Howard Hawks hat mit Leoparden küsst man nicht 1938 quasi die Blaupause für eine gelungene Screwballkomödie gedreht, mit Ein Goldfisch an der Leine lieferte er dann 1964 seine letzte Komödie ab. Ob auch diese das Zeug zum Klassiker hat, erfahrt Ihr in unserer Rezension.
Titel | Ein Goldfisch an der Leine |
Jahr | 1964 |
Land | United States of America |
Regie | Howard Hawks |
Genres | Komödie, Liebesfilm |
Darsteller | Rock Hudson, Paula Prentiss, Maria Perschy, John McGiver, Charlene Holt, Roscoe Karns, James Westerfield, Norman Alden, Forrest Lewis, Regis Toomey, Tyler McVey, Kathie Browne, Tom Allen, Don Ames, Jim Bannon, Holger Bendixen, Joan Boston, Paul Bryar, Boyd Cabeen, Bill Cassady, Lincoln Demyan, Med Flory, George Ford, Rudy Germane, Betty Hanna, Ed Holmes, Shep Houghton, Elise Kraal, Paul Langton, Ollie O'Toole, Jeffrey Sayre, Margaret Sheridan, Dianne Simpson, Cap Somers, Ed Stoddard, Joan Tewkesbury, Christopher White, Edmund Williams, Edy Williams |
Länge | 120 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Darum geht’s in Ein Goldfisch an der Leine
Roger Willoughby (Rock Hudson) ist Profi im Angelsport – zumindest in der Theorie. Als Verfasser von entsprechenden Ratgebern hat der Verkäufer von Angelausrüstungen eine riesige Fangemeinde. Nur mit der Praxis hapert’s. Denn Willoughby hat in seinem Leben noch nie einen Fisch gefangen. Zudem ekelt er sich vor den glitschig-schuppigen Wasserbewohnern.
Als ihn sein Chef Cadwalader (John McGiver) auf Anraten der PR-Expertin Abigail Page (Paula Prentiss) dazu nötigt, an einem Angelwettbewerb teilzunehmen, ist er mit seinem Anglerlatein am Ende. Da sich die hübsche Abigail aber – wie sollte es anders sein – in den tollpatschigen Roger verguckt, will sie ihm mit ihrer „Easy“ genannten Partnerin Isolde (Maria Perschy) das Fischen beibringen. Komplikationen kündigen sich an, als Rogers Verlobte Tex (Charlene Holt) diesen Angelversuchen zu nahe kommt…
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Ein Doris-Day-Film ohne Doris Day
Bei einer US-Komödie mit Rock Hudson denkt man schnell auch an Doris Day. Schließlich hatte der sich erst spät zu seiner Homosexualität bekennende Hollywood-Beau mit der blonden Diva drei nicht nur erfolgreiche, sondern auch ungemein witzige Filme wie etwa Bettgeflüster abgeliefert. Ein Goldfisch an der Leine ist aber leider ein Doris-Day-Film ohne Doris Day. Aber er ist ein Howard-Hawks-Film.
Howard Hawks war eben nicht nur ein Meister des klassischen Western- (Rio Bravo), Thriller- (Tote schlafen fest, Scarface) oder Abenteuergenres (Hatari). Mit Leoparden küsst man nicht schuf er DIE klassische Screwball-Komödie schlechthin. In den 60ern trat der 1896 geborene Regisseur und Produzent erheblich kürzer, wobei er allerdings mit den Western El Dorado und Rio Lobo, beide mit John Wayne in der Hauptrolle, noch zwei bemerkenswerte Alterswerke schuf. Ein Goldfisch an der Leine entstand im Anschluss an seinen Erfolgsstreifen Hatari (ebenfalls mit Wayne). Und die Messlatte liegt daher auch bei dieser Komödie recht hoch.
