Gladiator bekam phänomenale Kritiken, gewann fünf Oscars, generierte einen gigantischen Umsatz und verlieh Ralf Möller den Titel „Unser Mann in Hollywood“. Kann Gladiator II diesen Erfolg wiederholen oder gibt es im Colosseum vom Kaiser einen Daumen nach unten?
Titel | Gladiator II |
Jahr | 2024 |
Land | United States of America |
Regie | Ridley Scott |
Genres | Action, Abenteuer, Historie |
Darsteller | Paul Mescal, Denzel Washington, Pedro Pascal, Connie Nielsen, Joseph Quinn, Fred Hechinger, Lior Raz, Derek Jacobi, Peter Mensah, Matt Lucas, Alexander Karim, Yuval Gonen, Richard McCabe, Tim McInnerny, Alec Utgoff, Rory McCann, Yann Gael, Riana Duce, Alfie Tempest, Amira Ghazalla, Alexander Simkin, David Ganly, Richard Katz, Amal Ayouch, Hadrian Howard, Chidi Ajufo, Lee Charles, Christopher Edward Hallaways, Chi Lewis-Parry, Ángel Gómez De La Torre, Brahim Ait Ben Azzouz, Maxime Rauf Ruijselaar, Dean Fagan, Tom Moutchi, May Calamawy |
Länge | 141 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Die Inhaltsangabe von Gladiator II
Sechzehn Jahre nach dem Tod von Kaiser Marcus Aurelius steht das Römische Reich innenpolitisch am Abgrund. Dennoch setzen die Kaiser Geta (Joseph Quinn) und Caracalla (Fred Hechinger) weiterhin auf die Erweiterung ihrer Territorien und entsenden ihre Truppen – unter der Führung von Marcus Acacius (Pedro Pascal) – nach Numidien. Bei einem dieser Feldzüge verliert Hanno (Paul Mescal), ein Befehlshaber der numidischen Armee, seine Frau und wird von den Römern versklavt. Als Gladiator möchte er seine Freiheit zurückerlangen, um seinen Rachefeldzug zu beginnen. Dabei gerät er in die innenpolitischen Intrigen Roms.
Augustus inszenator – Der erhabene Regisseur
Wenn man Leute auffordert, spontan drei Filme von Ridley Scott zu nennen, kommt den meisten neben Alien und Blade Runner vor allem Gladiator in den Sinn. Das wird dem umtriebigen Regisseur, der mit knapp 87 Jahren immer noch regelmäßig aufwendige Produktionen stemmt, natürlich nicht gerecht, aber es zeigt, welche Fußspuren den Stellenwert des altrömischen Epos: Gladiator hat ein Genre wiederbelebt, das eigentlich seit Ende der sechziger Jahre tot war. Zwischendurch gab es immer mal wieder Lebenszeichen wie Braveheart von Mel Gibson, aber erst Scott machte Historien- und “Sandalenfilme” wieder salonfähig – zumindest in der Theorie. Obwohl einige Hollywoodgrößen, wie z.B. Oliver Stone mit Alexander, auf den Zug aufsprangen, waren die wenigsten Produktionen finanzielle Erfolge oder Kritikerlieblinge.
Selbst Sir Ridley Scott konnte mit keinem seiner ähnlich gelagerten Filme große Erfolge feiern – wer erinnert sich noch an seine Robin Hood-Verfilmung mit Russell Crowe? – und trug das Genre mit Exodus: Götter und Könige wieder zu Grabe. Trotzdem scheint seine Leidenschaft für historische Stoffe ungebrochen zu sein: Mit The Last Duel und Napoleon brachte er weitere Werke heraus, die jedoch an den Kinokassen wenig Anklang fanden. Vielleicht hat ihn das dazu bewogen, endlich Gladiator II zu realisieren. Nach dem riesigen Erfolg des ersten Teils wird ihm wohl niemand in seine Vision reingeredet haben.
Bis repetita non placent! – Wiederholungen gefallen nicht!
Die Idee eines Sequels stand schon lange im Raum, doch so richtig kam die Produktion nicht in Gang. Erst 2017 wurde das Projekt konkretisiert und 2021 kündigte Scott endlich den Drehbeginn an – doch die Probleme blieben. Das Budget blähte sich auf geschätzte 300 Millionen US-Dollar auf, trotz der kurzen Drehzeit von 50 Tagen. Hinzu kam noch das unglückliche Marketing: Der erste Trailer stieß bei den Fans, aufgrund des Einsatzes von Rap-Musik auf Ablehnung, es gab eine Diskussion um die akkurate historische Einordnung von Haien im Kolosseum – und die obligatorische Frage, wer auf dieses Sequel gewartet hat. Die ersten Kassenprognosen sind dementsprechend eher verhalten.
Zumindest die Frage nach dem Sinn lässt sich leicht beantworten: Es gibt keinen. Ridley Scott erzählt die Geschichte von Gladiator noch einmal – nur schlechter. Nachdem der Zeichner des Logos von Scotts Produktionsfirma zusammenhangslos Bilder aus dem ersten Teil mit Farbe übertüncht hat, werden wir direkt in die Action geworfen. Dies ist sinnbildlich für zwei große Probleme: die schnelle Erzählweise und der Rückgriff auf das Original, die sich als Gift für die Fortsetzung erweisen. Es dauert keine zehn Minuten, bis unser Held Hanno seine Frau verliert und sich auf dem Weg nach Rom befindet. Scott lässt dem Zuschauer keine Atempause, denn nebenbei soll auch noch der Untergang einer dekadenten Nation erzählt werden.
