Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution schildert die spektakuläre Stürmung der Miss-World-Wahl 1970 in London durch kämpferische Frauenrechtlerinnen. Die im Gegensatz zu der damals vorherrschenden Meinung alles andere als Spaßbremsen sind. Der Film erinnert in vielschichtiger und amüsanter Weise an ein noch heute aktuelles Thema. Hier erfahrt Ihr mehr.[su_youtube URL=“https://www.youtube.com/watch?v=vcA2f_gV2pU“]
Titel | Die Misswahl |
Jahr | 2020 |
Land | United Kingdom |
Regie | Philippa Lowthorpe |
Genres | Drama, Historie, Komödie |
Darsteller | Keira Knightley, Gugu Mbatha-Raw, Jessie Buckley, Keeley Hawes, Phyllis Logan, Lesley Manville, Rhys Ifans, Greg Kinnear, John Heffernan, Suki Waterhouse, Ruby Bentall, Alexa Davies, Lily Newmark, Loreece Harrison, Clara Rosager, Emma Corrin, Daniel Tiplady, Kajsa Mohammar, Stephen Boxer, Justin Salinger, Maya Kelly, Jo Herbert, Ed Eales White, Jonathan Rhodes, Eileen O'Higgins, Laurel Lefkow, Amanda Lawrence, Samuel Blenkin, Nicholas Nunn, Robert Irons, Jojo Macari, Luke Thompson, Miles Jupp, Polly Kemp, Brig Bennett, Katy Carmichael, Sam Alexander, Emma D'Arcy, Clarence Smith, Thomas Smart, Charlotte Spencer, Rupert Vansittart, John Sackville, Lily Travers, Isis Hainsworth, Mary Higgins, Victor Gardener, Nicholas Murchie, Edmund Digby-Jones, Charlie Anson, Ria Zmitrowicz, Jennifer Hosten, Sally Alexander, Jo Robinson, Pearl Janssen, Eric Morley |
Länge | 107 Minuten |
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Darum geht’s in Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution
Es ist das Jahr 1970. Der Vietnamkrieg ist noch in vollem Gange, und US-Starkomiker Bob Hope (Greg Kinnear) erfreut jedes Jahr im Rahmen der Truppenbetreuung Tausende von GIs mit der Präsentation der jeweiligen Miss World. In London bemüht sich derweil die geschiedene Mutter Sally Alexander (Keira Knightley) um einen Studienplatz. Und muss sich in Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution den abwertenden Blicken einer männlichen Jury stellen.
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Mehr zufällig als bewusst rutscht sie durch eine Begegnung mit der rebellischen Jo Robinson (Jessie Buckley) in die radikale Frauenbewegung. Sie wird zu einer Art intellektuellem Aushängeschild der Gruppe, die schließlich mit dem Sturm auf die Miss-World-Verleihung 1970 Furore machen wird. Dies wird zum Auslöser einer Massenbewegung für Frauenrechte. Und so wird Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution.
Auf wahren Begebenheiten beruhend
Der Film von Philipa Lowthorpe, die für Call the Midwife – Der Ruf des Lebens als erste Frau mit dem BAFTA in der TV-Kategorie ausgezeichnet wurde, beruht auf wahren Begebenheiten. Auch wenn die Frauenbewegung schon wesentlich älter ist, und auch das Women’s Liberation Movement bereits in den 1960er Jahren ins Leben gerufen wurde, hat die Aktion bei der Miss-World-Wahl 1970 doch einen wichtigen, weil besonders publikumswirksamen Impuls gesetzt.
Der Affront, Publikumsliebling und Charmeur Bob Hope mit Rasseln zu unterbrechen und mit Mehlbomben sowie Wasserpistolen zu attackieren, brachte viele zum Nachdenken. Hopes lustig gemeinte Wortspielereien, wie „im Team sei er gern intim“, blieben vielen Frauen im Halse stecken. Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution veranschaulicht dies etwa mit der Reaktion von Hopes Frau Dolores (Lesley Manville) auf die Ereignisse – verhalten und unspektakulär zwar, aber in seiner Nachdrücklichkeit das Ego des Egomanen durchaus verunsichernd.
Kontraste in Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution
Der Film arbeitet stark mit der Gegenüberstellung von Kontrasten, und zwar von Anfang an. Er beginnt mit einer Parallelmontage zwischen wochenschauartig gekörnten Bildern der Hopeschen Fleischbeschau in Vietnam und der erniedrigenden Examinierung Sally Alexanders bei der Aufnahmeprüfung für die Uni. Wobei sie kein Blatt vor den Mund nimmt und Geschlechterstereotypen sowie konventionelle Beziehungen als obsolet betrachtet. „Und der Mann, mit dem ich zusammenlebe, ist auch für das Kind da“, macht sie dem erstaunten Gremium klar.
