Es gibt Geschichte, die sind so unglaublich, man würde ihr Drehbuch als Fantasiestoff abtun, wüsste man nicht, dass es sich tatsächlich so zugetragen hat. Eine dieser Geschichte hat sich 1972 in den Anden abgespielt – und wurde nun mit dem Titel Die Schneegesellschaft ein weiteres Mal verfilmt. Wird die Adaption dem Sachverhalt gerecht?
Titel | Die Schneegesellschaft |
Jahr | 2023 |
Land | Spain |
Regie | J. A. Bayona |
Genres | Drama, Historie |
Darsteller | Enzo Vogrincic, Agustín Pardella, Matías Recalt, Esteban Bigliardi, Diego Vegezzi, Fernando Contigiani García, Esteban Kukuriczka, Francisco Romero, Rafael Federman, Valentino Alonso, Tomás Wolf, Agustín Della Corte, Felipe Otaño, Andy Pruss, Blas Polidori, Felipe Ramusio, Simón Hempe, Luciano Chattón, Rocco Posca, Paula Baldini, Emanuel Parga, Juan Caruso, Benjamín Segura, Santiago Vaca Narvaja, Fede Aznárez, Agustín Berruti, Alfonsina Carrocio, Louta, Juandi Eirea Young, Jerónimo Bosia, Giselle Douaret, Agustín Lain, Julian Bedino, Federico Formento, Lautaro Bakir, Tea Alberti, Francisco Bereny, Toto Rovito, Lucas Mascarena, Maximiliano de la Cruz, Juan José Marco, Mariano Rochman, Esteban Pico, Pablo Tate, Virgínia Kauffmann, Francisco Burghi, Daniel Patricio Antivilio Acuña, Ezequiel Fadel Hinojosa, Gustavo F. Sasco, Facundo Roure, Gas, Emanuel Sobré, Carlos Miguel Páez Rodríguez, Tomás Friedmann, Roberto Suárez, Constanza del Sol Giraudo, Gabriela Quartino Tilve, Sergio Armand'ugón, María Elena Pérez, Julio Lachs, Camila Chieza, Franco Rilla, Ignacio Martínez, Ramiro Rutz, Sandra Américo, Claudia Trecu De Lucía, Susana Groisman, Julieta Marcus, Clara Roibal Camino, Clara Ibarra Vierci, Lorenzo Bigliardi, Carolina Steinhorn, Belen Giannini, Camila Giannotti, Sofía Lara, Verónica Perrotta, Rogelio Gracia, Álvaro Armand Ugón, Sara Bessio, Noelia Campo, Juan Carlos Alcayaga González, Consuelo Ortega, Pedro Luque, Carlos García Bayona, Pablo Vierci, Berch Rupenian, Nando Parrado, Roberto Canessa, Antonio José Vizintín Brandi, José Luis Inciarte Vázquez, Gustavo Zerbino Stajano, Daniel Fernández Strauch, Ramón Mario Sabella Barreiro, Joaquín De Freitas Turcatti, Juan Andrés Hidalgo Aguayo, Eder Fructos, Ernesto Torres De Rago, Viviana Campugiani, María Laura Berch, Gustavo Saffores, Marcelo Zurita, John Despaux, Luis Barreiro Delgado, José Andrés Mediza Teodoro, Imma Stawski, Enzo Lombardi Fernández, Claudio Martín, Benicio Sarubbo Colucci, Florencia Colucci |
Länge | 144 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Die Schneegesellschaft – Die Handlungsangabe
1972 kommt es beim Fuerza-Aérea-Uruguaya-Flug 571, der eine Rugbymannschaft nach Chile bringen sollte, zu einem katastrophalen Absturz auf einem Gletscher inmitten der Anden. Nur 29 der 45 Passagiere überlebten den Absturz, woraufhin sie sich in einer der härtesten Umgebungen der Welt wiederfanden und zu extremen Maßnahmen gezwungen waren, um zu überleben.
“Was passiert wenn die Welt einen aufgibt? Die Antwort findet sich in den Bergen”
Die Geschichte von Die Schneegesellschaft basiert auf dem Roman La sociedad de la nieve von Pablo Vierci, der selbst zwar nicht Teil der vom Unglück Betroffenen war, aber ein Klassenkamerad der Überlebenden. Bereits 1993 gab es eine Verfilmung des Anden-Unglücks. Der Film Überleben von Frank Marshall basiert jedoch auf dem Buch Alive: The Story of the Andes Survivors von Piers Paul Read. Bayona gibt an für seine Recherche auch mit Überlebenden und Angehörigen gesprochen zu haben. Er verfolgte also einen anderen Ansatz als sein Vorgänger Marshall, doch selbstredend drängen sich Vergleiche zwischen den beiden Produktionen trotzdem auf.