Ein Goldfisch an der Leine startet temporeich
Und es geht gleich flott los. Zu schwungvoller Easy-Listening-Mucke von Altmeister Henry Mancini (Hatari, Frühstück bei Tiffany) fährt Willoughby durch die Straßen San Franciscos zu seiner Arbeitsstelle. Hinter ihm, dicht an seiner Stoßstange klebend, ein quietschgelber Kleinwagen, am Steuer eine Frau mit auffallender Brille. Als Willoughby rückwärts auf seinen Stammparkplatz fahren will, kommt ihm die freche Brünette zuvor. „Ich wollte hier parken“, sagt der Düpierte. „Mag sein, aber jetzt bin ich schon hier“, lautet die selbstbewusste Antwort.
Ein klassischer Konfrontationsstart, mit dem sich Abigail Page schwungvoll vorstellt, um sogleich mit ihrer Partnerin Easy in dem Geschäftshaus zu verschwinden. Nicht ohne Willoughby den Tipp zu geben, er könne ihren Wagen ja wegschieben. Was folgt, ist der erste einer Reihe gelungener Slapstickmomente. Verzweifelt versucht der großgewachsene Mann über das Schiebedach in den winzigen Pkw zu klettern, was zu absurd-akrobatischen Verrenkungen führt, die in einen typischen Screwball-Dialog mit einem herbeikommenden Polizisten gipfeln.
Der Kampf der Geschlechter
Hawks war Spezialist für selbstbewusste Frauengestalten. Man mag in ihm darin einen Befürworter der Emanzipation erkennen. Immerhin zeigt er mit viel Ironie die Schwierigkeiten des normalen Mannes, sich gegenüber selbstbewussten Frauen durchzusetzen. Damit nimmt er das Dilemma des „neuen Mannes“ vorweg. Wobei er allerdings nicht die männliche Perspektive verlässt. Es geht halt darum, sich durchzusetzen, gleichberechtigte Kooperation sieht anders aus. In seinem Kampf der Geschlechter einen verhalten feministischen Appell zu vermuten, wäre daher übertrieben. Zu stark wirkt die folgende Infantilisierung Abigails als emotional unberechenbares Wesen.
Und wenn sie Willoughby im späteren Verlauf anbietet: „Ich begleite Sie nach Hause“, worauf er antwortet: „Ich hasse dominante Frauen. Ich begleite Sie nach Hause!“ ist das zwar ein weiterer ironisch gebrochener Kommentar auf das männlich-angeknackste Selbstbewusstsein. Es bleibt jedoch in seinem Bild der Geschlechterrollen seiner Zeit verhaftet. Das bringt Indianer John Screaming Eagle (Norman Alden) vielleicht am deutlichsten rüber: „Eine Squaw weiß nie, was sie will, bis Sie es ihr sagen.“
Die Zuspitzung auf das Rollenklischee „trotteliger Mann – selbstbewusst, starke Frau“ dient in Ein Goldfisch an der Leine somit vor allem der Vorbereitung wirkungsvollen Slapsticks. Und davon könnte der Film durchaus mehr vertragen. Nach dem gelungenen Start flachen Tempo und Gagdichte zunächst ab. Erst in der zweiten Hälfte wird es wieder turbulenter. Zwei Stunden Laufzeit haben daher nicht zur Qualität beigetragen, hier wäre weniger mehr gewesen.
Mancher Witz hat zu lange Barteln
Natürlich gibt es auch schon in der ersten Hälfte gelungene Szenen und witzige Einzeiler. Wenn etwa Willoughby erklärt, warum er als Nicht-Angler Utensilien für diesen Sport verkauft und Bücher schreibt: „Muss einer, der Vögel verkauft, auch fliegen können?“ Die mit Abstand amüsanteste Nebenfigur ist Screaming Eagle, der nie um einen guten Spruch des großen Häuptlings Konfuzius verlegen ist. Konfuzius, ein Indianer? Ein chinesische Indianer halt. Ansonsten tappt Ein Goldfisch an der Leine allzu oft in die Kiste der Slapstickklischees. Wenn Tollpatsch Willoughby mit seinen Füßen in zwei Eimer tritt oder mit der Aufbauanleitung eines Campingzeltes kämpft, sind das Gags aus der Mottenkiste. Der Witz hat einen langen Bart, oder in diesem Fall halt ziemlich lange Barteln.
