Verfilmungen zur geschichtsträchtigen Bounty gibt es zahlreiche. Die bis dato letzte lieferte Roger Donaldson mit Die Bounty ab. Wie sich diese schlägt, erfahrt ihr in unserer Rezension.
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Titel | Die Bounty |
Jahr | 1984 |
Land | United States of America |
Regie | Roger Donaldson |
Genres | Action, Drama, Historie |
Darsteller | Mel Gibson, Anthony Hopkins, Daniel Day-Lewis, Bernard Hill, Phil Davis, Liam Neeson, Wi Kuki Kaa, Tevaite Vernette, Laurence Olivier, Edward Fox, Philip Martin Brown, Simon Chandler, Malcolm Terris, Simon Adams, John Sessions, Andrew Wilde, Neil Morrissey, Richard Graham, Dexter Fletcher, Pete Lee-Wilson, Jon Gadsby, Brendan Conroy, Barry Dransfield, Steve Fletcher, Jack May, Mary Kauila, Sharon Bower, Tavana |
Länge | 132 Minuten |
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Die Bounty
Der britische Dreimaster Bounty erfreut sich filmisch großer Beliebtheit. Zahlreiche Verfilmungen (in der Summe fünf, wobei die erste als verschollen gilt) mit stets prominenten Gesichtern (u. a. Errol Flynn, Clark Gable, Marlon Brando, Anthony Hopkins) sollten Zuschauer auf die abenteuerliche Seefahrt locken.
Dabei sind die Geschehnisse des Schiffes schon ohne die Dichtkunst Hollywoods genau der Stoff, aus dem Filme sind: Treue, Vertrauen, Liebe, Dramatik und Abenteuer vor exotischer Kulisse.
Im Dezember 1787 ist die Bounty unter dem Kommando von William Bligh (Anthony Hopkins) in See gestochen. Auftrag war es, Brotfruchtstecklinge von Tahiti zu den Antillen zu bringen, um dort die Versorgung der Sklaven zu gewährleisten. Aus diesem Zusammenhang leitet sich auch der durchaus zynische Name des Schiffes ab. Die Bounty (deutsch für Freigiebigkeit u. ä.) sollte für die Großzügigkeit des Königs Georg III stehen, der so die vorm Hungertod stehenden Sklaven „retten“ wollte.
Als das Schiff nach fast einem Jahr Fahrt vor Tahiti ankerte, befanden sich die Brotfruchtbäume in einer Ruhephase. Die Mannschaft um Bligh musste nun mehrere Monate warten, bis die Möglichkeit bestand, Stecklinge zu ziehen. Während dieser Wartezeit freundeten sich verschiedene Seefahrer mit dem einfachen Leben und den tahitianischen Frauen an. Vor allem Blighs Freund und provisorische 2. Offizier Fletcher Christian (Mel Gibson) kann sich nur schwer vom freien Inselleben trennen. Dies führt schlussendlich dazu, dass er am 28.4.1788 die Meuterei gegen seinen Freund und Vorgesetzten anführt…
Wenn Freunde zu Feinden werden
Genau dieses steigende Spannungsverhältnis zwischen Bligh und seiner Crew, insbesondere zwischen ihm und Christian, zeichnet die thematische Aufarbeitung durch Donaldson aus. So ist im Gegensatz zu den vorigen Verfilmungen vor allem Leutnant Bligh deutlich differenzierter gezeichnet. Er wird nicht als simpler Tyrann dargestellt, sondern ist anfangs von Ehrgeiz getrieben und wandelt sich erst zusehends zum ernüchternden, um Kontrolle ringenden Anführer.
Sein Konterpart bleibt da leider deutlich blasser. Christian hält sich letzten Endes ziemlich im Hintergrund. Während er zu Beginn noch eine scheinbar bedeutsame Rolle an der Seite von Bligh einnimmt, entschwindet er spätestens auf Tahiti für längere Zeit seiner Bedeutung. Zwar wird recht ausführlich gezeigt, welche Vorzüge die Mannschaft auf dem Eiland erwarten. Weshalb von den Seeleuten aber ausgerechnet Christian zum Rädelsführer ernannt wird, bleibt recht vage.
Anstelle sich in irgendeiner Form für die Crew verdient zu machen, sieht man ihn in den Monaten des Wartens, sein Leben auf Tahiti genießen. Da scheint eher seine romantische Ader im Vordergrund zu stehen, was es etwas schwer nachvollziehen lässt, weshalb ihn die Mannschaft die Treue hält – zumindest anfangs. Das „Duell“ zwischen Christian und Bligh stellt tatsächlich den Kern in die Die Bounty dar und verspricht dafür recht ungewohnte Spannung für den waschechten Abenteuerfilm.