Ein wesentliches Unterscheidungskriterium ist bereits die Entscheidung bei der neuen Adaption auf Laiendarsteller statt bekannte Namen zu setzen. Das führt dazu, dass man sich als Zuschauer voll auf die Charaktere einlassen und mit ihnen mitfühlen kann ohne im Hinterkopf stets zu wissen, dass es sich nur um Schauspieler handelt, die sich dieser Katastrophe gegenüber ausgesetzt sahen. Des Weiteren wurde Die Schneegesellschaft in spanischer Sprache verwirklicht während Überleben doch eindeutig als Hollywood-Werk zu erkennen war. Dementsprechend ist es kaum verwunderlich, dass die neue Version allein schon wegen dieser Faktoren wesentlich intensiver daherkommt und das Publikum unmittelbarer ins Geschehen einbezieht.
Ein Absturz und die Folgen
Vor etwas mehr als zwei Jahren hat der Flugzeugabsturz in Yellowjackets die Messlatte, wie man solche Katastrophen greifbar und intensiv darstellen kann, deutlich nach oben verschoben. Auch die Absturzkatastrophe hier nach wenigen Filmminuten ist eindrucksvoll in Szene gesetzt und spart nicht an drastischen Bildern. Die wahre Tragödie begann jedoch bekanntlich erst nachdem die Maschine bereits in ihre Einzelteile zerschellt war und für die Überlebenden mitten im eisigen Nirgendwo der Wettlauf mit der Zeit und ums Überleben begann. J.A Bayona liefert über dann etwa zwei Stunden ein Survival-Drama mit Thriller-Elementen, das zwar nicht immer die Spannung auf höchstem Niveau zu halten vermag, bis zum Ende hin aber keinen kaltlassen wird.
Den moralischen Verfall mit einsetzendem Hunger im verzweifelten Kampf mit der Natur fängt der Regisseur von Sieben Minuten nach Mitternacht mit vielen Emotionen gekonnt ein. Da die Darsteller jedoch dank ihrer Unbekanntheit nur zaghaft Identifikationsfläche auftun, fehlt in letzter Instanz hier punktuell das Einfühlen in die Einzelschicksale. Das kann durch die Off-Stimme, die von Beginn an einen fast philosophischen Blick auf das Ganze eröffnet, aber ein Stück weit in Grenzen gehalten werden. Die Gefühlswelt kann sehr gut nachvollzogen werden, nicht bei allen Überlebenden, aber doch bei den meisten.
Überleben um jeden Preis…
Die spektakulären Bilder der Andenszenerie sind fast zu schön für die Tragik der Ereignisse. Durch diesen Kontrast hingegen wirken die Grausamkeiten im Verlauf noch roher und unterstreichen die Aussage der Interpretation Bayonas. Nahaufnahmen der immer fragileren jungen Männer wechseln sich ab mit Panoramen, in denen die Menschen wie Stecknadelköpfe, klein und unbedeutend, wirken. Die menschlichen Dramen, die sich bereits recht bald im Film Bahn brechen, erfordern schon etwas Geduld vom Publikum. Mitunter hat auch das Methode, denn für die Überlebenden hatte Zeit irgendwann ja auch eine ganz andere Dimension.
Mir kommt das erste Mal der Gedanke, dass ich nicht nach Hause zurückkehren werde.
Die Schneegesellschaft ist der diesjährige Beitrag Spaniens im Rennen um den Oscar in der Kategorie “Nicht englischsprachiger Film”. Das mag einerseits wenig überraschen, haben doch erfahrungsgemäß Stoffe mit historischen Hintergründen immer gute Karten. Andererseits traut sich Bayona doch recht weit ins Fiktionale abzugleiten und etwaige Leerstellen mit seinen Ideen zu füllen. Als Survival-Thriller funktioniert das wirklich über aller Maßen gut, wenn man Filme dieses Subgenres mag. Wer hingegen einen hohen Anspruch an die akkurate Abbildung der “Wahrheit” hat, wird von den vereinzelt schon in die Horror-Schiene abdriftenden Einschüben womöglich abgeschreckt werden.
Unser Fazit zu Die Schneegesellschaft
Der neue Film von J.A Bayona ist eine Gratwanderung zwischen moralisierendem Thrillerdrama und Abbildung eines historischen Unglücksfalls. Über weite Strecken geht das Konzept gut auf und über die Bebilderung oder auch die Spannungskurve wird sich keiner beklagen. Wie man einzelne strittige Momente als Zuschauer:in einordnet, ist allen selbst überlassen. Und für alle, die ein Problem mit dem Kannibalismus-Thema haben, sprechen wir an dieser Stelle noch eine Triggerwarnung aus.
Die Schneegesellschaft läuft ab dem 4. Januar 2024 bei Netflix!
Unsere Wertung:
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