Niemand hatte ein weiteres Leche-Gläschen bestellt. Doch beim Schlabbern fällt auf: Das ist nicht mehr der gleiche Stoff von damals… sondern der Hochprozentige! Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch hat einen komplett neuen Anstrich spendiert bekommen, tonal wie visuell. Ob diese Milch dennoch zu abgestanden, zu frisch oder genau richtig ist, erfahrt ihr hier!
Titel | Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch |
Jahr | 2022 |
Land | United States of America |
Regie | Joel Crawford |
Genres | Animation, Abenteuer, Fantasy, Komödie, Familie |
Darsteller | Antonio Banderas, Salma Hayek Pinault, Harvey Guillén, Wagner Moura, Florence Pugh, Olivia Colman, Ray Winstone, Samson Kayo, John Mulaney, Da'Vine Joy Randolph, Anthony Mendez, Kevin McCann, Bernardo de Paula, Betsy Sodaro, Artemis Pebdani, Conrad Vernon, Cody Cameron, Kailey Crawford, Al Rodrigo, Bob Persichetti, Miguel Matrai, Pilar Uribe, Heidi Gardner, Joel Crawford, Januel Mercado, James Ryan, Natalia Cronembold, Paul Fisher, Aydrea Walden |
Länge | 103 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Amazon Prime Video, Amazon Prime Video with Ads Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload Leihen: Apple TV, Amazon Video, Sky Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Freenet meinVOD |
Die Handlung von Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch
Der furchtlose Held der Herzen ist mittlerweile eine lebende Legende. Das „lebend“ sollte dabei hervorgehoben werden, hat der gestiefelte Kater zwar nichts von seinem großspurigen Auftreten, aber immerhin ganze sieben Leben verloren. Zum Glück haben Katzen neun davon, sonst wäre die Reise nach dem aktuellsten Unglück schon am Ende. Apropos Ende, Kater wird nun seine Sterblichkeit nur allzu bewusst – Auf einmal kann ihn jede Mutprobe schrecken.
Begleitet von On-Off-Flamme Kitty sowie dem optimistischen Perro muss der Titelheld seinen ganzen Mut zusammennehmen und nach dem sagenumwobenen Wunschstern suchen, um dem Tod erneut ins Gesicht lachen zu können. Höchste Eile ist geboten, denn gleich zwei andere Parteien verfolgen dasselbe Ziel. Und dann ist da überdies noch der große böse Wolf, ein vermeintlicher Kopfgeldjäger, der nach Katers letztem Leben trachtet…
Weitergemacht, Weitergedacht
Das neue Intro des Konzerns mit sämtlichen unseren Lieblingsfiguren aus dem DreamWorks-Kosmos, das vor Der letzte Wunsch erstmals gezeigt wurde, ist eine schöne Parallele zum Film, der freilich beliebte Elemente aufgreift, sich jedoch ebenfalls etwas gänzlich Originelles wagt.
Kater benötigt keine Origin-Story mehr – wo er sich die Stiefel im ersten Teil erst verdienen musste, beginnt hier die Over-the-top-Action in Gestalt eines energiegeladenen Kampfes zwischen Kätzchen und Kaiju. Eine Bilderbuch-Einführung. Zum einen wird der Charakter, dessen „Wants and Needs“ schnurstracks verständlich eingeführt werden in all seiner Überheblichkeit „wiederbelebt“. Andererseits wortwörtlich genommen, wird die veränderte Optik zum „Shrek-Verse“ obendrein augenblicklich facettenreich inszeniert.
Zugänglich
Nach dem Opening wird keine Zeit mehr damit verschwendet, an die Story des Originals anzuknüpfen. Das lässt die Fortsetzung überraschend eigenständig wirken. Teil 1 ist indessen nicht obsolet, denn die Quantität an Anspielungen ist perfekt ausbalanciert. Fans freuen sich so über die Nostalgie, Neueinsteiger verpassen allerdings nichts und dürften zurückgekehrte Running-Gags sogar als noch unverbrauchter empfinden.
Spider-Man und…
Von dem gewohnt realistischeren 3D-CGI-Stil hat man sich verabschiedet hin zu einem scheinbar simpleren 2.5D. Die Visualität wurde gezielt reduziert, sodass die Eigenschaften der Charaktere nicht verloren gegangen sind und sie und die Umgebung aussehen, als seien sie tatsächlich aus einem modernen Märchenbuch entsprungen.
Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch macht sich ähnliche Frame-Rate-Effekte wie Spider-Man: A New Universe zunutze und hat so oft einen skizzenhaften Zeichentrick-Look inne, der sich von so vielen glatten Welten abhebt (siehe Strange World). Comichaft, verwischt, mit einfacheren Linien, trotzdem ausdrucksstark, stellenweise impressionistisch. Je mehr man sich einlässt, desto mehr wertschätzt man die buntere, spritzigere, abgefahrener Kreativität, selbst in den dynamischen Überblendungen von einer Szene zur nächsten.
…Naruto lassen grüßen
Die Umgebungen sind trotz des schlichteren Stils wahnsinnig detailliert ausgeschmückt, die Texturen wirken plastisch vom seidigen Fell bis zum einfallsreichen Panorama im dunklen Wald. Die Lichtstimmung ist lebhaft und generell wird mehr mit Bildtiefen sowie unterschiedlichen Kameraperspektiven gearbeitet, insbesondere wenn es zur Sache geht.
