Nach den Ereignissen von Spider-Man: No Way Home fragt sich die weltweite Fangemeinde, wie es nun, nachdem das Multiversum sperrangelweit offen steht, im Marvel Cinematic Universe weitergeht. Die Erwartungen an Doctor Strange in the Multiverse of Madness sind also gigantisch. Kann der Blockbuster dem gerecht werden?
Titel | Doctor Strange in the Multiverse of Madness |
Jahr | 2022 |
Land | United States of America |
Regie | Sam Raimi |
Genres | Fantasy, Action, Abenteuer |
Darsteller | Benedict Cumberbatch, Xochitl Gomez, Elizabeth Olsen, Chiwetel Ejiofor, Benedict Wong, Rachel McAdams, Jett Klyne, Julian Hilliard, Michael Stuhlbarg, Hayley Atwell, Anson Mount, Lashana Lynch, John Krasinski, Patrick Stewart, Charlize Theron, Sheila Atim, Adam Hugill, Bruce Campbell, Ross Marquand, Andy Bale, Ako Mitchell, Momo Yeung, Daniel Swain, Topo Wresniwiro, Eden Nathenson, Vinny Moli, Charlie Norton, Aliyah Camacho, Ruth Livier, Chess Lopez, David K.S. Tse, Yasmin Chadwick, Anthony Knight, Nuakai Aru, Victoria Grove, Joshua Peace, Nina Jalava, Joshmaine Joseph, Yenifer Molina, Kevin Dalton, Orphee Sidibe, Gregory Fung, Cecilia Appiah, Victoria Sterling, Jordan Alexandra, Bobbie Little, Gabriella Cooper-Parsons, André Layne, Michael Waldron, Bridget Hoffman, Scott Spiegel, Jessica Pennington, Andrew Morgado, Audrey Wasilewski, Christian Rummel, Richie Palmer, Stephen Samson, John King |
Länge | 126 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Disney Plus Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Freenet meinVOD |
Doctor Strange in the Multiverse of Madness – Handlung
Die junge America Chavez (Xochitl Gomez) taucht in New York vor dem Sanctum Sanctorum von Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) auf und bittet den mächtigen Zauberer um Hilfe. Sie wird nämlich von einem unheimlichen Wesen quer durchs Multiversum verfolgt. Andere Varianten von Strange haben schon ihr Leben dabei verloren. Der Stephen Strange dieses Universums beschließt, die mächtige Hexe und Avengers-Mitstreiterin Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen) zur Unterstützung aufzusuchen, um America zu schützen. Denn wenn die Kräfte der jungen Heldin in die falschen Hände geraten, stehen viele Welten womöglich vor der Vernichtung.
! Spoilerfreie Kritik !
Diese Rezension soll – und das ist selten so schwer gewesen – ohne Spoiler auskommen, weil die Beurteilung von Doctor Strange in the Multiverse of Madness auch sehr davon abhängt, wie man die Überraschungen aufnimmt. Bei diesem Beitrag steht nur im Zentrum, was bereits aus den Trailern heraus bekannt war.
Einordnung ins Marveluniversum
Wer nach den großen und von vielen Fans euphorisch aufgenommenen Ereignissen des letzten Spider-Man-Teils erwartet hat, dass der zweite Teil von Doctor Strange nun hieran direkt anschließt, wird sich wundern. Die Geschehnisse aus No Way Home haben hier nämlich eher wenig Relevanz. Ursprünglich sollte der Film nämlich sogar vor dem Spinnenmann-Abenteuer Kinopremiere feiern und erst die coronabedingten Umstrukturierungen haben das geändert. Das merkt man insofern, dass die einzige Szene, die auch nur minimal auf das einschneidende Aufeinandertreffen von Spidey und Stephen Strange eingeht, zehn Meilen gegen den Wind nach Nachdreh riecht.
