Für das französische Original The Last Mercenary hat Netflix niemand geringeren als die Actionikonie Jean-Claude Van Damme begeistern können. Doch schafft es der Belgier noch mit seiner Art auch ein neues Publikum zu erreichen?
Titel | The Last Mercenary |
Jahr | 2021 |
Land | France |
Regie | David Charhon |
Genres | Action, Komödie |
Darsteller | Jean-Claude Van Damme, Alban Ivanov, Samir Decazza, Assa Sylla, Eric Judor, Patrick Timsit, Miou-Miou, Djimo, Nassim Lyes, Valérie Kaprisky, Philippe Morier-Genoud, Michel Crémadès, Захар Шадрін, Serhii Shliakhtiuk, Олексій Горбунов, Serhii Shadrin, Karina Bershadskaya, Anna Vlasova |
Länge | 110 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
The Last Mercenary – Ex-Agent in geheimer (Vater)mission
Van Damme auf der Suche nach seiner neuen Rolle
Bereits die Auftaktszene von The Last Mercenary macht klar, dass dieser Film extrem offensiv mit Van Dammes Kultfigurenstatus arbeitet. Da darf der ikonische Spagat selbstverständlich genauso wenig fehlen, wie der unsichtbare Mantel der Unsterblichkeit, der viele der Actionhelden früherer Jahrzehnte umgeben hat. Doch genau wie bei Kollegen, wie Sylvester Stallone, Jackie Chan und Arnold Schwarzenegger, nagt auch am Belgier nicht erst seit gestern der Zahn der Zeit. Stallone hat es geschafft seiner Paraderolle „Rocky“ in den inzwischen zwei Creed-Filmen eine altersweise Weiterentwicklung zu verpassen. Und auch Van Damme hat insbesondere in JCVD und der Serie Jean-Claude Van Johnson schon bewiesen, dass er durchaus weiß, mit seinen bröckelnden körperlichen Fähigkeiten zu spielen und seine Persona auf einer anderen Ebene weiterzuerzählen.
Vom nachdenklich stimmenden, tiefsinnigen Witz ist in dieser Actionkomödie jedoch recht wenig zu sehen. Stattdessen hat der Ex-Kampfsportler nochmal einige Action-Gewänder aus der Mottenkiste geholt, nur um feststellen zu müssen, dass die Teile inzwischen zum einen nicht mehr passen und zum anderen gänzlich der aktuellen Mode widersprechen. Zumindest er selbst trägt es mit Selbstachtung und Humor.
Unlustiger Klamauk, peinliche Sprüche
Die Geschichte des Film selbst ist fast so egal, dass man sich wirklich komplett dem Wie widmen kann. Genauso wie der Hauptdarsteller selbst, ist auch der Humor hier ein Relikt aus einer anderen Zeit. Die Slapstick-Einlagen hat man alle so schon gesehen und die One-Liner zünden größtenteils nicht, da sie sich großteils abgenudelter und lange nicht mehr zeitgemäßer sexistischer und rassistischer Platitüden bedienen. Dazu fehlen den Darstellern dann noch das Comedy-Talent, um durch perfektes Timing die mangelnde Gag-Qualität zu kaschieren. Am ehesten kann man The Last Mercenary tonal als Mischung aus den französischen Taxi-Filmen und der englischen Bond-Parodie Johnny English einordnen. Während man in den britischen Persiflagen voll und ganz auf Rowan Atkinson und dessen absolut einzigartigen Sinn für liebevollen Klamauk bauen kann, wirkt in der französischen Netflix-Produktion vieles zu gewollt und aufgesetzt.
Wenig gute Actionszenen, viel Leerlauf
Auch an der Action-Front gibt es nichts Neues zu entdecken. Die Verfolgungsjagden sind langweilig, die Kämpfe solide, aber überraschungsarm choreografiert. Auch wenn es ein paar ganz interessante Locations gibt, an denen sich munter geprügelt wird, so ist es insgesamt für die knapp zwei Stunden Laufzeit zu wenig, um die Zuschauer bei Laune zu halten. Eine Sequenz im Badezimmer sorgt da zumindest kurzzeitig für einige gute Momente, ehe in einer der folgenden Szenen in einem Kindheitstraum-artigen Spielzimmer durch die Überreizung eines Gags schnell wieder Ernüchterung einkehrt. Insgesamt ist es diese ziellos wirkende Suche nach der Balance zwischen Parodie, Hommage und halbwegs ernsthafter Buddy-Action, die dem Streifen das Genick bricht. Dazu kommt als Sahne auf der Torte noch eine musikalische Gestaltung, die ebenfalls symptomatisch dafür steht, dass man sich nicht bewusst darüber gewesen zu sein scheint, was der Zeitgeist anno 2021 verlangt.
Van Dammes Selbstironie rettet The Last Mercenary nicht vor dem Fiasko
Dem alten Recken Van Damme kann man zumindest nicht fehlendes Engagement unterstellen. Er hat sichtbar Bock auf diese/seine Rolle und ist sich, im Gegensatz zu vielen seiner Mitspieler, in jeder Sekunde bewusst, in welchem Quatsch er hier mitwirkt. Leider reicht dieses hohe Maß an Selbstironie nicht aus, um auszugleichen, was für einen Unfug der Plot für seine Figur vorgesehen hat. Insbesondere die altbackenen Verkleidungsscherze torpedieren erneut eine Facette, mit der man durchaus seinen Spaß haben könnte.
Dazu kommen dann noch die mangelnde Chemie zwischen Van Damme und seinem Filmsohn, sowie eine chronische Überzeichnung aller relevanten Nebenrollen. Wer also früher ein Fan des Universal Soldier war und inzwischen akzeptiert hat, dass mit Anfang 60 die Kämpfe nicht mehr so geschmeidig von der Hand gehen wie vor 20-30 Jahren, der sollte sich besser den recht unbekannten JCVD von 2008 ansehen, in dem Van Damme doch gezeigt hat, dass er weiß, wie man als Actionikone altersgerecht auftreten kann!
Unser Fazit zu The Last Mercenary
Statt „Muscles from Brussels“ gibt es mit The Last Mercenary einen üblen Muskelkater. Der Film ist voll und ganz auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten, aber total am Zeitgeist vorbei geschrieben. Außerdem ist das Netflix-Original zu lang, gespickt mit abgedroschenen Gags und entbehrt an allen Ecken und Enden der schauspielerischen Finesse, um noch zu retten, was zu retten war.
The Last Mercenary ist seit dem 30. Juli 2021 bei Netflix abrufbar!
Unsere Wertung:
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