Peter Brunners neuester Film Luzifer entführt vor malerischer Alpenkulisse in ein düsteres Geflecht einer bizarren Mutter-Sohn-Beziehung.
https://youtu.be/_pe6lffSDIA
Titel | Luzifer |
Jahr | 2021 |
Land | Austria |
Regie | Peter Brunner |
Genres | Drama, Horror |
Darsteller | Franz Rogowski, Susanne Jensen, Monika Hinterhuber, Theo Blaickner, Erwin Geisler, Clemens Göbl, Markus Eibl |
Länge | 103 Minuten |
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Die Handlung von Luzifer
Maria (Susanne Jensen) lebt mit ihrem Sohn Johannes (Franz Rogowski) in völliger Abgeschiedenheit auf einer Alm. Vor Jahren hat sie nach dem Dasein als exzessive Alkoholikerin Zuflucht im Glauben gefunden und sich mit ihrem Sohn fernab der teuflischen Zivilisation in der kargen Berghütte zurückgezogen. Doch die Moderne holt ihr vom Glauben bestimmtes Leben ein: Ein Investor möchte die Berghänge für ein Skigebiet aufkaufen und roden…
Die Kraft der Bilder
Wer hierbei eine popkulturelle Auffrischung von Heidi denkt, irrt sich gewaltig. Peter Brunners neuester Film ist ein betörend schön bebildertes, aber auch ein extrem intensives Werk rund um religiösen Glauben und Beziehungen von Menschen zueinander.
Brunner und sein Kameramann Peter Flinckenberg wissen um die inszenatorische Bedeutsamkeit filmischer Bilder. Die gigantischen Bergkämme der Alpen, die unwirtliche Umgebung der Alm, nebelumspielte Wälder und ein in allen Farben leuchtendes Firmament – die Schönheit der Natur wird in all ihren Facetten eingefangen. In Verbindung mit dem teils tief dröhnenden Sounddesign ergibt sich eine stets unheilvolle Grundstimmung, die den fantastischen Naturaufnahmen entgegenläuft und dabei zeitweise an Lars von Triers düstere Waldkulisse in Antichrist erinnert.
Die Bedrohung kommt anfangs auf subtilen Sohlen, mit fortschreitender Laufzeit spitzen sich die Geschehnisse auf der Alm stetig zu und kulminieren in einem schockierenden Finale. Anfangs sind es noch schnöde Telefonanrufe, die den heiligen Frieden auf dem Berg stören, später Drohnen und Helikopter und sogar Hausfriedensbruch.
Maria fragt Johannes sehr häufig, wo der Teufel sich versteckt hält. In der Art und Weise, wie hier gesellschaftlich anerkannte und alltägliche Dinge wie Drohnen und Hubschrauber präsentiert werden, fühlt man sich als Publikum genau wie die Familie überfordert. Die dröhnende Lautstärke und Aufdringlichkeit wähnt man beim bloßen Zusehen als Störung der (religiösen) Einkehr.
Luzifer wird dabei allerdings kein Ökothriller, der die Skisportlobby kritisiert und religiösen Glauben als probaten Problemlöser anpreist. Stattdessen werden das durch den Glauben nahezu gänzlich fremdbestimmte Leben in völliger Isolation und die daraus entstehende groteske Mutter-Sohn-Beziehung kritisch beäugt.
Schauspielerische Meisterleistungen
Susanne Jensen als Mutter und Franz Rogowski als Sohn reißen den Film von der ersten Sekunde an sich. Beide sind in ihren Rollen eine Wucht: Jede noch so kleine Geste oder mimische Regung sitzt und vertieft die Charaktere.
Vor allem Jensen, tatsächlich nur Laiendarstellerin und im realen Leben Pastorin, ist eine Urgewalt. Ihren ausgemergelten aber großflächig und wunderschön tätowierten Körper präsentiert sie völlig ohne Scham. Beliest man sich etwas zu ihrer Biografie, kommt schnell der Verdacht auf, dass in ihrer Rolle als Maria eine gehörige Portion Susanne Jensen steckt. Ihre Darstellung der verzweifelten und zusehends hilflosen Mutter und Gläubigen jedenfalls ist beängstigend authentisch und gerade deshalb fesselnd.
Rogowski legt ebenfalls eine beachtliche Leistung vor, die bei aller Liebe dennoch im Schatten Jensens steht. Aber auch sein Johannes ist eine denkbar spannende Figur: geistig zurückgeblieben (die Gründe hierfür bleiben offen, aber man kann mutmaßen), kaum zum Sprechen fähig und hörig zu seiner Mutter. Rogowski spielt Johannes ebenfalls erschreckend intensiv. Beide liefern Leistungen ab, die allein Grund genug sind, Luzifer zu sehen.
Unser Fazit zu Luzifer
Mit Luzifer hat Regisseur Brunner einen beachtlichen Film vorgelegt. Fraglich ist nur, ob er sein Publikum finden wird, da die Genreversatzstücke fast schon minimalistisch eingestreut werden. Für Horrorfans wird es zu wenig schaurigen Grusel geben, für ein Drama ist Luzifer sehr spröde und sperrig.
Aufgeschlossene Filmfreunde, die gerne von ausgetretenen Pfaden abweichen, finden mit Luzifer aber unter Garantie einen audiovisuellen Genuss mit schlichtweg fantastischem Schauspiel, der seine Faszination weniger aus seiner Handlung erfährt. Vielmehr bestechen die rohe Körperlichkeit, so wie die beim Zuschauen erlebten Emotionen. Ein Film also, der gespürt werden möchte.
„Wo ist der Teufel?“
Luzifer feiert derzeit seine Deutschlandpremiere bei den Fantasy Filmfest Nights 2022.
Unsere Wertung:
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© Indeed Films