Im Gegensatz dazu von enormer Bedeutung ist allerdings, neben den Geschehnissen von Doctor Strange selbstredend, was im vergangenen Frühjahr die erste Marvelserie WandaVision bei Disney+ zum Ergebnis hatte. Erstmals in der MCU-Geschichte werden diejenigen, die lediglich die Kinofilme verfolgen, hier etwas Probleme haben, Motivationen der Handlungsträger und den Status Quo zu verstehen. Die Rädchen aus Serien- und Filmprojekten greifen also immer mehr ineinander. Dies ist sicherlich einerseits für das große Ganze nochmal ein Gewinn an Möglichkeiten, in die Breite zu gehen und Figurenbackgrounds besser herauszuarbeiten, ohne jeweils die Zuschauer in die Kinos zu locken.
Auf der anderen Seite fehlt da jedoch – ohne zu viel zu verraten – der finale Feinschliff der Verzahnung. Denn während WandaVision essenziell in die Handlung von Doctor Strange in the Multiverse of Madness einzahlt, spielt alles rund um die „Time Variance Authority“ und andere etablierte Dinge aus Loki hier kaum eine Rolle, was womöglich doch etwas zu Widersprüchen führt.
Alte Bekannte, …
Die Hauptrollen in diesem vollgepackten Superheldenabenteuer spielen, neben dem Titelhelden Stephen Strange, Elizabeth Olsen als Wanda/Scarlet Witch und die hier neu eingeführte Multiverse-Reisende America Chavez, die von der recht unbekannten Xochitl Gomez verkörpert wird. Dabei stiehlt Olsen mit einer emotional extrem einnehmenden Performance Cumberbatch streckenweise komplett die Show. Schon bei ihren ersten Auftritten im MCU musste sie immer wieder Verluste hinnehmen und gleichzeitig mit ihren unglaublich mächtigen Fähigkeiten umgehen. Nun befindet sie sich seit den Resultaten von WandaVision aber mehr denn je mit ihren inneren Dämonen im Konflikt, was dazu führt, dass die Darstellerin ein unheimlich großes Spektrum von Gefühlswelten glaubhaft vermitteln muss. Dies gelingt ihr so gut, dass man sämtliche Handlungen und die Konsequenzen, seien sie nun gut oder schlecht, mitfühlt.
Benedict Cumberbatch ist als Doctor Strange ohne Zweifel eines der Aushängeschilder im Marvel-Filmuniversum und speziell seitdem Iron Man und Captain America in Avengers: Endgame ausgestiegen sind, zur mitunter zentralsten Figur geworden. Nun hat er schon die Mentorenrolle für Peter Parker in No Way Home übernommen und selbiges wiederholt sich hier gefühlt etwas mit dem Auftauchen von America Chavez. Auch die Entwicklung seiner Figur schreitet gefühlt eher in kleinen Schritten voran. Dies führt dazu, dass er zwar weiterhin sämtliche Sympathien hat, aber eben auch manche seiner Eigenheiten fast schon nervig und redundant wirken. Das ein oder andere Augenzwinkern weniger und er würde noch mehr seiner Seriosität behalten.
… neue Gesichter
Die wiederkehrenden Nebenfiguren fallen hier allesamt nicht groß ins Gewicht, wenngleich man von Charakteren wie Wong (Benedict Wong) eigentlich immer schon noch mehr sehen wollte. Und auch Rachel McAdams wird zwar hier nochmal zentraler ins Geschehen gerückt, bleibt aber zu blass, um der Figur der Christine Palmer die Relevanz zu geben, die sie eigentlich für Stephen hat. Xochitl Gomez hingegen ist in Doctor Strange in the Multiverse of Madness vom ersten Erscheinen an sofort grundsympathisch. Sie bereichert das MCU und treibt den immer wieder angedeuteten Generationswechsel im Avengers-Lager weiter voran (Stichwort: Young Avengers!). Auch die Chemie zwischen ihr und Cumberbatch passt sehr gut, denn wie gesagt, in der Mentorenrolle fühlt sich der mächtige Magier sichtbar sehr wohl.
