Ein leichtes Mädchen mit der skandalumwitterten Zahia Dehar feierte 2019 in Cannes Premiere. Passend, denn die Regiearbeit Rebecca Zlotowskis spielt in besagter Stadt an der Côte d’Azur.
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Titel | Ein leichtes Mädchen |
Jahr | 2019 |
Land | France |
Regie | Rebecca Zlotowski |
Genres | Komödie, Drama |
Darsteller | Mina Farid, Zahia Dehar, Benoît Magimel, Nuno Lopes, Clotilde Courau, Lakdhar Dridi, Loubna Abidar, Henri-Noël Tabary, Cédric Appietto, Mickaël Migliorini, Mathias Ben Hamou, Colette Rossi, Lise Lomi, Martine Guzman, Julie Allione, Lolita Chammah, Andy Gillet, Félix de Givry, José Levy, Kate Moran, Gérard Rambert |
Länge | 92 Minuten |
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Worum geht es in Ein leichtes Mädchen?
Naïma (Mina Farid) lebt mit ihrer Mutter in eher bescheidenen Verhältnissen in Cannes. Mit ihrem 16. Geburtstag beginnen die Sommerferien. Sie ist noch komplett orientierungslos und ohne Vorstellungen, wie sie die freie Zeit verbringen möchte. Als ihre Cousine Sofia (Zahia Dehar) der Familie unverhofft einen Besuch aus Paris abstattet, entwickelt Naïma mehr und mehr Faszination für den Lebensstil der aufreizenden 22-Jährigen. Nachdem die beiden den Lebemann Andres (Nuno Lopes), ein Kunsthändler aus Brasilien, und dessen Assistenten Philippe (Benoît Magimel) – zwei Männer um die 40 Jahre alt und obszön reich – kennenlernen, versucht auch Naïma in diese schillernde Welt voller Unbekümmertheit, Nacktheit und Yachtausflügen einzusteigen.
Zur Person Zahia Dehar
Die französisch-algerische Zahia Dehar stieg bereits mit 16 Jahren in die Prostitution ein. 2009, immer noch minderjährig, wurde sie angeblich von Franck Ribéry und Karim Benzema, beide Fußballnationalspieler Frankreichs, für Sex bezahlt. Die Ermittlungen dazu wurden kurz vor der Fußballweltmeisterschaft 2010 publik und machten Dehar prompt zu einem Internet-Phänomen. Die Berühmtheit nutzend wurde sie vorübergehend als Model zur Muse Karl Lagerfelds und designte später selbst Mode und Lingerie. 2016 ergatterte sie unterdessen eine kleine Rolle in der Fortsetzung zur Rom-Com Joséphine und nun folgt mit Ein leichtes Mädchen ihre erste größere Rolle in einem Spielfilm.
Eine natürlich-erotische Ausstrahlung
Über ihre schauspielerischen Fähigkeiten lässt sich dabei noch kein Urteil fällen, dafür verlangt der Film ihr zu wenig ab. Fest steht jedoch, dass die Rolle der Sofia ihr wie auf den Leib geschneidert ist. Das Selbstverständnis, ja, die Natürlichkeit mit der sie Sexualität gegenübertritt, ist äußerst erfrischend. Sie verhält und kleidet sich dabei wie eine begehrenswerte Figur aus einem Roman Michel Houellebecqs: Selbstbewusst hüllt sie sich in leichte Sommerkleider, die ihre Rundungen betonen oder streift ein durchsichtiges Top über. Mit expliziten Nacktszenen hat sie kein Problem. Über ihrem Steißbein ist ein Tattoo zu erkennen: “Carpe Diem” – Genieße den Augenblick.
Das Lebensgefühl von Ein leichtes Mädchen
Letzteren plumpen Hinweis zur Charakterisierung von Sofia hätte es allerdings nicht benötigt. Dieses Lebensgefühl strahlt der Film auch so in jeder Minute aus. Auf anderer Ebene geht der Film aber durchaus subtiler vor, so erfährt der Zuschauer von den Protagonisten äußerst wenig. Wodurch sich wiederum die “Lebe im Jetzt”-Einstellung optimal widerspiegelt. Auch dass Naïma und Sofia sich im Kino ausgerechnet Martyrs – wohl einer der heftigsten Filme aus der New French Extremity und somit auch ein Symbol von (künstlerischer) Freiheit – ansehen, ist sicherlich kein Zufall.
Die traumhafte, sonnengetränkte Kulisse an und vor den Stränden von Cannes wird dabei mal von simplem, zurückhaltenden Jazz, mal von sanften Gitarrenklängen untermalt. Für manche Szenen wird dagegen komplett auf Musik verzichtet, wobei sich die Regisseurin rein auf die Hintergrundgeräusche zum Aufbau einer wohligen Atmosphäre verlässt. Das Vogelzwitschern, das Rauschen der grünen Büsche im hörbar angenehmen Wind – ja, der Zuschauer wünscht sich, er wäre vor Ort und könnte die warme Sommerbrise selbst im Gesicht spüren.
Coming-of-Age für Erwachsene?
Wie die Wellen an den Stränden der Côte d’Azur plätschert auch der Film so vor sich hin. Das ist per se kein Kritikpunkt und kann sogar als Gegenteiliges aufgenommen werden. Immerhin soll der Film genau das vermitteln. Es ist dadurch allerdings klar, dass der Film sich primär an ein jugendliches Publikum wenden möchte. Ältere Generationen werden wohl kaum etwas mit Ein leichtes Mädchen anfangen können. Das ist zwar bei einem Coming-of-Age-Film auch nicht sonderlich verwunderlich, doch da sich Ein leichtes Mädchen den Thematiken grundsätzlich auf sehr erwachsene Art und Weise nähert, könnte er möglicherweise auch die angestrebte Zielgruppe verfehlen.
Das wäre äußerst schade, denn obwohl Ein leichtes Mädchen sicherlich nichts besonders Innovatives bietet, handelt es sich dabei um einen sehr sympathischen, ruhigen und nachdenklichen Genre-Vertreter – mit schön knackiger Lauflänge und einwandfrei strukturiert. Denn der Film zitiert in der ersten Einstellung den christlichen Philosophen und Erfinder der Wahrscheinlichkeitsrechnung, Blaise Pascal: “Das wichtigste im Leben ist die Wahl eines Berufes. Der Zufall entscheidet darüber.” Zu diesem Zitat wird, ohne zu viel verraten zu wollen, zum Schluss eine schöne Klammer gesetzt.
Fazit zu Ein leichtes Mädchen
Ein warmer, reifer und schön anzusehender Coming-of-Age-Film, der seine Thematik auch in der Inszenierung widerspiegelt. Wenn der Zuschauer schon keine neuen Erkenntnisse aus Ein leichtes Mädchen ziehen mag, so kann er immerhin schon einmal seinen nächsten Urlaub an die traumhafte Côte d’Azur planen.
Ein leichtes Mädchen erscheint am 24. Januar 2020 auf Blu-ray und DVD im Handel und digital als VoD.
Unsere Wertung: