Die erste Staffel von For All Mankind stieß eine alternative Geschichtsschreibung zu unserer Historie an. In den weiteren Staffeln zweigte sich diese Parallelwelt immer weiter von unserer ab. Mit Staffel 4 kommt man nun im neuen Jahrtausend an. Wie unterscheidet sich die Serienwelt von unserer – und ist die Show damit weiterhin so packend wie bislang?
Titel | For All Mankind |
Jahr | 1989 |
Land | United States of America |
Regie | Al Reinert |
Genres | Dokumentarfilm, Historie |
Darsteller | Jim Lovell, Russell Schweickart, Eugene Cernan, Michael Collins, Charles Conrad, Richard Gordon, Alan Bean, Jack Swigert, Stuart Roosa, James Irwin, Ken Mattingly, Charlie Duke, Harrison Schmitt, Buzz Aldrin, Bill Anders, Neil Armstrong, Stephen Bales, Walter Cunningham, Ron Evans, Fred Haise, Neil B. Hutchinson, Christopher Kraft, Gene Kranz, Jim McDivitt, Edgar D. Mitchell, Bob Overmyer, Buck Owens, Wally Schirra, Dave Scott, Alan Shepard, Deke Slayton, Thomas Stafford, Edward H. White II, John Young, John F. Kennedy, Lyndon B. Johnson, Joseph P. (Joe) Kerwin |
Länge | 80 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
For all Mankind – Staffel 4 – Die Handlungsangabe
Happy Valley ist in den acht Jahren seit Staffel drei ins neue Jahrtausend vorgestoßen und hat seinen Fußabdruck auf dem Mars rasch ausgeweitet, indem es ehemalige Feinde zu Partnern gemacht hat. Im Jahr 2003 liegt der Schwerpunkt des Raumfahrtprogramms auf dem Fang und Abbau äußerst wertvoller, mineralreicher Asteroiden, die die Zukunft der Erde und des Mars verändern könnten. Doch die schwelenden Spannungen zwischen den Bewohnern des inzwischen ausgedehnten internationalen Stützpunkts drohen alles, worauf sie hinarbeiten, zunichte zu machen.
Spoilerfreie Kritik
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den ersten sieben Folgen der vierten Staffel. Dementsprechend ist die Kritik darauf bezogen und soll dazu dienen, den Lesern vermitteln, ob Stärken der ersten Staffeln ausgebaut, Fehler ausgebügelt und Überraschungen eingebaut wurden. Spoiler werden dabei selbstredend vermieden.
Ein weiterer Zeitsprung in Richtung unserer Gegenwart
Die dritte Staffel endete mit einem riesigen Knall – nicht nur im übertragenen Sinne. Nach dem Anschlag auf die NASA-Zentrale und den Verlusten gibt es nun für die Protagonisten und uns Zuschauende einen erneuten Zeitsprung – es geht ins Jahr 2003. Wie haben die Charaktere, die man nun quasi schon teils über Jahrzehnte begleitet die erneuten Schicksalsschläge verkraftet? Was wird uns als Status Quo im Space Race zwischen NASA, Sowjets, den Asiaten und den aufkommenden Privatfirmen vorgesetzt? Seitdem das Staffelfinale vor gut anderthalb Jahren lief, quälen die Fans der Historienserie, die langsam endgültig zur Sci-Fi-Show wird, einige Fragen, die hoffentlich befriedigend beantwortet werden.
Inzwischen kennen und lieben die Fans der Serie die Montagen mit denen zu Beginn einer jeden Staffel im Schnelldurchlauf die Ereignisse in der Serienwelt zwischen den Ereignissen der vorherigen und der neuen Season erläutert werden. Auch diesmal ist dieser Einstieg wieder pointiert, clever und mit logischen Weiterentwicklungen angestoßener Ideen angereichert. Ob Al Gore als Präsident, John Lennon, der noch lebt oder etwas anders verlaufene Sportevents. Allein diese ersten gut drei Minuten kann man mehrere Male schauen und immer noch Details entdecken.
Danach bekommt das Publikum in der Auftaktfolge erstmal in einem ebenso hohen Tempo vorgeführt, wo die alten Bekannten inzwischen unterwegs sind. Zudem werden neue Charakter eingeführt, die die Lücken schließen sollen, die Balfour, die als Ex-Präsidentin nur noch kleine Auftritte haben wird und Shantel VanSanten als Karen Baldwin und Sonya Walger als Molly Cobb, deren Charaktere bekanntlich beim einem Anschlag auf das Johnson Space Center ums Leben kamen. Folge eins schafft es mühelos einem nochmal an die wichtigen Fortschritte in der letzten Staffel zu erinnern und mit einem spannenden Einstieg direkt wieder voll in die Atmosphäre zu ziehen.
Alte Stärken,…
Schon immer war die Serie zwar einerseits ein ausgeklügeltes Gedankenexperiment, aber andererseits auch ein langwieriges Charakterdrama. So gehen die persönlichen Geschichten ins Herz, da die stark gespielten Figuren im Zentrum der Handlung realistische persönliche Schicksale zu verkraften haben. Ob familiäre Verluste, tote Freunde und Kollegen oder gar der Verweis aus der Heimat – alles in For all Mankind hat Sinn und Verstand – und geht deswegen so konsequent unter die Haut.