Ein Hauch von Sam Raimi…
Nachdem man den Regisseur von Teil 1, Scott Derrickson, durch den ebenfalls horrorerfahrenen Filmemacher Sam Raimi ersetzt hat, deutete einiges darauf hin, dass die Fortsetzung des Films von 2016 tatsächlich so etwas wie der erste Horrorfilm unter der MCU-Flagge werden könnte. Dem muss man jedoch entschieden den Wind aus den Segeln nehmen, denn auch wenn hier immer mal wieder Horrorelemente Verwendung finden und schon einige der stärkeren Szenen einen unverkennbaren Raimi-Anstrich haben, so ist das alles doch ziemlich weit von „echtem“ Horror entfernt. Wiederkehrende Genremotive wie Albträume, Spiegel oder auch Augen werden hier zwar toll eingesetzt und sorgen auch für einen düsteren Ton, den man in den bisherigen Marvel-Kinofilmen so noch nicht gesehen hat. Dennoch spielt sich alles noch klar innerhalb der Grenzen dessen ab, was hierzulande mit FSK 12 möglich ist.
Nichtsdestotrotz muss gelobt werden, wie hier doch endlich mal mehr Konsequenzen ausgesprochen und gezeigt werden und wie brutal doch einige Momente sind. Selbst wenn die ganz harten Bilder teils nur im Kopf des Zuschauers finalisiert werden, so reichen allein die Andeutungen stellenweise dafür, dass ein paar mal der Atem stockt. Außerdem ist allein das Zeigen der ein oder anderen Wunde oder überhaupt von Blut genauso ein kleines Novum wie das Auftauchen von Untoten. Raimi hat mit seinen Evil-Dead-Filmen einst die Verbindung von Horror und Comedy neu definiert und den Versuch, diesen Spagat nun hier zu wiederholen, merkt man klar.
… mit den bekannten Baustellen …
Auf jede Raimi-typische Szene folgt in Doctor Strange in the Multiverse of Madness jedoch mindestens eine aus dem Standardrepertoire von Kevin Feiges Marvel Cinematic Universe. Kompromisslos seinen Stempel aufdrücken lässt das Mastermind des Franchise keinen seiner Regisseure. Das führt im Fall dieses neuen Beitrags dazu, dass dem Film etwas die Balance fehlt. Der erste Akt fühlt sich stark nach Marvel-Routine an, funktioniert aber doch wieder ganz gut, weil die unmittelbare und atemlose CGI-Action-Orgie das Publikum fast etwas überrumpelt. Infolgedessen krankt auch dieser Marvel-Blockbuster wieder daran, dass zahlreiche ernste Momente von deplatzierten One-Linern um ihre emotionale Tragweite betrogen werden. In manchen Fällen treibt man dies sogar so auf die Spitze, dass man Situationen der Lächerlichkeit preisgibt. Damit untergräbt man komplett jedwede dramaturgische Fallhöhe. Kein neues Problem im MCU, aber umso ärgerlicher, dass auch nach inzwischen knapp 30 Filmen hier kein Augenmerk drauf zu liegen scheint.
… und dem, was das MCU ausmacht
Wer jedoch immer noch mokiert, dass hier nahezu keine Szene nicht vor dem Green Screen und am Computer entstanden ist, der hat schlicht falsche Erwartungen an dieses Filmuniversum. Die Welten, die hier allerdings am Rechner kreiert werden, sehen zum allergrößten Teil wirklich sensationell gut aus. Auch wenn man den Aspekt des Multiversums mitunter sogar noch mehr hätte ausspielen können, ist das, was man mit der Prämisse hier macht doch ein kreativer Fingerzeig. Es ist und bleibt die Verfilmung eines Comics und daher sollte hier auf physikalische Korrektheit genauso wenig Wert gelegt werden, wie darauf, ob alles, was hier passiert, einem finalen Logikcheck standhalten würde.
Die Action knallt ordentlich und auf emotionaler Ebene gelingt es auch wieder, die richtigen Knöpfe zu drücken. Ohne zu viel zu verraten sind hier jedoch nicht ganz so viele Momente gelungen, in denen mal eine Träne die Wange runterrollt. Das liegt schlicht daran, dass die Figuren, die hier in den entsprechenden Szenen agieren, nicht den jahrelangen Aufbau genießen konnten wie beispielsweise ein Spider-Man, gespielt von Tobey Maguire, der fast auf den Tag genau nun vor zwanzig Jahren die Popkultur durch sein Erscheinen maßgeblich geprägt hat.
