Besteht die klassische Krimi-Komödie Ladykillers von 1955 mit Alec Guinness und Peter Sellers noch den Test der Zeit?
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Titel | Ladykillers |
Jahr | 1955 |
Land | United Kingdom |
Regie | Alexander Mackendrick |
Genres | Komödie, Krimi |
Darsteller | Alec Guinness, Cecil Parker, Herbert Lom, Peter Sellers, Danny Green, Katie Johnson, Jack Warner, Philip Stainton, Frankie Howerd, Madge Brindley, Hélène Burls, Kenneth Connor, Michael Corcoran, Harold Goodwin, Fred Griffiths, Lucy Griffiths, George Hilsdon, Vincent Holman, Stratford Johns, Sam Kydd, Edie Martin, Jack Melford, Arthur Mullard, Ewan Roberts, George Roderick, John Rudling, Leonard Sharp, Peter Williams, Neil Wilson, Phoebe Hodgson |
Länge | 91 Minuten |
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Ladykillers – Handlung
Der zwielichtige Professor Marcus (Alec Guinness) mietet ein Zimmer im Haus der verschrobenen alten Mrs. Wilberforce (Katie Johnson), die mit drei Papageien zusammenwohnt. Marcus will den Wohnraum gemeinsam mit vier weiteren „Gentlemen“ angeblich nutzen, um ihre Fähigkeiten als Amateur-Streicherquintett zu verbessern. Doch die Musikstücke kommen nur aus dem Grammophon; tatsächlich arbeitet Mastermind Marcus mit seinen vier Komplizen an einem Plan, einen örtlichen Geldtransporter zu überfallen.
Die betagte Mrs. Wilberforce soll allerdings nicht nur unwissentlich ihr Haus als Versteck anbieten, sondern ist auch – ebenfalls natürlich unbeabsichtigt – Teil des Plans. Der Coup glückt, die Beute landet über Umwege bei Mrs. Wilberforce. Doch die als verwirrte Witwe abgetane Dame kommt den fünf Kriminellen auf die Schliche. Und stellt sich als die größte Hürde im ansonsten so perfekten Plan heraus.
Gewitztes Drehbuch mit erzählerischen Schwächen
So weit, so gut. Sowohl Grundidee als auch die ausgearbeitete Geschichte sind durchaus gewitzt und amüsant – und bieten ein paar wirklich schön makabre Einfälle. Verständlich also, dass Autor William Rose 1956 den BAFTA für das Beste britische Drehbuch erhielt und sogar eine Oscar-Nominierung einheimsen konnte. Aus heutiger Sicht fehlt vor allem dem Mittelteil erzählerisch allerdings etwas Schwung. Hier treten einige Redundanzen auf, was für eine Komödie ja fast schon ein Todesurteil ist. Schließlich lebt Humor gerade von Überraschungsmomenten. Der britisch-schwarze Humor mag erst im Finale so richtig aufblühen, das durch seine Absurdität dann wiederum äußerst lustig ausfällt und die ersten wirklichen Spannungsmomente bietet. Bis dahin begleitet man das Geschehen durch und durch mit Sympathie, allerdings eher selten mit einem Lächeln oder gar Lachen.
Eine Schauspiel-Legende auf Abwegen
Das liegt unter anderem ausgerechnet an Topstar Alec Guinness. Dass der Brite ein begnadeter Theater- und Filmschauspieler war, steht außer Frage. Das bewies er nicht zuletzt auch in anderen schwarzen Komödien der Ealing Studios wie Adel verpflichtet (1949) oder Der Mann im weißen Anzug (1951), vor allem aber auch durch Epen wie Lawrence von Arabien (1962). Doch wie seine Verkörperung von Professor Marcus mit falschen übergroßen Zähnen, leicht buckliger Haltung und lächerlichem Toupet komisch sein soll, erschließt sich – zumindest aus heutiger Sicht – nicht wirklich. Zwar ist sein körperliches Schauspiel zeitweise grandios, das mimische allerdings weniger. Weit aufgerissene Augen, nach hinten gezogene Mundwinkel und ein skurriles Lächeln – das sorgt auf Seiten der Zuschauer eher für genervtes Augenrollen als für schallendes Gelächter.
