Mitte des 18. Jahrhunderts begingen junge Frauen in Europa schwerwiegende Verbrechen, damit sie die Todestrafe erhielten. Doch was trieb sie zu diesen Taten? Des Teufels Bad versucht sich an einer Erklärung.
Titel | Des Teufels Bad |
Jahr | 2024 |
Land | Austria |
Regie | Severin Fiala |
Genres | Drama, Mystery, Historie, Horror |
Darsteller | Anja Plaschg, Maria Hofstätter, David Scheid, Natalya Baranova, Lukas Walcher, Agnes Lampl, Camilla Schilien, Lorenz Tröbinger, Reinhold Felsinger, Elias Schützenhofer, Elmar Kurz, Tim Valerian Alberti, Elisabeth Gobbers, Annemarie Schwarzenberger, Franziska Holzer, Judith Hasleder, Fredi Hader, Thomas Haslinger, Claudia Martini |
Länge | 121 Minuten |
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Die Inhaltsangabe von Des Teufels Bad
Im Österreich des 18. Jahrhunderts heiratet die junge Agnes (Anja Plaschg) den Bauern und Fischer Wolf (David Scheid). Ihre Bemühungen, sich in das soziale Gefüge der Familie einzufügen, scheitern kläglich. Die harte Arbeit, die ständige Kritik der Schwiegermutter (Maria Hofstätter) und ihr sexuell desinteressierter Ehemann lassen sie an der Welt verzweifeln. Als auch ihr Kinderwunsch nicht erfüllt wird, bricht sie innerlich zusammen. Gefangen in einem Leben, das ihr keine Perspektive mehr lässt, sieht sie schließlich nur noch einen einzigen Ausweg.
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Regieduo für schwere Kost
Das Autoren- und Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala sowie ihr Produzent Ulrich Seidl sind nicht für leichte Kost bekannt. Veronika Franz schrieb mit Seidl unter anderem die Drehbücher für seine Paradies-Trilogie, die sich mit der dunklen Seite von Glaube, Liebe und Hoffnung auseinandersetzt. Gemeinsam mit Seidls Neffen Severin Fiala inszenierte sie z.B. die beiden Genrefilme Ich seh, ich seh und The Lodge. Ihre Werke rücken oft traumatisierte oder gescheiterte Seelen in den Fokus und lassen uns an ihrem Leben teilhaben. Das Ergebnis ist selten angenehm anzusehen. Getrieben von einem legitimen Wunsch oder gefangen in Dogmen finden ihre Figuren keinen Ausweg aus ihrem Elend – und die Kamera hält unbarmherzig drauf, wenn die unausweichliche Katastrophe letztendlich eintritt. Diese Elemente ihres Schaffens prägen auch ihr neuestes Werk.
Lebensfeindliche Umstände
Des Teufels Bad basiert auf realen Ereignissen und Charakteren, denen der Film gewidmet ist, und entführt uns in die harte Lebensrealität von Bergbauern im Jahr 1750. Die Arbeit ist mühsam, die Natur unerbittlich und die Gesellschaft grausam. Hinrichtungen sind öffentliche Spektakel, die Leichen werden als Warnung zur Schau gestellt und ihre Überreste gelten als Glücksbringer.
Mehrere Historiker:innen wurden hinzugezogen, um die Gegebenheiten so authentisch wie möglich zu rekonstruieren und der Aufwand hat sich sichtlich gelohnt: vom Kostümdesign über die Drehorte bis hin zu den Statisten gelingt eine glaubwürdige Inszenierung dieser Zeit. Wir verstehen, warum die lebensfeindlichen Umstände oftmals zu schweren Depressionen führten. Die Betroffenen „saßen im Teufels Bad“, da ihre Symptome nicht als Krankheit, sondern als Anfechtungen vom Beelzebub betrachtet wurden. Getrieben von religiösen Dogmen suchten vor allem Frauen einen grausamen Ausweg aus ihrem Leid: Sie begingen ein Verbrechen, das mit der Todesstrafe geahndet wurde, da Selbstmord als direkter Weg in die Hölle galt, und lieferten sich anschließend der Justiz aus. Doch vor ihrer Hinrichtung bot sich ihnen noch eine letzte Chance – durch die Beichte konnten sie Absolution erlangen und somit sündenfrei ins Paradies eintreten.
Kaum ertragbarer Abstiegskampf …
Gleich zu Beginn erleben wir einen solchen mittelbaren Suizid und ahnen beim Umschnitt auf die Hauptfigur Agnes, dass wir nun ihrer Abwärtsspirale folgen werden. Wir erfahren, welche Umstände sie in eine Lage bringen, in der sie keinen anderen Ausweg mehr sieht, als physische Gewalt an Unschuldigen zu verüben – eine Seherfahrung, die sich unmittelbar in die Seele der Zuschauer:innen gräbt und ein flaues Gefühl in der Magengegend hinterlässt.