Bilder (wie gewohnt) für die große Leinwand geschaffen
Das Produktionsdesign ist in Doctor Strange in the Multiverse of Madness überdies sehr gelungen. Die inzwischen ikonische visuelle Umsetzung der Zauberkräfte von Strange sieht stark aus und wird konsequent um einige frische Ideen ergänzt. Dazu sehen alle Szenen mit Wanda, die dann wiederum eher rotlastig gehalten sind, auch fantastisch aus. Die düsteren Kapitel haben dann auch nochmals stilistisch eindeutig die Handschrift von Sam Raimi. Audiovisuell ist der Blockbuster auf jeden Fall ein Kinoerlebnis. Und durch den Score von Danny Elfman bekommt der Film noch eine musikalische Kirsche on top, durch die die Atmosphäre erst richtig verdichtet wird.
Wird der Fan-Service-Bogen überspannt?
In der Mitte des Films kommt es zu einer Sequenz, die definitiv die Fans spalten wird. Dabei handelt es sich um die im Trailer schon angedeutete Verhandlung zwischen Strange und den hier eingeführten Illuminati. Während man in No Way Home durch die neuen Möglichkeiten, die sich durch das Multiversum aufgetan haben, liebgewonnenen Charakteren nochmals einen würdevollen Auftritt geboten hat, ist das, was hier nun an Cameos eingebaut wurde, schon hart an der Grenze zum Nonsense. Wie man dies nun bewertet, muss jeder Zuschauer wohl für sich beantworten. Dem Autor dieses Beitrags war es am Ende gerade noch dadurch plausibel genug, dass der Ausgang dieses Akts dem Ganzen doch eine gewisse Rechtfertigung verleiht.
Doch weiter überdehnen darf man den Fan-Service-Aspekt auf keinen Fall mehr. Nicht ganz Comic-affine Kinogänger haben sicherlich schon hiermit mehr Probleme als mit dem, was bei Spider-Man bezweckt wurde. Und genauso wird es ihnen mit der Mid-Credit-Szene gehen. Hier wird wieder ein Ausblick auf die Zukunft gegeben, den ebenfalls nur eingefleischte Fans auch als solchen verstehen werden.
Unser Fazit zu Doctor Strange in the Multiverse of Madness
Doctor Strange in the Multiverse of Madness ist ein weiterer extrem unterhaltsamer Blockbuster aus dem Marvel Cinematic Universe, der Dank eines frischen Ansatzes des Regisseurs tatsächlich auch neue Wege geht. Letztlich fehlt dem Studio aber doch der Mut, den zuletzt beispielsweise die DC-Konkurrenz mit The Batman bewiesen hat, tatsächlich „All-In“ zu gehen. Der inzwischen eher abgedroschen bis nervige Marvel-Humor steht einer noch besseren Bewertung genauso im Weg wie die Unausgewogenheit des Drehbuchs. Der Film ist zwar für Marvel-Verhältnisse mit ziemlich exakt zwei Stunden Laufzeit gar nicht so lang, lässt aber daher durch seine teils gehetzt wirkende Erzählweise an der ein oder anderen Stelle nicht die nötige Atempause, um die Tragik wirklich begreifen und mitfühlen zu können.
Zudem ist es nahezu unabdingbar, dass man auch das Seriengeschehen bei Disney+ verfolgt, um alle Zusammenhänge zu erfassen. Auch mit den Überraschungsauftritten von Figuren, die Hintergrundwissen erfordern, macht dieser MCU-Beitrag deutlich wie keiner zuvor: Dies ist ein Film für Fans! Bleibt nur zu hoffen, dass bei all der Formelhaftigkeit in künftigen Projekten jeder Regisseur zumindest so homöopathisch wie Raimi hier seine kreative Vision anklingen lassen darf, denn ansonsten geht dem Franchise irgendwann doch die Luft aus und selbst hartgesottenen Fans verlieren den Appetit auf das stets gehobene, aber auch immergleiche Comicfilm-Menü.
Doctor Strange in the Multiverse of Madness ist seit dem 4. Mai 2022 in den deutschen Kinos zu sehen!
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