Ursprünglich war für die Rolle Alastair Sim (unter anderem bekannt aus Alfred Hitchcocks Die rote Lola) vorgesehen. Doch der war gerade nicht verfügbar und so wurde die Rolle Guinness angeboten. Als der das Skript zugespielt bekam, war er zunächst überzeugt, dass es an den falschen Schauspieler ging und schrieb einen Brief zurück an die Produzenten, die Rolle sei doch sicherlich für Sim vorgesehen. Doch letztendlich nahm er den Part an, orientierte sich in seinem Erscheinungsbild und Auftreten allerdings stark an Sim. Die Einführung von Professor Marcus ist dabei noch äußerst gut gelungen: Der sinistre Charakter wird zunächst nur als Schatten oder verdeckt gezeigt. Dieser kluge inszenatorische Einsatz erinnert tatsächlich ein wenig an Altmeister Hitchcock.
Mrs. Wilberforce und ihre Vögel
Vollends überzeugen kann dagegen Katie Johnson, die als Mrs. Wilberforce auftritt. Bisher nur in kleinen Nebenrollen in Erscheinung getreten, erhielt Johnson für ihre erste größere Filmrolle den BAFTA-Award in der Kategorie Beste britische Darstellerin und wurde mit 76 Jahren plötzlich zum Star. Und das absolut zu Recht; mit ihrer schrulligen, lieblich-naiven Art ist sie das absolute Highlight der Krimikomödie. Aufgrund ihres Alters wollten die Produzenten sie zunächst jedoch nicht, sie hielten Johnson für zu gebrechlich. Deswegen casteten sie zunächst noch eine jüngere Schauspielerin, die allerdings – deutlich makabrer noch als Ladykillers – bereits vor den Dreharbeiten verstarb.
Eine weitere filmische Attraktion sind die drei Papageien, die fiepen, krächzen und Warnungen aussprechen. Die exotischen Vögel hören auf die Namen General Gordon, Admiral Beatty und… Mildred. Wie trocken die flatternden Haustiere mit den zwei militärischen und dem zuletzt genannten, überraschend schlichten Namen vorgestellt werden, ist allein schon ein ziemlich amüsanter Gag. Sie sorgen im Verlauf der Kriminalkomödie noch ein- bis zweimal für Aufruhr, hier wurde aber leider etwas Potenzial verschenkt. Gesprochen werden sie dabei angeblich von Peter Sellers, der mit der Rolle des Kriminellen Harry Robinson hier seinen ersten Filmauftritt hatte. Spätestens in den 1960ern wurde Sellers zu einem der bekanntesten und beliebtesten komödiantischen Darsteller der Welt. Unvergessen sein trotteliger Inspektor Clouseau aus den Pink-Panther-Filmen oder seine Titelrolle in Stanley Kubricks Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte die Bombe zu lieben (1964).
Adaptionen und Restaurierung
Neben den mehreren internationalen Theateradaptionen wagten sich 2004 die Brüder Ethan und Joel Coen an ein Remake von Ladykillers. Mit ihren bissigen, schrulligen und intelligenten Filmkomödien wie Fargo (1996) und The Big Lebowski (1998) wirkten sie eigentlich wie die perfekte Wahl für ein Remake des schwarzhumorigen Klassikers. Doch das finale Produkt fiel bei Kritik und Zuschauern – trotz Tom Hanks in der Hauptrolle – durch. Und tatsächlich sind vor allem die Änderungen an den Charakteren, allen voran Mrs. Wilberforce, nicht sonderlich gelungen. Umso erfreulicher dürfte es daher für Fans des Originalfilms sein, dass sie nun, zum 65. Jubiläum, eine restaurierte Fassung auf Blu-ray und DVD spendiert bekommen. Über 1000 Arbeitsstunden flossen dabei in das aufwändige Projekt, es mussten schwerwiegende Schäden entfernt werden; das Ergebnis ist fantastisch.
Unser Fazit zu Ladykillers
Trotz der merklichen dramaturgischen und komödiantischen Schwächen im zweiten Drittel bleibt Ladykillers durchgehend charmant. Und der bereits nach einer knappen halben Stunde stattfindende Überfall auf den Geldtransporter mitsamt der anschließenden Beförderung des Diebesguts in Mrs. Wilberforces vier Wände sind nicht nur gewitzt, sondern auch toll gefilmt. Das makabere Finale mag – besonders mit der kreativen Leichen-Entsorgung – und dem letzten sympathischen Auftritt von Mrs. Wilberforce den Zuschauer mit einem Schmunzeln zurücklassen. Doch die überbordend herausragenden Kritiken – bei der Wahl der besten britischen Filme des 20. Jahrhunderts des British Film Institutes landete die Komödie auf Rang 13 – sind aus heutiger Sicht nicht uneingeschränkt nachzuvollziehen.
Ladykillers erscheint am 10. Dezember 2020 digital und als Special Edition auf Blu-ray und DVD.
Unsere Wertung:
© Studiocanal