Die Laufzeit von 148 Minuten ist für beide Handlungsstränge zu kurz. So wird viel zu schnell von Plotpunkt zu Plotpunkt gesprungen, Ereignisse erscheinen unmotiviert aus dem Nichts und eine emotionale Aufladung ist unmöglich. Jegliche Gefühlsregung wird durch den Rückblick auf das Original hervorgerufen, was jedoch nur funktioniert, wenn dieses noch frisch im Gedächtnis ist. Vor allem wecken die zahlreichen Referenzen den Wunsch, Teil eins auf der Leinwand zu sehen, statt dieses müden Abklatsches.
Corpus sine mente – Körper ohne Geist
Die simple Gut-Böse-Dynamik des Vorgängers wird komischerweise nicht übernommen, was dem Sequel ebenfalls schadet. Paul Mescal überzeugt nicht als charismatischer Anführer, da er mit immer demselben stoischen Gesichtsausdruck durch die Szenerie stapft und auf sein persönliches Schicksal scheinbar nur mit einem leichten Schulterzucken reagiert. Seine Figur entwickelt sich weder weiter noch funktioniert sie als Sympathieträger. Dies fällt besonders negativ auf, da er ständig mit Russell Crowes Charakter aus dem Vorgänger verglichen wird.
Seinen Gegenspielern ergeht es nicht besser, da sie entweder zu ambivalent oder gar keine echte Bedrohung sind. Der von Pedro Pascal verkörperte Tribun Marcus Acacius ist zwar ein Kriegsherr und tötet Hannos Frau, jedoch nicht aus Bösartigkeit, sondern eher zufällig während einer Schlacht, an der sie aktiv als Kriegerin teilnimmt. Außerdem stellt sich schnell heraus, dass er die Machenschaften Roms verabscheut und eigentlich ein netter Kerl ist. So kann er weder für den Helden noch für uns als Gegenspieler fungieren. Zudem bekommt er viel zu wenig Zeit, um diese Widersprüche vernünftig aufzuarbeiten. Zwei gestammelte Sätze von ihm genügen und alle Rachegedanken seitens Hannos sind verflogen.
Die beiden Regenten, gespielt von Joseph Quinn und Fred Hechinger, sind absolute Witzfiguren und würden mit ihren darstellerischen Leistungen auch hervorragend in Francis Ford Coppolas Machwerk Megalopolis passen. Es ist kaum nachzuvollziehen, wie eine Entmachtung der beiden Kindsköpfe nicht problemlos erfolgen kann. Deswegen muss das Drehbuch einen dritten Bösewicht (Denzel Washington) hervorholen, der als einziger eine nennenswerte darstellerische Leistung abliefert und eine halbwegs nachvollziehbare Motivation hat. Negativ fällt auch das Weglassen prägnanter Nebenfiguren auf, die durch Physis, Optik oder Schauspiel den Actionszenen ein Gesicht verleihen. Wen soll man anfeuern, wenn zwei uns unbekannte Kraftprotze aufeinandertreffen?
Finis ludibrio opus! – Das Ende verhöhnt das Werk
Wenn schon Figuren und Handlung nicht überzeugen, dann müssen es zumindest die Schauwerte tun und in diesem Punkt kann man sich auf Scott verlassen. Der Film startet mit einer epischen Schlacht und die Kämpfe in den Arenen sind ebenfalls sehenswert, trotz deutlich sichtbarer CGI. Wie glaubwürdig Rattenaffen, Haie oder berittene Nashörner sind, ist unerheblich. Hier zählt einzig und allein der hohe Entertainment-Faktor sowie die grafische Darstellung von Wunden. Allerdings hat man schnell den Höhepunkt überschritten. Sobald man einmal den Bootskampf aus dem Trailer gesehen hat, ist es vorbei mit der bemerkenswerten Action. Dies ist vor allem im Finale sehr ärgerlich, denn wenn zwei riesige Armeen aufeinandertreffen, möchte man diese auch kämpfen sehen.
Stattdessen wird uns eine wenig glaubhafte Variation des Endkampfes aus dem Vorgänger präsentiert. Da zuvor keine glaubwürdige Rivalität zwischen den Kontrahenten aufgebaut wurde und der Kampf nicht auf Augenhöhe stattfindet, wirkt der Ausgang unverdient und enttäuschend – ganz abgesehen von der Frage, warum keiner der Soldaten seinen Kommandanten helfend beisteht. So verlässt man am Ende völlig „unterwältigt“ den Kinosaal.
Unser Fazit zu Gladiator II
Ridley Scott war noch nie besonders gut darin, beliebte Werke – auch die eigenen – fortzusetzen. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass ihm dies mit Gladiator II auch nicht gelingt. Ein Monumentalfilm braucht neben Schauwerten und Action vor allem Epik, Kitsch und Pathos. Dafür ist mehr nötig als nur orchestrale Musik und schöne Bilder. Diese Zutaten, die im Vorgänger kongenial umgesetzt wurden, fehlen hier völlig. Man merkt, dass Scott und Drehbuchautor David Scarpa nicht mehr imstande sind, eine vernünftige Geschichte in einer kinotauglichen Zeit zu erzählen. Auch wenn Scott immer wieder beteuert, dass die Kinoversion die von ihm intendierte Version ist, bleibt das Gefühl, dass mindestens eine Stunde fehlt, um alle Handlungsstränge und Figurenmotivationen nachvollziehbar zu machen. Allen Kinogängern kann ich nur mit den Worten des römischen Dichters Horaz raten: Compesce mentem et frui spectaculo! – Zügle deinen Groll, bändige deinen Unmut und erfreue dich an dem Spektakel.
Gladiator II ist seit dem 14.11.2024 im Kino zu sehen.
Unsere Wertung:
© Paramount Pictures