Schon zum zweiten Mal hat sich Apple einen Film mit Tom Hanks in der Hauptrolle für sein Original-Portfolio zugekauft. In der Kritik zu Finch erfahrt ihr, ob der Superstar als einer der letzter Männer auf Erden überzeugt.
Titel | Finch |
Jahr | 2021 |
Land | India |
Regie | Miguel Sapochnik |
Genres | Science Fiction, Drama, Abenteuer |
Darsteller | Tom Hanks, Caleb Landry Jones, Oscar Avila, Lora Martinez-Cunningham, Marie Wagenman, Emily Jones |
Länge | 115 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Apple TV Plus |
Finch – Handlung
Ein Mann, ein Roboter und ein Hund bilden in Finch eine ungewöhnliche Familie. Tom Hanks spielt Finch, einen Roboter-Ingenieur, der einer der wenigen Überlebenden einer verheerenden Naturkatastrophe ist, die die Erde in eine Einöde verwandelt hat. Finch, der 10 Jahre in einem Bunker unter der Erde gelebt hat, hat sich seine eigene Welt geschaffen, die er sich mit seinem Hund Goodyear teilt. Er baut einen Roboter, gespielt von Caleb Landry Jones, der sich um Goodyear kümmern soll, wenn er selbst nicht mehr dazu in der Lage ist.
Die drei brechen zusammen zu einer gefährlichen Reise in den Westen der USA auf. Finch möchte seiner Kreation, die sich selbst den Namen Jeff gegeben hat, zeigen, wie wundervoll es ist, lebendig zu sein. Auf ihrem Roadtrip stellen sie sich spannenden und unterhaltsamen Herausforderungen, denn es ist für den Erfinder genauso schwierig, Jeff und Goodyear dazu zu bringen, sich zu verstehen, wie mit den Gefahren dieser neuen Welt umzugehen.
Eine Science-Fiction-Robinsonade mit viel Herz
Anfang des Jahres hatte Netflix mit The Midnight Sky eine sehr ähnliche Geschichte herausgebracht. Und auch in den vergangenen Jahren wurden mehrfach solch postapokalyptische Variationen der klassischen Robinsonade auf Leinwand und im Heimkino erzählt. All diese Filme, sei es nun I am Mother, The Prospect oder die Zombie-Variante I am Legend, eint eine einnehmende Darstellerleistung eines Protagonisten oder einer Protagonistin, die einen Großteil der Zeit allein beim Überlebenskampf beobachtet wird. Jede dieser Versionen eines der am öftesten in abgewandelter Form adaptierten Romanidee, Daniel Defoes “Robinson Crusoe”, legt einen anderen Schwerpunkt oder fügt der Basis eine neue Komponente hinzu.
Im Großen und Ganzen ist Finch unter den moderneren Interpretationen auf den ersten Blick wohl eine der konventionellsten. Erst, wenn man sich wirklich in die Lage der Hauptfigur hineindenkt, wird klar, was der Kern dieser Variation ist. In dieser Produktion steckt vor allem eine Sache, nämlich wahnsinnig viel Herz. Obwohl man verhältnismäßig wenig Zeit mit Hanks Figur verbringt, geht einem sein Schicksal extrem nahe. Auf emotionaler Ebene sticht Apples Prestigeprojekt das Netflix-Pendant mit George Clooney aus, trotz oder gerade weil man hier eine der wohl geradlinigsten Storys seit langer Zeit ganz ohne irgendwelche Nebenschauplätze erzählt.
Tom Hanks, wie man ihn lieben gelernt hat
Eben diese Herzlichkeit, die Finch auszeichnet, liegt zum allergrößten Teil an der Darbietung von Tom Hanks. Inzwischen hat der Oscarpreisträger in seinem Spiel immer mehr Altersweisheit, wodurch man ihm diese Rolle vollends abnimmt. Die Melancholie, die er in seine Monologe oder in die Dialoge mit einem Hund oder einer K.I., legt, fällt nicht anhand der Worte aus, die er ausspricht, sondern dadurch, was seine Augen und seine Mimik währenddessen erzählen. Und trotz all der Müdigkeit, der Resignation in der Reflexion seines Lebens und der minimalen Chance noch etwas bewirken zu können, strahlt er noch einen Appell des Willens aus, der voll beim Publikum ankommt.
