Und noch ein Rennfahrerfilm… Nach den Erfolgen von Rush und Le Mans 66- Gegen jede Chance werden offenbar jede Menge Filme rund ums Autorennen auf den Markt geworfen. Darunter auch ein paar Oldies. Ob Indianapolis – Wagnis auf Leben und Tod allerdings das Zeug zum Klassiker hat, erfahrt Ihr in unserer Rezension.
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Titel | Indianapolis |
Jahr | 1969 |
Land | United States of America |
Regie | James Goldstone |
Genres | Action, Drama |
Darsteller | Paul Newman, Joanne Woodward, Robert Wagner, Richard Thomas, David Sheiner, Clu Gulager, Barry Ford, Karen Arthur, Bobby Unser, Tony Hulman, Bobby Grimalt, Dan Gurney, Roger McCluskey, Allen Emerson, Ray Ballard, Harry Basch, John Bryant, Robert Shayne, Marianna Case, Tony Clayton, Carolyn McNichol, Stephen Mitchell, Paulene Myers, Charles Seel, Alma Platt, Robert Quarry, Maxine Stuart, Bruce Walkup, Eileen Wesson |
Länge | 123 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Darum geht’s in Indianapolis – Wagnis auf Leben und Tod
Frank Capua (Paul Newman) ist in Indianapolis ein erfolgreicher Rennfahrer. Und als er zufällig die attraktive Elora (Newmans Gattin Joanne Woodward) hinterm Tresen einer Autovermietung erblickt, tritt er auch in Liebesdingen aufs Gas. Es dauert nicht lange, und die beiden sind verheiratet. Was auch Eloras heranwachsenden Sohn Charley (Richard Thomas) freut, der in Frank einen Ersatzvater findet.
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Auf der Rennpiste muss sich Frank mit Erzrivalen Luther Erding (Robert Wagner) plagen, wenn auch in eher freundschaftlicher Konkurrenz. Doch als Luther ein Auge und noch etwas mehr auf Elora wirft, verschärft sich die Konkurrenz – und mit der Freundschaft ist es Essig. Die Spannungen um Elora werfen Frank aus der (Renn-)Bahn. Wäre da nicht das größte und härteste Rennen der USA zu fahren: Die 500 Meilen von Indianapolis. Und am Ende heißt es frei nach ABBA: The Winner Takes It All!
Die Spannung einer Pusteblume
Wer von Indianapolis spannende Rennszenen erwartet, muss sich in Geduld üben. Und die wird ziemlich überstrapaziert. Vielleicht wollte Regisseur James Goldstone, der bis auf Achterbahn (1977) eigentlich nur mit Rohrkrepierern im Kino auf sich aufmerksam machte, schon mit den ersten Bildern eine Vorwarnung senden: Man sieht eine Pusteblume, Schwenk auf einen noch unverblühten Löwenzahn. Dann das Gesicht eines schlafenden Mannes, eine Frau wickelt ihr Baby. Alles friedliches Vorspiel im Publikumsareal vor einem nicht sonderlich spektakulären 200-Meilen-Rennen.
Vermutlich hielt Goldstone diese Elemente in Indianapolis für spannungssteigernd. Stattdessen wirkt es wie eine einschläfernde Wellnessmassage – nicht zuletzt auch wegen der süßlichen Untermalung mit typischer Easy-Listening-Mucke der späten 60er, frühen 70er Jahre von Dave Grusin. Ein bisschen Feelgood-Movie. Und ein bisschen belanglos.
Die langsamste Überblendung der Filmgeschichte
Frank siegt. Doch statt sich, wie man es vielleicht erwarten würde, mit einigen willigen Motorsportmiezen zu vergnügen, streift er betrunken durch die Straßen. Die Einsamkeit des Siegers nach der Feier. Die freche Anmache, mit der er Elora bezirzt, zeigt immerhin Newmans opulenten Charme. Die folgende Kussszene wird dann zur wohl langsamsten Überblendung der Filmgeschichte zerdehnt. Und hier sollte nun jedem klar geworden sein: Indianapolis ist weniger ein Film über Autorennen als ein Liebesdrama.
„Das Schwerste im Leben ist eigentlich, allein zu sein“, wird Elora wenig später zu Frank sagen. Wobei sie sicher meint, es sei schwer zu ertragen. Denn allein zu sein, geht eigentlich ganz leicht. Auch in einer Ehe. Frank ist zwar ein liebenswerter und herzensguter Kerl, aber leider mehr in seine Arbeit als Rennfahrer verliebt als in seine Frau. So fühlt sich Elora bald allein gelassen und sucht Trost.
