Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt. Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn die ganze Welt zusammenfällt. So sangen es einst die Comedian Harmonists. Ob dies wohl auch auf den eingebildeten Freund in dem Film Imaginary zutrifft?
Titel | Imaginary |
Jahr | 2024 |
Land | United States of America |
Regie | Jeff Wadlow |
Genres | Horror, Mystery, Thriller |
Darsteller | DeWanda Wise, Taegen Burns, Pyper Braun, Betty Buckley, Tom Payne, Veronica Falcón, Sam Salary, Matthew Sato, Alix Angelis, Wanetah Walmsley, Rhythm Hurd, Shawn Sanz, Noah Martinez, Lilly Sunshine, Cecilia Leal, Eduardo Campirano III, Dane DiLiegro, Suzette Lange, Aubree Majors, Brooklyn Majors, Isaiah Evans, Conner McCoy, Sean Albertson |
Länge | 105 Minuten |
Wer streamt? | Kaufen: Apple TV, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Verleihshop Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Kino on Demand, Videoload, Verleihshop, Freenet meinVOD |
Die Inhaltsangabe von Imaginary
Jessica (DeWanda Wise) hat Albträume, in denen ihr fünfjähriges Ich von einem spinnenartigen Wesen aus einer parallelen Dimension verfolgt wird. Ihr Mann Max (Tom Payne) schiebt es auf den Stress, den die Autorin beruflich und privat momentan erfährt. Deswegen schlägt er vor, den geplanten Umzug in Jessicas altes Elternhaus vorzuziehen. Der Plan geht auf und Jessicas Albträume verschwinden. Zunächst scheint sich ihr Leben zu beruhigen, bis ihre jüngste Stieftochter Alice (Pyper Braun) von ihren imaginären Freund Chauncey erzählt.
Ein typisches Blumhouse Productions Produkt
Jason Blums Filmschmiede hat ein interessantes und rentables Geschäftsmodell entwickelt. Sie produziert Filme für ein geringes Budget und lässt im Gegenzug den Filmschaffenden kreative Freiheit, da durch die monetäre Grenze die Chance auf ein Verlustgeschäft minimiert wird. Regisseure und Autoren haben dadurch die Chance ihre eigenen Ideen, unabhängig vom Erfolgsdruck, zu verwirklichen. Natürlich kann es auch in die andere Richtung gehen. Man verfilmt schnell ein mies zusammengezimmertes Drehbuch und veröffentlicht den Film zum richtigen Zeitpunkt, um konkurrenzlos in den Kinos zu laufen. Dadurch steigt natürlich die Chance, dass Fans eines bestimmten Genres, mangels Alternative, in den Film laufen und somit Gewinn erzielt wird. Innerhalb des Blumhouse Kataloges findet man Beispiele für die beiden Enden der Skala. Leider ordnet sich Imaginary in der letzteren Kategorie ein.
Wer nicht klotzen kann, sollte kleckern
Viele Klassiker des Horrorgenres zeigen, dass es nicht viel Geld braucht, um Zuschauer zu schocken. Es scheint, das finanzielle Einschränkungen die Kreativität von Filmschaffenden geradezu beflügelt. Der Regisseur und die Autoren von Imaginary können mit den Limitationen nicht umgehen. Statt die Drehorte auf ein Minimum zu reduzieren und den Film in unserer Realität spielen zu lassen, wird unnötigerweise eine „Parallelwelt“ eingebaut. Diese besteht aufgrund des geringen Budgets aus einem kleinen Flur mit Türen, der aussieht wie eine schlechte Kopie von einem M.C. Escher Gemälde. Das wirkt nicht nur billig, sondern nimmt dem gesamten Finale des Films die komplette Dynamik. Die Schauspieler:innen haben keinen Bewegungsspielraum für die dargestellte Verfolgungsjagd und agieren dementsprechend statisch.
Es ist auch keine gute Idee auf Spezialeffekte setzen, wenn man wenig Kohle hat oder sie aus anderen Gründen nicht umsetzen kann. Spielberg hat doch in Der Weiße Hai vorgemacht, wie man eine Bedrohung darstellt, ohne diese zu zeigen. Da Imaginary übersetzt Einbildung bedeutet, könnte man viel der Fantasie überlassen oder das Monster schemenhaft darstellen. Leider entscheidet sich Regisseur Jeff Wadlow für das Gegenteil. Das Problem an der Sache ist, dass Menschen in einem Halloween-Spinnen- oder in einem Muppets-Monsterkostüm nicht den gewünschten Schockeffekt erzeugen. Das Gleiche gilt für einen Augeneffekt, der an YouTube-Vorschaubilder erinnert.
