Jede Nacht aufs Neue wird die Schriftstellerin May in ihrem Haus von einem maskierten Killer angegriffen. Regisseurin Natasha Kermani präsentiert uns mit Lucky – Der Terror kommt nachts einen Slasher mit mehr gesellschaftskritischem Subtext, als euch lieb ist. Doch geht der Metafilm wirklich bis zum Schluss auf?
Titel | Lucky - Der Terror kommt nachts |
Jahr | 2020 |
Land | United States of America |
Regie | Natasha Kermani |
Genres | Fantasy, Horror, Mystery |
Darsteller | Brea Grant, Dhruv Uday Singh, Yasmine Al-Bustami, Kausar Mohammed, Kristina Klebe, Leith M. Burke, Chase Williamson, Jesse Merlin, Chivonne Michelle, Anzor Alem, Hunter C. Smith, Larry Cedar |
Länge | 83 Minuten |
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Die Handlung von Lucky
May (Brea Grant) ist eine erfolgreiche Autorin für Selbsthilfeliteratur. Ihr nächstes Buch ist bereits in Arbeit, doch eine klare Zusage ihres Verlags lässt trotzdem noch auf sich warten. Das private Glück mit Ehemann Ted (Dhruv Uday Singh) scheint dagegen perfekt, bis eines Nachts ein maskierter Mann ins Haus des Paares einbricht. Dieser hat es vor allem auf May abgesehen und kann, nachdem er kurzzeitig überwältigt wurde, wieder entkommen.
Als wäre die ganze Situation nicht schon verstörend genug, ist Ted von seiner Frau sichtlich genervt und sucht deshalb am nächsten Tag das Weite. Denn May sollte sich nicht so sehr über den Vorfall aufregen, schließlich kommt der Maskenkiller laut Ted jede Nacht zu ihnen. Für May beginnt ein allabendlicher Überlebenskampf, bei dem sie auf sich allein gestellt scheint. Niemand mag ihr so recht glauben oder den Ernst der Lage erkennen.
Das Slasher-Genre: Wer bietet mehr Klischees?
Wohl kaum ein Subgenre des Horrorfilms ist so mit Stereotypen und Klischees durchzogen wie der Slasher. Als John Carpenters Halloween Ende der 70er-Jahre die Blaupause legte, ergoß sich bis ungefähr Mitte der 80er-Jahre eine gigantische Welle an Slashern über den Filmmarkt.
Heutzutage scheint das Genre nahezu irrevelant zu sein, wenn nicht mal wieder alte Ikonen, allen voran Michael Myers, erfolgreich neu aufgelegt werden. Gerade in Zeiten des sogenannten „Elevated Horrors“, ein Begriff, mit dem Zuschauer:innen und Kritiker:innen neuerdings gerne den etwas smarteren Horrorfilm mit mehr Drama und gehaltvollem Subtext vom Sumpf der rein auf Effekte fokussierten Stangenware abtrennen möchten, braucht es schon eine gesellschaftlich relevante Aussage, um überhaupt noch für größeres Interesse zu sorgen.
Natasha Kermani, die bisher nur mit zwei kleineren, eher mäßigen Genrefilmen auf sich aufmerksam gemacht hat, liefert nun mit Lucky gewissermaßen einen Elevated Slasherfilm, der sich sehr viel weniger über das namensgebende Schlitzen und Schlachten definiert. Zwar gibt es den einen oder anderen stimmigen praktischen Effekt, etwas Blut und kleine Wunden, die Gewalt bleibt aber sozusagen bodenständig.
Auch die Inszenierung des Killers fällt bis auf ein paar wenige, wirklich gelungene Schattenspielereien weit weniger ikonisch aus, als es bei anderen Generevertretern der Fall ist. Aus der unbequemen Gewissheit, dass der Maskenmann jede Nacht wiederkommt, entfacht Lucky leider keinen allzu großen Nervenkitzel. Von der zermürbenden Anspannung, die beispielsweise It follows mit ähnlicher Prämisse erzeugte, ist Kermanis dritter Langfilm weit entfernt.
Die übergroße Botschaft
Lucky erschien zwar offiziell bereits Anfang 2021 auf dem US-amerikanischen VOD-Service Shudder, einem breiteren Publikum wird er aber hierzulande erst durch den Heimkino-Release über Tiberius Film bekannt werden. Und der Zeitpunkt könnte je nach Blickwinkel kaum passender oder unpassender sein, denkt man an den ähnlich gelagerten Men von Alex Garland, der seit Ende Juli im Kino läuft. Dort wird die von Jessie Buckley gespielte Hauptfigur nach und nach von einer ganzen Reihe an männlichen Figuren in ihrem Ferienhaus terrorisiert. Das Besondere: Alle Männer werden von ein und demselben Schauspieler dargestellt!
Die Parallelen zu Lucky, der mit seiner ähnlichen Thematik, das sei noch einmal erwähnt, deutlich früher dran war, sind deutlich zu greifen. Hier ist es ein durch die Maske sozusagen entindividualisierter Mann, der May unablässig töten will. Die Polizei nimmt zwar nach mehrmaligen Notrufen die Ermittlungen auf. Die Gelassenheit der Beamten ist aber erschreckend – und das mit Absicht für die Botschaft des Films. Auch Schwägerin Sarah ist erst einmal skeptisch und ungläubig, als sich May auf der Suche nach ihrem Ehemann verzweifelt an sie wendet und von den Angriffen erzählt.
Ganz wichtig ist es daher auch, nicht die Logikkeule zu schwingen, sondern das rätselhafte Geschehen als surreal-fiebrigen Alptraum einzuordnen, der seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt und dadurch den einen oder anderen WTF-Moment erzeugt. Seinen Höhepunkt findet der Film in einer wunderbar intensiv inszenierten Verfolgungsjagd zwischen May und dem Killer in einem Parkhaus. Hier wird Mays Einzelschicksal eindrucksvoll zur übergreifenden Gesellschaftskritik erhoben. Je nachdem wie früh man diese erkennt und den Film dadurch entschlüsselt, lohnt sich auch eine zweite Sichtung, um alle Details mit dieser neuen Wahrnehmung auszukosten.
Unser Fazit zu Lucky
Natashas Kermanis zweiter Spielfilm Lucky beginnt als scheinbar handelsüblicher Slasher, eröffnet dank eines cleveren Twists jedoch schnell eine spannende Metabene zu einem wichtigen Gesellschaftsthema, wie es aktueller kaum sein könnte. Leider erreicht das von Hauptdarstellerin Brea Grant geschriebene Drehbuch keine so perfekte Symbiose aus Handlungs- und Metaebene wie beispielsweise Wes Cravens Scream, dafür scheint die Botschaft deutlich wichtiger als ein in sich schlüssiger und mitreißender Plot. Auch die Inszenierung der Gewalttaten erfüllt bestenfalls die Mindestanforderungen, die Fans an das Genre anlegen dürften.
Dennoch hat Lucky das Potenzial, nachzuwirken und zumindest eine Zeit lang in Erinnerung zu bleiben. Gerade mit der Demaskierung des Täters in der finalen Szene des Films dürfte es in vielen Köpfen ordentlich zu rattern beginnen.
Lucky erscheint am 15. September über Tiberius Film auf DVD & Blu-ray.
Unsere Wertung:
© Tiberius Film