Ein HORRORFILM aus DEUTSCHLAND, der OHNE SCHNITTE gedreht wurde? Was ist denn da los? Lasst uns über Home Sweet Home sprechen.
Titel | Home Sweet Home - Wo das Böse wohnt |
Jahr | 2024 |
Land | Germany |
Regie | Thomas Sieben |
Genres | Horror, Thriller |
Darsteller | Nilam Farooq, David Kross, Justus von Dohnányi, Olga von Luckwald, Anton Schneider, Karl Schaper, Sven Habermann |
Länge | 83 Minuten |
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Die Handlung von Home Sweet Home
Maria (Nilam Farooq) und Viktor (David Kross) sind frisch verlobt, erwarten ihr erstes Kind und wollen in Viktors altem Elternhaus sesshaft werden. Es könnte also schöner kaum sein, aber als die hochschwangere Maria eines Abends alleine zu dem weitläufigen Anwesen fährt, kommt sie einer unheimlichen Familiengeschichte auf die Spur.
Während sich die blanke Angst in ihr breitmacht, ist Hilfe nicht in Sicht. Denn Viktor hat noch wichtige Dinge auf der Arbeit zu erledigen, ehe er raus aufs Land zu ihr fahren kann.
Verschwundene Autoschlüssel, die einsetzenden Wehen und die ständigen, rätselhaften Stromausfälle machen diese Nacht zum Alptraum. Aber was wird hier eigentlich gespielt?
Eine hilflos ausgelieferte Schwangere
2007 schufen die französischen Filmemacher Julien Maury und Alexandre Bustillo mit Inside einen berühmt-berüchtigten Horrorfilm, der heutzutage neben einigen anderen Filmen zur New French Extremity gezählt wird. Die explizite Gewalt in diesen Filmen, die das Publikum einer intensiven emotionalen und psychischen Belastungsprobe unterzog, ergab sich bei Inside aus der Lage der Hauptfigur.
Die hochschwangere Sarah muss auf sich allein gestellt in den eigenen vier Wänden gegen eine skrupellose Frau kämpfen. Die aus der Schwangerschaft resultierende Eingeschränktheit, die Angst um das Kind übertrug sich auf das zähneknirschend mitleidende Publikum.
Genau diese peinigende Angst und das Gefühl der Hilflosigkeit nutzt Regisseur und Autor Thomas Sieben auch in Home Sweet Home. Es ist daher ein Leichtes, erst einmal mit Nilam Farooqs Maria mitzuleiden und um sie zu bangen.
Zumal das Anwesen mitten im Nirgendwo, umringt von Feldern, ohnehin schon ein dankbares Setting ist, um eine Hauptfigur in eine wahre Alptraumnacht zu schicken. Das Highlight der Location ist dabei nicht nur das weitläufige Außengelände, sondern auch der verwinkelte Keller.
Der erste Schockmoment (der leider schon im Trailer als Appetithappen verbraten wird) sitzt und nach Marias erster ausgiebiger Erkundung des Untergeschosses ist die Spannungsschraube auch schon stark angedreht.
Trotz des gelungenen Aufbaus dürfte das Publikum bereits hier gespalten werden. Warum zum Teufel haut Maria (als hochschwangere Frau) nicht einfach ab, wenn hier wirklich alles nach Gefahr schreit? Die Antwort: Weil es ein (Horror-)Film ist…
Ein Horrorfilm als One Take – bereichernd oder limitierend?
Einen Film ohne Schnitte zu drehen, ist immer eine immense logistische Herausforderung. Zwar ist es möglich, je nach Budget den Film einige Male zu drehen und sich dann für die beste Version zu entscheiden (technisch und schauspielerisch). Aber innerhalb der letztendlich 87 Minuten von Home Sweet Home gibt es kein erlösendes Cut.
Was bei Dramen wie Yes, Chef wunderbar funktioniert, ist beim Horrorfilm schon ein zweischneidiges Schwert. Ist ein One Take eher bereichernd oder limitierend für die Inszenierung?
Home Sweet Home schafft es zwar, mit digitalen Effekten nachzuhelfen, um gute wirkungsvolle Gruselmomente zu erzeugen. Auch die Musik hilft kräftig mit und unterstreicht, wie manipulativ, also wirkungsvoll, dieses Filmelement sein kann.
Das Schema ist allerdings schnell abgenutzt und es wird spürbar, dass gut gesetzte Schnitte, Kameraschwenks und durchdachte Bildkompositionen erst den richtigen Grusel- und Schockmoment ermöglichen. Kurz gesagt: Horror ist eine geschickte Montage, um die volle Wirkung herauszuholen.
Das ist aber nicht mal das größte Problem von Home Sweet Home. Viel schlimmer ist, dass nach 20 Minuten der restliche Film derartig vorhersehbar ist, dass keine Wendung mehr zündet.
Thomas Sieben scheint hier munter einige amerikanische Vorbilder zu zitieren, um so etwas auch in Deutschland einmal zu realisieren. Das ist, bei dem Gatekeeping-System der Filmförderung, durchaus bemerkenswert. Trotzdem ist der Film für Fans des Genres absolute Standardkost ohne eigene oder überraschende Ideen.
Die typisch deutsch wirkenden Dialoge sind wieder mal hölzern und einfach nicht authentisch. Neben der engagierten Nilam Farooq, die ihre Hauptrolle rockt, enttäuschen Davis Kroos und Justus von Dohnányi auf ganzer Linie. Ihr Schauspiel wirkt, womöglich auch durch den One Take, eher abgehackt. Es entsteht nie ein richtiger Flow im Zusammenspiel, sodass die Darsteller auch nicht hinter ihren Figuren verschwinden.
Unser Fazit zu Home Sweet Home
Thomas Siebens Home Sweet Home ist ein leider komplett vorhersehbarer Gruselfilm, der als sauber aufgezogener One Take durchaus Spannung und Atmosphäre aufbaut. Die hölzernen Dialoge und die immergleichen Schockmomente verschenken aber zu viel Potenzial. Letztlich wirkt der Film wie eine liebevolle Hommage an amerikanische Vorbilder, ohne jedoch eine eigene Identität zu finden.
Unsere Wertung:
© Constantin Film