Sally Alexander ist eine emanzipierte und selbstbewusste junge Frau, die weiß, was sie will. Auch wenn sie sich in der männerdominierten Welt nur wenig Gehör verschaffen kann. Bei der Bekanntschaft mit der rotzig-rebellischen Jo und dem Kontakt mit der radikalen Frauenbewegung, bringt ihr das den Vorwurf ein, doch nur einen Platz am Tisch des männlichen Establishments ergattern zu wollen. Den sie kontert: „Wenn ich dazu gehöre, ist es kein männliches Establishment mehr.“
Charme, Haltung und Badeanzüge
Die Stärke von Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution liegt darin, einfache Antworten in schwarz-weißen Tönen auf komplexe Fragen zu vermeiden. Jederzeit ist die Ambivalenz des Themas spürbar, und die Charaktere sind vielschichtig. Dass Schönheitswettbewerbe ganz oben auf der Liste der Feindbilder der Frauenbewegung stehen, ist dabei nicht verwunderlich. Und dass sich angesichts geschlechtssterotyper Zuweisungen bei solchen Veranstaltungen seit damals nicht allzu viel verändert hat – man denke nur an TV-Shows wie Germany’s Next Topmodel – macht das Thema auch heute noch brisant. Wie es im Film heißt: Frauen werden gewogen, gemessen und zur Schau gestellt. Es geht um Charme, Haltung und – Badeanzüge.
Und dennoch: Miss-Kandidaten waren weder damals noch sind sie es heute nur die Barbie-Püppchen, als denen sie von frauenbewegten Gegnerinnen gern hingestellt werden. Auch Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution spart nicht an Hinweisen darauf, dass jede Frau ihre Gründe für die Teilnahme an einer solchen Konkurrenz hat. Der Film zeigt auch die rassistischen Hemmnisse, und wie sie überwunden werden können – zumindest für einen kurzen Moment. So gibt es eine weiße Miss Südafrika und eine farbige Miss Afrika Süd, der es im Übrigen verboten wurde, über politische Themen zu reden. Vielleicht könnte ja auch die neue Miss World eine dunklere Hautfarbe haben? Bei aller Kritik an der Fleischbeschau wird die Misswahl durchaus spannend inszeniert.
Zentrale Konfrontation auf der Toilette
Die Ambivalenz wird besonders deutlich in der zentralen Konfrontation von Sally Alexander mit Miss Grenada auf der Toilette. Die hat es in Wirklichkeit natürlich nicht gegeben. Im Film aber funktioniert sie wunderbar. Wer nicht weiß ist, müsse um seinen Platz in der Welt kämpfen, sagt die Miss zu der Feministin aus der privilegierten Gesellschaft: „Ich freue mich schon darauf, die gleichen Voraussetzungen wie Du zu haben.“ Das ist Stoff zum Nachdenken. Aber es gilt auch: Die Träume von einem besseren Leben der Ausgebeuteten werden im Patriarchat schamlos ausgenutzt.
Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution ist voll kleiner Anspielungen in knappen Bildern auf strukturelle Ungleichheit, voller Witz und Ironie. Sei es der kurze Blick auf den im Stehen pinkelnden Krauskopf in der Frauenkommune oder die von der Oma geschminkte Tochter Sally Alexanders, die spielt, eine Miss-World-Lady zu sein. Während die Oma ihrer Tochter vorwirft: „Einige deiner Einstellungen sind ziemlich entmannend.“ Was im übertragenen Sinne ja auch als Lob verstanden werden könnte.
Fernseher mit Wurfantenne
Der Film besticht darüber hinaus mit viel Zeitkolorit, wie dem kleinen Fernseher mit Wurfantenne – damals wurden TV-Signale nämlich noch terrestrisch übertragen. Auch die schauspielerischen Leistungen lassen sich sehen, allen voran Keira Knightley gewohnt souverän als kämpferische Feministin. Dabei gar nicht so unähnlich ihrer Rolle in Official Secrets. Aber auch Rhys Ifans gibt einen wunderbar versnobten Eric Morley, den Manager der Miss-Show. An Greg Kinnear als Bob Hope muss man sich optisch vielleicht erst gewöhnen. In Körperhaltung, Gestik und Mimik kommt er der Komikerlegende jedoch sehr nah.
Der Musikeinsatz in Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution ist ebenfalls überaus gelungen. Wenn Aretha Franklins „Respect“ beim ersten Aufbegehren Sally Alexanders erklingt und die Frage stellt: „What you want?“, ist das gleichsam ein Motto für den gesamten Film. Ebenso gut passt das „Deus Irae“, der Zorn Gottes, aus Giuseppe Verdis „Requiem“ bei der turbulenten Stürmung der Misswahl.
Mein Fazit zu Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution
Ein äußerst gelungener Film über ein wichtiges Thema, das weder an Brisanz noch Aktualität seit den 1970er Jahren verloren hat. Von der Bildsprache her zwar unspektakulär und manchmal eher auf TV-Niveau, inhaltlich und in den Dialogen jedoch vielschichtig, witzig und eloquent. Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution scheut nicht vor ambivalenten Fragen zurück und beleuchtet alle Seiten des Problems. Ohne dabei die Botschaft zu vernachlässigen: Das Patriarchat hat sich überlebt.
Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution startet am 1. Oktober im Kino.
Unsere Wertung:
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