. Ein eigentlich extrem emotionales Telefonat zwischen Vater und Tochter lässt den Zuschauer hier kalt, da der Szene keine Zeit zur Entfaltung gegeben wird. Das perfekte Geheimnis möchte dramatisch wirken, besitzt aber nicht genug Mut, um es dann auch durchzuziehen.
Unser Fazit zu Das perfekte Geheimnis
Das perfekte Geheimnis ist ein Remake, das seine Vorlagen sowohl in der Botschaft wie auch in ihren Motiven nicht versteht. Die Qualitäten des Remakes sind auch die Qualitäten seiner Vorgänger und die neu hinzugefügten Ideen schaden ihm lediglich. Es bleibt nur zu träumen, was z.B die Jerks-Macher Christian Ulmen und Fahri Yardim aus dem Stoff hätten machen können. Doch für diese Träume ist es eben zu spät und das deutsche Publikum muss sich mit einer mittelmäßigen Komödie zufriedengeben, welche zudem homophobe oder unmoralische Aussagen/Taten ohne Konsequenzen lässt (zum Artikel). Kurz gesagt, jede erdenkliche Art von Intelligenz, Geschmack oder künstlerischem Anspruch wird der einfachen Befriedigung des Unterhaltungstriebs unterworfen.
Das perfekte Geheimnis ist ab sofort als Blu Ray, DVD oder Video on demand verfügbar
Unsere Wertung:
© Constantin Film