Gefühlvolle Parallelmontage
Der Bruch der beiden ist in Indianapolis tatsächlich gelungen inszeniert. In einer ausgefeilten Parallelmontage werden die Gefühle der beiden deutlich spürbar. Was natürlich der guten schauspielerischen Leistung von Newman und Woodward zu danken ist. Die Chemie stimmte, auch privat. Woodward und Newman waren 50 Jahre bis zu Newmans Tod miteinander verheiratet und spielten in 14 Filmen zusammen.
Robert Wagner hat dagegen nicht zu viel zu tun. Sein betretenes Gesicht als ertappter Schlawiner zeugt von mimischer Beherrschung, ansonsten wird er nicht viel gefordert. Wagner ist ja auch stärker wegen seiner undurchsichtigen Rolle im Fall des noch immer ungeklärten Todes seiner Frau Natalie Wood in Erinnerung geblieben, denn als Schauspieler. Erfreulich ist der erste größere Filmauftritt von Richard Thomas als Eloras Sohn Charley, den Fans alter Serien noch als John-Boy in Die Waltons kennen, der aber auch in der ersten, zu Unrecht fast vergessenen TV-Verfilmung von Stephen Kings Es (1990) gut aussah.
Die Story von Indianapolis ist klischeebeladen, nimmt jedoch eine Wendung, die für damalige Verhältnisse recht modern daherkommt. Die Untreue Eloras wird nicht verdammt, sondern als Folge von Vernachlässigung nachvollziehbar umrahmt. So räumt auch Frank ein: „Ich kann mit einem Wagen umgehen, aber nicht mit dem Leben.“ Die Schuldfrage weicht dem in den 1960ern noch ungewohnten Zerrüttungsprinzip. Ersteres wurde in Deutschland erst 1976 in Scheidungsverfahren abgeschafft. Wieder ist es Frank, der erkennt: „Warum muss man immer sofort auseinanderrennen. Meistens haben beide Teile Schuld.“
Rasantes Rennen in Indianapolis
Womit wir schließlich auch wieder beim Rennen angelangt sind. Denn finaler Höhepunkt von Indianapolis ist dann das besagte 500-Meilen-Rennen, das in weiten Teilen durchaus spannend in Szene gesetzt ist. Paul Newman hatte als begeisterter Rennfahrer sicher seinen Spaß am Dreh. Trotz der störend in Nahaufnahmen verwendeten und leider zu gut erkennbaren Rückprojektion soll er doch auch auf dem Kurs gelegentlich selbst am Steuer gesessen haben. Rasante Schnitte erzeugen darüber hinaus starke Dynamik, die dann leider beim erneut easy-listening-überfrachteten und mit Standbildern sowie Flashbacks unterlegten Boxenstopp unnötig ausgebremst wird. Dennoch: Zahlreiche dokumentarische Aufnahmen vom echten Renngeschehen in Indianapolis sorgen für authentisches Flair, an dem auch Fans des Motorsports Gefallen finden dürften.
Mein Fazit zu Indianapolis – Wagnis auf Leben und Tod
Letztlich aber reicht das nicht aus, um Indianapolis zu einem spannenden Sportfilm zu machen. Fans von Paul Newman werden auf ihre Kosten kommen, sofern sie Gefallen an einem etwas betulichen Liebesdrama finden können. An Klassiker wie Grand Prix von 1966 kommt der Streifen nicht heran. Am Bild der Blu-ray lässt sich indes nichts aussetzen. Es ist gegenüber der mittlerweile 13 Jahre alten DVD-Veröffentlichung von Koch Media ein klarer Gewinn. Ob es dafür allerdings den überflüssigen deutschen Zusatztitel gebraucht hätte, darf bezweifelt werden. Zumal trotz einiger Crashs der Wagemut in dem Streifen nicht allzu lebensbedrohlich daher kommt. Mit der HD-Veröffentlichung dürften sich indes die Fantasiepreise, die aktuell noch für die Koch-Scheibe verlangt werden, erledigt haben.
Indianapolis – Wagnis auf Leben und Tod ist ab dem 3. 12. 2020 erstmals auf Blu-ray erhältlich.
Unsere Wertung:
© Universal Pictures Germany