Der Traum vom schnellen Geld, der Ausstieg aus einem Leben am Existenzminimum: In Divines möchte die junge Dounia ausbrechen aus den Fesseln, die ihr die Gesellschaft und ihre Herkunft anlegen.
Titel | Divines |
Jahr | 2016 |
Land | France |
Regie | Houda Benyamina |
Genres | Drama |
Darsteller | Oulaya Amamra, Déborah Lukumuena, Kévin Mischel, Jisca Kalvanda, Yasin Houicha, Majdouline Idrissi, Farid Larbi, Bass Dhem, Maryama Soumare, Wilfried Romoli, Mohamed Ourdache |
Länge | 105 Minuten |
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Plot
Dounia ist 15 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter in einer Romasiedlung eines Pariser Banlieues. Der Vater ist schon lange weg, weshalb das junge Mädchen auf der Straße auch Bastard gerufen wird. Mit der Schule steht sie auf Kriegsfuß – kein Respekt vor den Lehrern, kein Interesse an den Fächern, die sie lernen soll. Stattdessen sucht sie mit ihrer Freundin Maimouna lieber nach einer Möglichkeit, schnell an Geld zu kommen. Als sie die Drogendealerin Rebecca kennenlernt, die von teuren Urlauben und Luxusgegenständen prahlt, sieht sie ihre Chance gekommen. Sie möchte sich fortan ihren Lebensunterhalt als Pusher verdienen.
Kritik
Bildungsferne Schichten – Die Wut in Dounia
Keine Perspektive, abgehangen von der Gesellschaft – Dounia wächst in einem verarmten Problemviertel auf. Zwar geben sich ihre Lehrer alle Mühe, ihr Wissen zu vermitteln und sie bestmöglich auf das Leben vorzubereiten, aber Dounia glaubt längst nicht mehr an die Macht der (Schul-)Bildung. Sie ist wütend und unbelehrbar. Denn im Endeffekt weiß sie: Sie landet sowieso in einem perspektivlosen Job aus dem Niedriglohnsektor.
Auch in Deutschland ist es noch immer ein riesiges Problem, dass Kinder aus bildungsschwachen beziehungsweise bildungsfernen Familien nur selten eine höhere Schule besuchen. Je niedriger die Bildung der Eltern, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ihre Kinder es besser machen. Auch wenn Dounia erst 15 Jahre alt ist, spürt sie, dass sie in Zukunft nicht das Geld haben wird, um sich ein sorgloses und luxuriöses Leben leisten zu können. Je bewusster sie sich darüber wird, dass sie bald nach der Schule unweigerlich in ein Hamsterrad eintreten wird, desto stärker sehnt sie sich nach Reichtum. Als eine Lehrperson wissen möchte, was sie mit ihrem Leben vorhat, antwortet sie daher auch nur mit “money, money, money” und lässt imaginäre Scheine regnen.
Zwei Karrieren: Der schnelle und der lange Weg
Als Dounia durch Zufall den talentierten Tänzer Djigui kennenlernt, kreuzen sich zwei unterschiedliche Lebenswege und offenbaren dadurch die wichtigsten Aussagen von Divines. Djigui geht, so könnte man es verallgemeinern, den hartigen und steinigen Weg. Die Kunst- und Kulturbranche ist generell unterfinanziert. Dort ein geregeltes Auskommen zu finden, ist dementsprechend schwierig. Doch der junge Mann glaubt an den Wert von ehrlicher Arbeit und natürlich an seinen Traum, die Hauptrolle in einem Tanzstück zu erhalten und auf Tournee zu gehen. Dafür trainiert er fleißig Stunde um Stunde.
Dounia hingegen kommt durch den Drogenhandel, den sie für die erfahrenere Rebecca abwickelt, schnell zu Geld und Luxus. Der Weg der Illegalität ist verlockend, da er kurz und enorm erfolgsversprechend erscheint. Entbehrungen kennt die junge Protagonistin zur Genüge – sie möchte jetzt alles. Vergiftet von Gier riskiert sie alles in einem Metier, in dem Gewalt und durchtriebene Machenschaften jeden verschlingen können.
Trotz dieser Gegensätze umgarnen sich die Lebenspfade von Dounia und Djigui immer wieder. Obwohl das junge Mädchen so sturköpfig agiert, dass der Zuschauer dem drohenden Unheil ohnmächtig entgegensehen muss, schimmern Hoffnung, Einsicht und sozusagen Bekehrung immer wieder in Divines auf. Dass hier junge Frauen den harten Weg des Drogendealers gehen und ein Mann den Part des gefühlvollen Ausdruckstänzers übernimmt, ist im Übrigen eine dankbare Abwechslung auf die gängigen Geschlechterverteilungen.
Fazit
Vollkommen zu Recht räumte Regisseurin Houda Benyamina 2016 die Goldene Kamera für den “Besten Debütfilm” bei den Filmfestivalen in Cannes ab. Divines ist einer der eindringlichsten und wichtigsten Coming-of-Age-Filme seit Jahren. Denn er beschäftigt sich nicht nur mit den typischen pubertären Problemen des Erwachsenenwerdens, sondern liefert auch eine handfeste Gesellschaftskritik über abgehängte Bevölkerungsschichten und verlorene Kinder mit. Diese mag zwar altbekannt und in ihrer Erzählweise über Aufstieg und Fall durch viele Drogen- und Mafiafilme mittlerweile etwas abgegriffen sein. Nichtsdestotrotz ist diese Problematik in Deutschland und anderen Ländern heutzutage immer noch so aktuell wie eh und je.
Unsere Wertung:
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