Die anderen Figuren bleiben leider durchweg blass beziehungsweise kommen kaum bedeutsame Rollen zugesprochen. Mitfiebern lässt sich so am meisten eben doch mit Bligh, der sich als ehrgeiziger und möglichst gerechter Anführer präsentiert. Schade ist es deshalb fast schon, dass seine verzweifelte Odyssee nach der Meuterei nur bruchstückhaft skizziert wird. Nur ausgerüstet mit den nötigsten Utensilien navigierte er sich und die anderen Ausgebooteten in einer Barkasse über eine Strecke von über 6000 Kilometern und einer Dauer von etwa anderthalb Monaten über das offene Meer.
Zukünftige Hollywoodstars
Donaldson konnte in seinem Abenteuerfilm eine ganze Reihe illustrer Darsteller engagieren, die damals allerdings noch nicht auf dem Karrierehöhepunkt angelangt waren. Dennoch ist es natürlich eine wahre Freude, in die – übertrieben gesprochen – knabenhaften Gesichter der heutigen Weltstars zu blicken. Anthony Hopkins (Westworld, Hannibal-Reihe) als ehrgeiziger und zunehmend wahnhafter Kapitän der Bounty und Mel Gibson (Mad Max-Reihe, Lethal Weapon-Reihe, Hacksaw Ridge) spielen sich die Sympathie des Zuschauers dabei immer zu. Nehmen im Laufe der Filmhandlung die disziplinarischen Maßnahmen von Hopkins‘ Bligh immer entwürdigendere und sadistischere Züge an, wähnt man Gibsons Christian als Identifikationsfigur. Doch auch dessen Motive gelten oftmals nur seinem eigenen Interesse.
Eher im Hintergrund halten sich mit Daniel Day-Lewis (Der letzte Mohikaner, Gangs Of New York, There Will Be Blood) ein heutiger und mit Liam Neeson (Schindlers Liste, Taken-Reihe, Hard Powder) ein ehemaliger Charaktermime. Der renommierte Brite Laurence Olivier (Kampf der Titanen, The Boys From Brazil, Spartacus, Rebecca) darf in einigen kurzen Passagen als Admiral Hood, oberster Richter des Tribunals, auftreten.
Musikalisch stand Vangelis (Blade Runner) Pate, der einige Jahre später erneut karibisch-historisch Filmmusik schaffen sollte (1492 – Die Eroberung des Paradieses, Alexander). Seine Komposition nutzt malerische Klänge, die die paradiesischen Örtlichkeiten unterstreichen. Vangelis scheut sich aber auch nicht davor, auf bedrohlich brummende Sounds zurückzugreifen – etwa wenn die Freundschaft zwischen Bligh und Christian erste Risse erhält und sich drohendes Unheil ankündigt.
Positiv anzumerken ist außerdem die, für heutige Verhältnisse, altmodische Drehweise: Es wurde vor echter Kulisse auf Moorea und in umliegenden Buchten gedreht. Das eigens für den Film errichtete Dorf wurde nach Beendigung der Dreharbeiten den Bewohnern der Insel überlassen. Die im Film verwendete Bounty ist übrigens ein akkurater Nachbau, der nun in Hongkong vor Anker liegt und noch heute besichtigt werden kann.
Die Bounty läuft 2019 in den Heimkino-Hafen ein
Die Bounty wurde am 17.4.2019 von Capelight Pictures im gewohnt hochklassigen Mediabook veröffentlicht. Die Besonderheit hierbei: Es handelt sich erstmals um die vollständige Fassung. Bei der damaligen Kinoauswertung fielen etwa 25 Minuten an Handlung der Schere zum Opfer. Dank Capelight kommt der geneigte Sammler nun nicht nur in den Genuss der ersten ungekürzten deutschen Veröffentlichung, sondern kann die bisher fehlenden Filmminuten sogar in deutscher Sprache genießen, da hier nachträglich synchronisiert wurde.
Wem der Film in seiner ursprünglichen Fassung schon zugesagt hat, macht definitiv nichts verkehrt, da die zusätzlichen Szenen einige Figuren und Geschehnisse deutlich aufwerten. Wem der Film aber bisher zu gemächlich über die Gewässer schipperte, wird auf diese vermutlich auch verzichten können.
Das Booklet mit zahlreichen Hintergrundinfos ist äußerst lesenswert. Hier wird ein guter Überblick über die bisherigen Verfilmungen und vor allem die historischen Gegebenheiten präsentiert. Alles in allem ein rundes Paket, welches jeden Sammler und Filmfreund zufriedenstellen sollte.
Unsere Wertung:
© Capelight Pictures