Hervorstechend ist die Übersicht/Orientierung und der klare Fokus in den mitunter temporeichen Actionsequenzen. Diese sind mit weniger „Peng“/“Boom“ als bei Spidy und mehr mit grafischen Stilmitteln des Anime z.B. den Speed Lines inszeniert. Die Analogien zu Teil 1 machen die Unterschiede höchstens noch offensichtlicher. Beispielsweise wird auch hier gleich zu Beginn wild über Dächer gesprungen, der Stil erinnert jedoch mehr an Attack on Titan als an den Vorgänger.
Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch – Neues Intro, neuer Stil, neuer Kater
Katers Katharsis streichelt nicht beiläufig den Film, sondern bestimmt ihn maßgeblich. Dieses Mal muss der Held nicht bloß begreifen, dass er als Macho doch im Grunde sein gutes Herz ruhig zeigen darf, nur um am Ende doch alleine auf einem Pferd narzisstisch posierend in den Sonnenuntergang zu reiten. Er muss grundlegende Charakterzüge hinterfragen.
Der einsame Wolf, den er eigentlich zurücklassen wollte, personifiziert sich, jagt ihn als eine Metapher, die verdeutlicht, dass er die Moral 2011 nicht verstanden beziehungsweise die falschen Konsequenzen gezogen hat.
Der tollkühne Held kehrt zurück…
… Aber natürlich nicht ohne Hilfe: Bekannte und neue Wegbegleiter wie Katers Artgenossin mit den weichen Pfoten und Möchtegern-Artgenosse Perro, der als Comic-Relief neben reichlich Lachern die intelligentesten Lebensweisheiten parat hält, lassen das diesmal deutlich positivere Team schnell ans Herz wachsen. Der Film schafft es in kurzer Zeit, den schrulligen Persönlichkeiten nachvollziehbare Arcs zu verpassen, sodass, trotz einer Fülle an Gruppierungen, genug Raum für jede Figur bleibt.
Gleich vier kommen in Form der etwas anderen Gangsterfamily daher, bestehend aus Goldglöckchen plus ihren drei Bären. Dabei ist es gerade diese konstant streitende und sich wieder versöhnende Familie, in der mehr steckt, als es zunächst den Anschein macht. Sie erinnern stark an die Zankereien der Südstaaten-Karikaturen Jack und Jill aus Teil 1, nur mit deutlich mehr Substanz.
Gruselige Antagonisten
Den „größtmöglichen“ Kontrast bildet der aus einem englischen Kinderreim stammende abgewrackte Kinderstar „Little“ Jack Horner, welcher der Antagonist ist, den man zuvor bei Goldi und Co. erwartet hätte: exaltiert böse, selbstsüchtig, skrupellos, gierig ausgestattet mit einer Mary-Poppins-artigen Tasche aus derer Untiefe er alle möglichen magischen Gegenstände herauszieht.
Für die jungen Zuschauer*innen stellenweise zu gruselig dürfte hingegen ein anderer sein: Der furchteinflößende Wolf tritt mit rot glühenden Augen aus den Schatten, immer mit einem schaurigen Pfeifen auf den Lippen. Da können sich schon mal die Nackenhaare aufstellen.
Zielgruppe von der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch
Für ein breites Grinsen sorgen wiederum Anspielungen auf Das Dreckige Dutzend, Zwei Glorreiche Halunken etc. nebst zahlreichen humorvollen Querverweise und Cameos aus der Welt der Märchen, garniert mit kurzweiligen gut getimten Slapstickeinlagen, die konstant eine Leichtigkeit versprühen (absurder Einfälle inklusive).
Die knuffigen Kulleraugen können trügen, denn tatsächlich ist der Film durchaus an ältere Zuschauer*innen gerichtet. Man könnte meinen, er würde berücksichtigen, dass die Fans von damals jetzt reifer geworden sind. Kater ist sozusagen mit seinem Publikum erwachsen geworden, obwohl der Spagat gelingt, zusätzlich Neulinge zu integrieren.
Totgesagte leben länger
In Teil 1 waren die gefährlichen Situationen mit schießwütigen Halunken oder in luftigen Höhen nie wirklich bedrohlich. Jetzt fließt sogar Blut. Auch wenn es bloß ein Tropfen ist, verfehlt es nicht die Wirkung. Beleidigungen müssen ausgepiept werden, der Body-Count ist erstaunlich hoch und fleischfressende Pflanzen lassen lediglich ein Skelett von den Opfern übrig.
Wo es erheblich um die Kindheit im Vorgängerfilm ging, geht es hier um grundlegend erwachsene Fragen. Selbstzweifel, Bestimmung, Vertrauen(smissbrauch) – In den Momenten, in denen Katers Panikattacken zum Vorschein kommen, Tod und PTSD thematisiert werden, spricht der Film kurative Ratschläge wie die Freude am Augenblick oder das Finden von Halt in Freundschaft aus. Der Film vermittelt diese Themen auf eine Weise, die für jegliche Altersgruppen immer verständlich ist und sich nie gezwungen anfühlt.
„Scharf“sinnig geschrieben wie Katers Krallen evoziert der Film mit seiner behaarten Hauptfigur samt existenziellen Herausforderungen Assoziationen zu einem FSK-6 Logan.
Unser Fazit zu Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch
Eine Katze landet immer auf ihren Pfoten – Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch fühlt sich nicht nach dem Melken eines angejährten Franchises an, vielmehr brechen wir mit altbekannten Charakteren in ein neues kurzweiliges doch erzählenswertes Abenteuer mit kreativem world-building, einer außergewöhnlichen Visualität, rasanter, gleichwohl übersichtlicher Action, bissigem Witz sowie überraschender Emotionalität auf. Nicht zu erwachsen, nicht zu kindlich, sondern genau richtig!
Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch ist seit 09.03.23 auf DVD/Blu-ray erhältlich!
Unsere Wertung:
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