Dennoch gibt es auch wirklich witzige Momente. Wenn ein Bär auf einem Mofa davondüst etwa. Oder wenn Willoughby, weiter mit den Tücken der Objekte kämpfend, in seinem klemmenden Schlafsack durch sein Zimmer hüpft, von der selbstaufblasbaren Anglerhose kopfüber unter Wasser gedrückt wird oder, mit seinem eigenen Buch in der Hand, ins Wasser watet und der Fisch samt Angel davonschwimmt.
Erotische Doppeldeutigkeiten
Vieles davon ist erotisch aufgeladen. Die prüden 50er Jahre waren 1964 längst überwunden, und sexuelle Doppeldeutigkeiten en vogue. Hawks ist dabei nicht so elegant wie etwa Alfred Hitchcock mit seinem in den Tunnel einfahrenden Zug am Ende von Der unsichtbare Dritte, einem deutlichen Verweis auf den Geschlechtsakt. Mag sein, dass Hawks Hitchcock auch ironisch kommentieren wollte, als er den ersten Kuss zwischen Willoughby und Abigail mit der stummfilmartigen Szene zweier kollidierender Züge zusammenschneidet. Manches ist arg holzhammerartig, aber dennoch lustig. Wenn sich ein Fisch in die Anglerhosen verirrt, verursacht das bei Abigail ein Kitzeln, während Willoughby offenbar befürchtet, der Hering könnte dort nach einem Würmchen schnappen.
Die Schauspieler sind ein interessanter Mix aus altgedienten Comedy-Routiniers wie John McGiver (Frühstück bei Tiffany, Mr. Hobbs mach Ferien) und relativ unverbrauchten Gesichtern wie Paula Prentiss oder Maria Perschy. Die Österreicherin Perschy hatte in Ein Goldfisch an der Leine ihre erste größere internationale Rolle. Sie erinnert in Stimmlage und Sprechweise stark an Romy Schneider und synchronisert sich in der deutschen Fassung selbst. Paula Prentiss hingegen spielt stark überdreht, was in Verbindung mit ihrer ständig ins Falsett kippenden Synchronstimme äußerst nervtötend wirkt. Hier empfiehlt sich eindeutig mal wieder die Originalfassung. Letztlich ist es aber in erster Linie Rock Hudson, der den trotteligen Willoughby mit Charme und Augenzwinkern eindringlich verkörpert und damit den Film über manche Hürde rettet. Man würde ihm halt nur eine Doris Day an die Seite wünschen.
Mein Fazit zu Ein Goldfisch an der Leine
In den 60er Jahren ging die große Zeit der US-Komödie allmählich zu Ende. Mag sein, dass die Amerikaner angesichts des Kalten Krieges, den Morden an den Kennedy-Brüdern und des beginnenden Vietnamkrieges einfach nicht mehr viel zu lachen hatten. Auch wenn mehrere Kritiker den seinerzeit nur mäßig erfolgreichen Ein Goldfisch an der Leine zu einem Klassiker hochjubeln, fehlt ihm die Klasse früherer Hawks-Werke. Neben vieler gelungener Gags gibt es zu viel flachen und altbackenen Humor. Zusammen mit der vorhersehbaren Handlung führt das bei der zweistündigen Laufzeit zu leichten Ermüdungserscheinungen. An einem lauen Sonntagnachmittag kann man sich damit anständig vergnügen, mehr aber auch nicht. Immerhin kommt die Blu-ray mit einem gestochen scharfen Bild daher, das auch schon Freude macht.
Ein Goldfisch an der Leine erscheint am 14. Januar 2021 erstmals auf Blu-ray!
Unsere Wertung:
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