Dazu tragen auch Kameramann Martin Gschlacht und Musikerin Soap&Skin alias Anja Plaschg bei, die nicht nur den eindringlichen Soundtrack komponierte, sondern auch die Hauptrolle übernahm. Wunderschön und bedrückend zugleich visualisiert Gschlacht auf 35-mm-Film diese düstere, kalte und nebelverhangene Welt, die zunehmend Agnes’ Gemütszustand widerspiegelt und verzichtet dabei vollkommen auf die Nutzung von künstlichem Licht. Die zurückhaltende, bedrückende und sparsam eingesetzte Filmmusik verstärkt die Atmosphäre. Ihre volle Wirkung entfaltet sich am Ende, wenn die Stimmung ironischerweise ins Gegenteil kippt und sich wie ein Tritt in die Magengrube anfühlt.
Auch wenn die Ereignisse über 300 Jahre zurückliegen, drängen sich auffallende Parallelen zur Gegenwart auf – und das ist natürlich kein Zufall. Dadurch entsteht nicht nur ein Gefühl der Ohnmacht und Verzweiflung angesichts aktueller Probleme, sondern etwas noch viel Verstörenderes: Empathie für Täter:innen, die sich aufgrund von psychischen Problemen oder religiösen Dogmen zu grausamen Verbrechen getrieben sehen.
… mit exzellentem Schauspiel
Zur Vorbereitung auf ihre Rollen lebten die Hauptdarsteller:innen vor den Dreharbeiten am Set unter den historischen Bedingungen. Dieser zusätzliche Schritt wirkt sich äußerst positiv auf die Authentizität aus. Musikerin Anja Plaschg brilliert als sensible Agnes, die unaufhaltsam auf den Abgrund zusteuert. Sie überzeichnet ihre Rolle zu keinem Zeitpunkt, sondern bleibt stets nuanciert und glaubhaft. Es sind die kleinen Gesten – ein kaum merklicher Gesichtsausdruck oder ein unscheinbarer Dialog – an denen man nach und nach erkennt, welche seelischen Wunden ihr zugefügt werden. Gerade durch ihr meist zurückhaltendes Spiel wirken ihre kurzen emotionalen Ausbrüche umso intensiver. Ihr letzter Monolog, in dem sie zugleich Freude und Verzweiflung ausdrücken muss, ist grandios.
Getragen wird sie von den ebenfalls starken Leistungen von David Scheid als Wolf und Maria Hofstätter als Schwiegermutter, die vielen aus Paradies: Glaube oder den Eberhofer-Krimis bekannt sein dürfte. Doch der Fokus liegt nicht auf ihnen – wir erleben die Welt ausschließlich aus Agnes’ Perspektive. Dadurch bleibt ihnen eine große Bandbreite an Emotionen verwehrt, doch gerade das macht sie zu glaubwürdigen Charakteren: Anders als Agnes haben sie sich dem harten Leben angepasst, doch dieser Überlebensmechanismus hat sie innerlich erstarren lassen. Unwillkürlich mahnt ihr Verhalten uns, trotz aller Widrigkeiten niemals die Menschlichkeit zu vernachlässigen oder blind einer Ideologie zu folgen, denn das Wohl anderer hängt davon ab. Eine wichtige Botschaft, die das herausfordernde Seherlebnis mehr als rechtfertigt.
Unser Fazit zu Des Teufels Bad
Des Teufels Bad ist harter Tobak. In einem fast schon dokumentarischen Stil beobachten wir nicht nur den Untergang einer Frau, sondern lernen auch die brutale Lebenswirklichkeit des 18. Jahrhunderts kennen – wobei die gezeigten Bilder ebenso gut aus einem Folk-Horrorfilm stammen könnten. Neben Suizid und Depressionen wird ein weiteres, sehr intensives Thema angesprochen, für das man ebenfalls innerlich bereit sein muss. Deshalb empfiehlt es sich, die Synopsis vorher genau durchzulesen. Wer sich darauf einlassen kann, erhält ein bedrückendes Psychogramm einer geplagten Seele, mit detailgetreuem Kostümdesign, realistisch wirkenden Schauplätzen, beeindruckenden Bildern und düsterer Musik, das an die Nieren geht.
Des Teufels Bad ist ab dem 27. März 2025 im Heimkino erhältlich.
Unsere Wertung:
© UlrichSeidlFilmproduktion_Heimatfilm