Fairerweise muss man erwähnen, dass Wadlow in manchen Szenen durchaus versucht ohne Effekte ein Unbehagen zu erzeugen. Es gelingt ihm allerdings nicht. Das liegt zum einen daran, dass diese Elemente schon 1000-mal vorher in anderen Filmen genutzt und besser inszeniert wurden. Hier verblassen sie – ohne eine Wirkung zu erzielen. Zum anderen schaffen es die Darsteller:innen nicht, in diesen Szenen glaubwürdig zu spielen. Es ist allerdings auch schwer, geschockt auf einen Stoffteddybären mit verstellter Kinderstimme zu reagieren.
Die Basis stimmt nicht
Horrorfans geben sich oft mit dem Standard zufrieden, solange dieser solide inszeniert ist. Der typische Ablauf eines Gruselfilms besteht meistens aus dem Vorstellen der Gefahr, gefolgt von einer sehr kurzen Figureneinführung. Danach bringt man Monster und Charaktere zusammen, um Schock-, Ekel- und Gewalteffekte zu zeigen. Am Ende kommt es zu einem Endkampf, bei dem das Böse vermeintlich besiegt wird. Ein schematischer Ablauf, dumme Dialoge und klischeehafte Charaktere stören den geneigten Fan meistens nicht, wenn Grusel- und Blutgehalt passen.
Imaginary versucht sich an den genretypischen Ablauf zu halten, scheitert aber auf ganzer Linie. Zwar ist die Einführung der Gefahr noch recht stimmig, allerdings verpufft diese sobald das Monster (also der Mann im Karnevalskostüm) etwa zwei Minuten nach Filmbeginn gezeigt wird. Die Figuren sind Standardcharaktere, ihre Beziehung und Charaktereigenschaften werden in kurzen, erklärenden Sätzen abgehandelt. Diese Vorgehensweise wäre völlig in Ordnung, wenn der Rest des Films auf Monstergrusel setzen würde. Stattdessen gibt es viele hölzerne “Erklärbär-Dialoge”, eine wirre Story mit sinnlosen Twists und dummen Jump-Scares.
Ständig erschrecken sich die Charaktere vor ihren eigenen Familienmitgliedern, die sie eigentlich sehen oder hören müssten. Unterlegt wird dies natürlich mit einem lauten Geräusch. Dafür werden die wenigen Szenen, die Grusel enthalten sollen, komplett spannungs- und blutarm inszeniert. Selbst den inzwischen beliebten Trick, das Monster subtil für einen Schockeffekt in den Hintergrund einzubauen, versaut der Film. Zudem hat Wadlow kaum eigene Inszenierungsideen. Man erkennt zu jeder Zeit, welche Serien und Filme für die jeweilige Szene Pate gestanden haben. Und nur weil man es auf einem Brief „adressiert“, ist es keine Hommage, sondern eine schlechte Kopie.
Unser Fazit zu Imaginary
Imaginary ist leider ein kompletter Reinfall. Für Horrorfans gibt es keinen Grusel, für Gorefans kein Blut und für Trashfans ist alles noch zu hochwertig produziert. Die Geschichte ist langweilig, mit uninteressanten Füllmaterial aufgebläht und kann keine 90 Minuten tragen. Jede ZDF-Krimiserie hat einen höheren Bodycount und blutigere Effekte. Vielleicht passt das Filmplakat deswegen auch besser zu einem Kinderfilm. Alles ist so lieb- und ideenlos inszeniert und geschrieben, dass der Eindruck entsteht, dass mit wenig Aufwand maximaler Gewinn erzielt werden soll. Da der Film das drei- bis vierfache seines Budgets eingespielt hat, ging diese Rechnung wohl auf. Wer allerdings mal sehen möchte, wie Samson aus der Sesamstraße mit Überbiss aussieht, kann einen Blick riskieren.
Imaginary ist ab dem 28. Juni 2024 im Heimkino erhältlich.
Unsere Wertung:
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