Die Leistung von Hanks ist umso bemerkenswerter, wenn man sich vor Augen führt, wie oft er schon in ähnliche One-Man-Show-Rollen geschlüpft ist. Und obwohl er, nach einer Bruchlandung in Cast Away oder gestrandet auf einem Flughafen in Terminal, nun schon mehrfach den modernen Robinson Crusoe gemimt hat, verleiht er jeder dieser Inkarnationen etwas Einzigartiges. Seinen Status hat Hanks nicht von ungefähr, denn kaum ein anderer Darsteller hat es geschafft, inzwischen über Jahrzehnte, eigentlich immer ähnliche Typen zu spielen, bei denen die Nuancen des Unterschieds doch reichen, um mit jeder einzelnen Figur aufs Neue begeistert mitzufiebern.
Technisch beeindruckend
Wirklich stark ist Finch auch auf der technischen Seite. Die postapokalyptischen Metropolen, die eindrucksvollen Landschaften oder die unbändige Naturgewalt sind in fantastische Bilder gebannt. Erneut ist es fast schade, dass dieses Science-Fiction-Abenteuer von den allermeisten Zuschauern nicht auf der großen Leinwand genossen wird, sondern auf dem heimischen Fernseher, auf dem die Panoramen bei Weitem nicht voll zur Entfaltung kommen. Das Highlight ist in Finch jedoch der Roboter, der im Motion-Capture-Verfahren von Caleb Landry Jones gespielt wird. Angefangen beim Design bis hin zu den Bewegungseigenarten, ist dieser Androide eine wahrlich außergewöhnliche Filmfigur mit Kultpotenzial.
“Jeff” macht an der Seite seines “Vaters” eine faszinierende Entwicklung durch und doch macht der Film immer wieder durch kleine Feinheiten klar, weshalb diese künstliche Intelligenz niemals wirklich die letzte Stufe zur Menschlichkeit erreichen kann. Aus der Dynamik des ungewöhnlichen Trios heraus entstehen dann auch einige herzlich-lustige Momente. Und auch wenn Finch es sogar schafft seinem Roboter etwas wie Humor beizubringen, so schwingt auch hier immer ein hohes Maß an Nachdenklichkeit mit.
Fast meditatives Tempo und viel Philosophie
Auf die Entschleunigung dieses Zukunftsdramas muss man sich einlassen können. Für fast zwei Stunden Laufzeit passiert hier oberflächlich betrachtet nicht viel und schon gar nichts, was als Überraschung zu bezeichnen ist. Doch auch, wenn man die Geschichte wohl auch in eine Episode der Anthologie-Serie Black Mirror hätte quetschen können, so entsteht erst durch das gewählt langsame Tempo der Raum sich schon während des Schauens Gedanken über die zahlreichen Botschaften zwischen den Zeilen zu machen. Es geht in Finch um nicht weniger als das, was Menschsein ausmacht. Trotz der Bedeutungsschwere dieses Themas hat der Film jedoch auch eine gewisse Leichtfüßigkeit, sodass der Spaß auch nicht zu kurz kommt.
Unser Fazit zu Finch
Mitunter werden viele Zuschauer von Finch etwas anderes erwarten als das, was der Science-Fiction-Film tatsächlich liefert. Was man bekommt ist ein philosophisches Drama mit einem altersweisen Tom Hanks in Bestform, der als letzte Aufgabe vor seinem Dahinscheiden versucht einem Roboter zur Menschlichkeit zu verhelfen. Erwartet man keine Action, keine Twists und kann man mit dem feingeistigen Humor etwas anfangen, so wird man von diesem Film auch noch lange nach dem Schauen etwas haben.
Finch ist ab dem 5. November bei Apple TV+ abrufbar!
Unsere Wertung:
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