I am here – because of him.
Ohne es zu sehr zu forcieren, war die Historienserie von Apple TV+ auch immer mit feministischen Mutmachern gespickt: Anfangs mit dem Ziel, nachdem die Sowjets den ersten Mann auf dem Mond hatten, dafür die erste Frau dorthin zu entsenden, später dadurch, dass man ganz viele Positionen von Verantwortung mit weiblichen Charakteren besetzte. Ob erster Mensch auf dem Mars, NASA-Chefin oder Präsidentin – in dieser Geschichtsschreibung ist alles möglich. Danielle, Margo, Ellen oder Molly waren die Hauptfiguren, die auf Augenhöhe mit Ed oder Gordon auftraten – und das hat sich in den vier Staffeln immer weiter organisch verfestigt.
… neue Figuren, neue Entdeckungen, neue Konflikte
Man kann sich natürlich amüsieren über die doch inzwischen sehr gewollt wirkende künstliche Alterung, eine Neubesetzung wiederum wäre fataler gewesen, sind die Charaktere doch eng mit ihren Darsteller:innen verbunden und aufgrund dessen nahbar geblieben. Um hier ein Stück weit Wind aus dem Segel der Aging-sensiblen Zuschauer:innen zu nehmen, gibt es nun auch wieder Cast-Zuwächse in Form von neuen Akteuren, wie einem Familienvater mit Vergangenheit als Industriearbeiter, der nun im All einen neuen Job antritt und somit quasi Stellvertreter einer Arbeiterklasse ist, die sich im Fortschritt gar offenhalten muss, außerhalb der Erde Geld verdienen zu müssen.
Einflüsse bekannter Science-Fiction-Werke waren auch in den bisherigen Staffeln immer wieder eingefloßen. Solche kann man erneut entdecken. Das sorgt an der ein oder anderen Stelle doch dafür, dass die Serie gefühlt etwas im Kreis dreht und ähnliche Konflikte nach dem Zeitsprung mit anderen Vorzeichen wiederholt. Gleichzeitig ist das aber auch ein Teil der Aussage von For All Mankind: Auch wenn sich die Menschen zu Punkt X anders entscheiden, landet man womöglich doch mit etwas Verzögerung bei einem Konflikt, der eigentlich dann ausbleiben sollte. Es geht um Utopie – und deren Grenzen durch die menschliche Natur.
Auch Staffel 4 hat extrem viel zu sagen
Mit der alternativen Geschichtsschreibung gehen in For all Mankind immer bewusste Aussagen zur Wirklichkeit einher. Sich damit auseinandersetzen zu wollen, war von Beginn an essentiell, um sich mit der fordernden Erzählung mitreißen zu lassen. Die Sozialkritik in Staffel 4 ist genauso nicht unter den Teppich zu kehren, wie der kritische Blick auf den Umgang der Menschen damit, wenn man auf eine neue potentielle Einnahmequelle von globaler Bedeutung trifft. So ist es wenig überraschend, wie, nachdem man beginnt im All neue Rohstoffquellen zu erschließen, schnell ein weiterer Goldrausch entbrennt und die zwischenzeitliche Zusammenarbeit zwischen den Staaten und den Sowjets erschüttert. Traurig, aber nun mal mit Hinblick auf die vergangenen Jahrhunderte der Menschheitsgeschichte glaubwürdig.
Und ja, die scheinbare Unbelehrbarkeit kann manchmal auch frustrieren. Doch immer wieder schimmert auch etwas Hoffnung durch, wenn sich doch mal nicht für das individuelle Wohl entschieden, sondern das Gemeinwohl zusammengerissen wird. Das zentrale Fundament der Serie bleibt auch auch in der vierten Staffel die zeitliche wie örtliche Verschiebung des Kalten Krieges als scheinbar unvermeidbarer Konstante egal in welcher Geschichtsschreibung.
Unser Fazit zu For all Mankind – Staffel 4
Die Gedankenspiele werden konsequent und in allen Belangen glaubhaft weitergesponnen, alte Charaktere bekommen neue Facetten, die die Darstellenden zu Höchstleistungen anspornen, neue Figuren ergänzen mit Fingerspitzengefühl das Ensemble. So muss eine vierte Staffel sein, um die langjährigen Fans bei der Stange zu halten! For all Mankind bleibt sich treu, wobei etwas mehr Wagnisse doch noch möglich wären, um leichte Abnutzungserscheinungen des Konzepts zu kaschieren. Nichtsdestotrotz hat auch der Zeitsprung ins neue Jahrtausend dem Kritikerliebling nicht geschadet und unterstreicht mit Bravour den Anspruch von Apple TV+ nachhaltige Geschichten mit Unterhaltung zu kreuzen.
For all Mankind – Staffel 4 startet am 10. November bei Apple TV+ und geht danach im Wochenrhythmus weiter!
Unsere Wertung:
© Apple TV+